Ein unsittliches Angebot (German Edition)
die Runde am Tisch. »Ihre Milch ist am besten für schwächliche Kinder oder mutterlose Kinder, und ich glaube, niemand hier in der Nachbarschaft hat eine.«
»Ich wusste doch, dass es etwas bringen würde, die Damen ebenfalls einzuladen.« Er legte die Ellbogen wieder auf den Tisch und beugte sich vor. »Davon habe ich noch nie etwas gehört. Können Sie mir mehr erzählen?« Aus den Augenwinkeln sah er, wie Mrs Russell dem Austausch folgte. Hatte er ihre Anerkennung im Sinn gehabt, als er sich dazu entschlossen hatte, die Landarbeiterinnen einzubeziehen? Vermutlich. Und er würde es nicht bereuen. Wie könnte er irgendetwas bereuen, während er einen Raum voller einfacher Leute vor sich sah, die im Begriff waren, die eigene Bedeutung zu erkennen?
Martha saß umso gerader; ihre Haltung reichte für sie und Mr Mirkwood zusammen. Wenn er sie gefragt hätte, hätte sie ihm gesagt, dass er nicht so dasitzen sollte. Die Ellbogen auf dem Tisch. Vor- und zurückwippend und mit den Händen fuchtelnd, so als wolle er seinen Freunden im Gentlemen’s Club zeigen, wie man am besten eine Krawatte band. Sie hätte ihm gesagt, dass die Autorität das Gewand gesitteter Zurückhaltung trug.
Sie hätte sich geirrt.
Wann war er dieser Mann geworden? So vertraut mit der Führungsrolle, als sei er in sie hineingeboren. Mit offenen Armen teilte er Respekt aus, ohne zu befürchten, dass seine eigene Geltung dadurch Einbußen erleiden könnte – und in der Tat war das nicht der Fall. Je mehr er sich fremdem Sachverstand unterordnete, desto weiter würden sie ihm folgen, egal wohin. Das konnte man daran erkennen, wie die Leute sich anboten, diesen oder jenen Teil des Vorhabens zu übernehmen. Mr Quigley und Mr Weaver würden nach Brighton fahren und sich den dortigen Markt ansehen. Mr Tinker würde einem verwandten Viehhändler schreiben und sich nach Jersey-Kühen erkundigen. Und mehrere der Frauen hatten bereits Ideen, welche Käsesorten man am besten herstellen sollte. Er war ausgezeichneter Laune, als das Treffen zu Ende war, und hätte zweifellos mit ihr gesprochen, wenn er nicht ausgerechnet von Mrs Weaver in Beschlag genommen worden wäre. Sie gab ihm die Hand und sagte etwas zu ihm, das er sich mit ernster Miene anhörte, bevor er ihr lächelnd und kopfschüttelnd antwortete.
»Was hatte Mrs Weaver zu sagen?«, musste sie einfach fragen, als er endlich den Spießrutenlauf durch den Raum voller zu schüttelnder Hände und guter Wünsche erfolgreich absolviert hatte. Sie musste unweigerlich daran denken, was die Frau mit fast völliger Gewissheit über sie beide wusste.
»Oh, nichts Besonderes.« Sie spürte seine Fröhlichkeit wie einen Blitz, der in einen Baum eingeschlagen war und ihm noch immer durch die Zweige schoss. »Es gab ein Missverständnis zwischen uns, kurz nachdem ich hier angekommen war, und jetzt haben wir es aus der Welt geräumt. Die Einzelheiten erzähle ich Ihnen bei Gelegenheit. Jetzt bringe ich Sie nach Hause, wenn Sie mögen, dann können Sie mir erzählen, was Ihr Eindruck ist.«
Und ja. Das war genau das, was sie gern mochte.
Wie gut das Treffen doch verlaufen war! Niemand hatte seinen Plan lächerlich gefunden, und, mehr noch, er war sich dessen schon vorher gewiss gewesen. Das mit dem Verwalten war wohl doch keine Aufgabe, der er nicht gewachsen war. Womöglich gab es an diesem Tag nichts, dem er nicht gewachsen gewesen wäre.
Mit einem Schritt, der Subkontinente hätte durchqueren können, ließ er das Haus hinter sich. Mrs Russell hielt mit ihm Schritt und warf ihm verstohlene Blicke zu, die er alle bemerkte. »Was ist?«, fragte er schließlich und drehte sich zu ihr um. »Warum siehst du mich so an, als wäre mir ein zweiter Kopf gewachsen?«
Obwohl sie versuchte hatte, es unauffällig zu tun, schaute sie jetzt nicht weg. »Du bist der geborene Anführer, Mirkwood. Ich hätte es niemals gedacht.«
Es waren die erregendsten Worte, die je eine Frau zu ihm gesagt hatte. Wie sollte er darauf eine angemessene Antwort finden? Er lachte, schüttelte den Kopf und schritt wieder aus, um vor ihr zu gehen. »Wenn das so ist, bin ich das gerade erst geworden. Also hättest du es auch nicht wissen können.«
»Nein, ich glaube, du warst es immer schon.« Sie schloss zu ihm auf, sie wollte nicht zurückbleiben. »Du brauchtest lediglich eine Gelegenheit, es zu zeigen.«
Jetzt waren das die erregendsten Worte, die er je von einer Frau zu hören bekommen hatte. Er fühlte, wie sein Kopf leicht wurde und
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