Ein unmoralisches Angebot
Ergebnis, hätte ich ihn gegessen, ganz anders ausgefallen wäre!“
Zur Beruhigung trank sie einen Schluck Tee und betrachtete Lord Renshaw über den Rand der Tasse. Sie war vernünftig genug, um zu begreifen, dass es im Vergleich mit den Dingen, die ihr auf Blanchland hätten widerfahren können, bei Weitem vorzuziehen gewesen wäre, wenn sie beide die Auswirkungen des Aphrodisiakums zu spüren bekommen hätten. Trotz der Tatsache, dass die Wirkung des Aphrodisiakums jetzt nachgelassen hatte, musste sie zugeben, dass die andere Möglichkeit ziemlich aufregend gewesen wäre.
Sie schenkte sich Tee nach und verdrängte diese Gedanken. In den letzten zwölf Stunden hatte sie viel über sich selbst und andere gelernt.
„Ich muss Sie zu Ihrer Geistesgegenwart beglückwünschen, Mylord!“, sagte sie. „Nachdem Sie mitbekommen hatten, was los war, haben Sie sehr schnell gehandelt. Ich merke jetzt, wie viel ich Ihnen schuldig bin …“
Er lehnte sich zurück und entspannte sich etwas. „Ich hoffe, Sie begreifen, Miss Sheridan, dass das, was ich getan habe, nur zu Ihrem Schutz geschehen ist. Ich musste Sie so schnell wie möglich von den anderen Gästen wegbringen, konnte es jedoch nicht riskieren, Sie allein zu lassen. Sie hätten krank werden können. Oder Sie wären in der Gegend herumgewandert und hätten in Schwierigkeiten geraten können … Der Kummer, den all das Ihnen gemacht hat, tut mir zutiefst leid. Es ist wirklich entsetzlich!“
„Bitte, lassen Sie uns nicht mehr darüber reden. Ich habe sehr viel gelernt, das ich auf Grund meiner törichten Unerfahrenheit nicht wusste …“
„Ihre Naivität hat nichts Törichtes an sich, Miss Sheridan“, erwiderte Guy ein wenig schroff. „Und ich bin froh, dass Ihnen heute Nacht Ihre Unerfahrenheit nicht restlos genommen worden ist …“
„Ist sonst noch jemand wach?“, erkundigte Sarah sich hastig, weil sie unbedingt das Thema wechseln wollte.
Guy schüttelte den Kopf. „Im Haus ist es noch ziemlich still. Ich glaube, die anderen Gäste haben sehr viel mehr vom Nachtisch gegessen als Sie. Daher werden sie die Nachwirkungen stärker und viel länger verspüren …“
„Amelia!“ Sarah stellte die Tasse so heftig auf den Tisch, dass der restliche Inhalt in hohem Bogen in den Kamin spritzte. „Oh nein!“ Aus weit aufgerissenen Augen schaute sie Beruhigung heischend Lord Renshaw an. „Habe ich mir eingebildet … Bestimmt hat Amelia nicht …“
Ein Schatten flog über sein Gesicht. „Sie zwingen mich, offen zu Ihnen zu sein, Miss Sheridan. Sie haben sich nicht eingebildet, dass Ihre Cousine und Greville …“ Guy hielt kurz inne. „Sie sind tatsächlich zusammen aus dem Speisezimmer gegangen.“
Sarah schlug die Hand vor den Mund. „Dann sind sie … Oh nein!“
„Sie können nichts tun, Miss Sheridan. Auch ich hätte nichts tun können. Beide standen unter den Auswirkungen des Aphrodisiakums. Entschuldigen Sie, aber für Lady Fenton wird der Schock nicht so groß sein, wie er für Sie gewesen wäre …“
Sarah wandte den Blick ab. Sie wusste, was Lord Renshaw meinte.
„Ich glaube, dass Lady Fenton und Greville sich trotz ihrer Zankereien ehrlich lieben“, fuhr er im gleichen bedächtigen Ton fort, den er angeschlagen hatte, um Miss Sheridan zu beruhigen. „Ich bin sicher, dass alles gut wird. Das mag nicht sehr konventionell sein, aber es gibt Zeiten, in denen die Dinge sehr viel schlimmer sein könnten.“
„Ich weiß.“ Lord Renshaw hatte recht. Sarah wusste, dass Amelia und sie in viel schrecklicheren Umständen hätten aufwachen können. Wenn es sich um Lord Allardyce gehandelt hätte oder Ralph … Sarah erschauerte. Sie musste über die heuchlerischen Regeln der Gesellschaft hinausdenken und begreifen, dass Amelia und sie, wenn sie schon nicht von Glück reden konnten, doch zumindest sicher waren …
„Entschuldigen Sie, dass ich Sie in diesem Augenblick bedränge“, sagte Guy beherrscht, „aber Sie sollten auch wissen, dass Sie mich jetzt heiraten müssen. Ganz gleich, welche Zweifel Sie früher hatten …“
Sarah schluckte schwer. Sie wollte Guy sagen, dass sie ihn liebte, aber die Worte kamen ihr nicht über die Lippen. Ihre so plötzlich entstandene und sehr heftige Zuneigung zu ihm hatte sich rasch in Liebe verwandelt, weil sie erkannt hatte, welch feiner Mensch er war. Sie war sicher, dass selbst die Olivia betreffenden Schwierigkeiten geklärt werden konnten, wenn sie nur mit ihm darüber reden konnte. Sie
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