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Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Titel: Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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lieb war. Stephan musste begreifen, dass sein Job mindestens so anerkennenswert war wie die seiner eingebildeten Kommilitonen.
    Aber als ich zurück in die Gärtnerei kam, war Stephan schon beim Arzt. Ich stürzte mich in die Arbeit. Ich topfte um und pikierte und sortierte und verkaufte nebenbei fast alle Sonnenblumen, sowie die vorgezogenen Balkontomaten und Zierkürbisse, die ich genauso dekorativ eingetopft und verziert hatte. (Die Schmetterlinge mussten schließlich an den Mann beziehungsweise an die Frau gebracht werden.) Wenn man es den Leuten nur appetitlich genug anbot, dann kauften sie es auch.
    »Na, was sagt der Arzt?«, fragte ich, als Stephan zurückkam.
    »Ach der.« Stephan machte eine wegwerfende Handbewegung. Das bedeutete, der Arzt hatte ihn wieder einen Hypochonder genannt und gesagt, der blaue Fleck habe nichts zu bedeuten. »Ich muss wohl einen Internisten aufsuchen, wenn ich es genau wissen will. Brauchst du Begoniennachschub?«
    »Nein«, sagte ich. »Die Palette ist noch fast voll.«
    »Zu heiß zum Blumenkaufen«, sagte Stephan.
    Von wegen. Die Leute hatten die Begonien nur allmählich über. »Ja«, sagte ich trotzdem scharf. »Heute ist es wohl für vieles zu heiß.«
    Stephan sah mich stirnrunzelnd an. »Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?«
    »Das weißt du ganz genau«, sagte ich. »Nie hast du Zeit für mich. Weißt du eigentlich, wann wir das letzte Mal miteinander geschlafen haben?«
    »Olli, du bist wirklich unvernünftig«, sagte Stephan. »Wir machen eben im Augenblick eine schwere Zeit durch. Wir wussten doch vorher, worauf wir uns da einlassen.«
    »Ich nicht«, sagte ich. »Ich dachte, dass wir tagsüber immermal Zeit füreinander finden würden.« Ich schniefte. »Ich vermisse dich, weißt du!«
    Stephans Gesichtsausdruck wurde weicher. »Ich vermisse dich doch auch, Olli-Molli«, sagte er. »Wo ist eigentlich Evelyn?«
    »Weg«, sagte ich. Ich wollte jetzt nicht über Evelyn reden.
    »Wohin denn?«
    »Trifft sich mit Oliver wegen Eisprung.« Ich legte meinen Kopf an Stephans Brust. »Vermisst du mich ehrlich?«
    »Ehrlich«, sagte er. »Und wenn du willst, dann nehmen wir uns morgen Mittag mal ganz viel Zeit füreinander, ja?«
    »Ja-haa«, sagte ich.
    Die Ladenglocke läutete mitten in unsere Umarmung hinein. Stephan schubste mich ein wenig zu heftig von sich. In der Tür stand aber nur Doktor Berner.
    »Meine Tochter sagt, ihr verkauft so tolle Buchsbäume«, sagte er. »Sie wünscht sich zwei Hochstämmchen zum Geburtstag. Sie sollen vor der Metzgerei aufgestellt werden. Als ob der Laden eine verfluchte Boutique oder so etwas wäre.«
    »Ich habe noch zwei Hochstämmchen«, sagte ich. »Aber die sind nicht billig, Herr Doktor.«
    »Ach!« Doktor Berner zwinkerte uns zu. »Für seine Kinder ist einem doch nichts zu teuer, oder?«
    *
    Bevor ich an diesem Tag nach Hause fuhr, pflückte ich noch mehrere Kilo rote Johannisbeeren im Ruinengarten. Sie waren überreif, und ich wollte nicht alle den Vögelnüberlassen. Aus dem Keller der Ruine nahm ich einen Karton leerer Schraubdeckelgläser mit, die ich das ganze letzte Jahr über für genau diesen Zweck gesammelt hatte. Nichts ging über selbst gemachtes Johannisbeergelee, außer vielleicht selbst gemachtes Himbeergelee.
    Mit dem Karton unterm Arm schlich ich mich durchs Haus. Stephan saß noch im Büro, also konnte ich ein wenig spionieren. In meinem eigenen Haus. In der Küche herrschte ziemliches Chaos, die Hälfte der Schranktüren waren abmontiert, Boden und Wände abgeklebt, und überall standen Eimer und Dosen mit weißer Farbe herum. Nach englischer Landhausküche sah das noch nicht aus.
    Neugierig schlich ich mich auch zum Gästezimmer, auf der Suche nach Spuren, einer von Stephans Unterhosen zum Beispiel, oder seine Kontaktlinsenflüssigkeit auf dem Nachttisch, oder auch nur einen Hauch von seinem neuen Eau de Toilette in der Luft. Aber das Gästezimmer machte einen makellosen, gut gelüfteten Eindruck. Der Bettüberwurf war faltenfrei über die Lotterwiese gespannt, in der Vase schaukelte ein frischer Phalaenopsis-Zweig, und der Wind bauschte einen Vorhang aus leichtem, schneeweißem Musselin. Der Vorhang war beim letzten Mal noch nicht da gewesen. Hatte man ihn montiert, damit von außen niemand auf das Bett gucken konnte? Ich vermutete es stark. Wer wollte sich schon beim Sex von Hubert und Co. beobachten lassen? Falls sie welchen hatten, natürlich. Ich war mir da nur zu neunundneunzig Prozent

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