Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
Vom Netzwerk:
Doch ich glaube, dass ich mich dem gegenüber behaupten könnte.“
    Er ließ den Blick seiner bernsteinfarbenen Augen über sie hinwegschweifen. „Das würde ich mir gerne ansehen. Vielleicht gelänge es Ihnen“, meinte er schließlich.
    Seine bedachtsame Betrachtung ließ ihr die Knie mit einem Mal ganz schwach werden. Stilles Vergnügen tanzte in seinen Augen, und etwas in ihr hatte gleichfalls zu tanzen begonnen -eine unbändige Freude und ein beglückender Aufruhr, die sie schon lange nicht mehr verspürt hatte. Der erregende Reiz eines Flirts.
    Doch wie sollte das sein? Längst war sie den Zeiten des Flirtens und Kokettierens entwachsen und hatte sich nun passenderweise in das Gewand einer hässlichen Alten geworfen.
    „Wie dem auch sein mag“, fuhr er fort, „so bezweifle ich doch, dass Sie Seiner Gnaden eine offene Aussprache verweigern würden. Denn möchten Sie ihn nicht zumindest wissen lassen, was Sie wollen und was nicht?“
    „Hat er Napoleon denn seine Strategie offenbart?“, erwiderte sie so ruhig wie möglich, wenngleich ihre Gedanken weder ruhig noch klar waren und sie keineswegs wusste, was sie wollte oder nicht.
    „Miss Oldridge, ich versuche nicht, mir die Welt zu unterwerfen“, sagte er. „Ich möchte nur einen Kanal bauen.“
    Sie wurde sich einer Bewegung bewusst, die gleich einer Welle durch den Salon ging. Als sie an Mr. Carsington vorbeisah, entdeckte sie verärgert und erleichtert zugleich, dass die jungen Damen sich auf gewundenen Wegen auf sie zubewegten. „Ihre Flotte naht heran“, bemerkte sie.
    Er wandte den Blick nicht von ihr. „Sagen Sie mir, worin das Problem besteht“, bat er sie. „Oder besser noch - zeigen Sie es mir. Zeigen Sie mir, was Sie hier investiert haben, was Sie verlieren würden. Zeigen Sie mir, wovon Sie Captain Hughes erzählt haben.“
    „Sie würden es nicht verstehen“, entgegnete sie.
    „Und selbst wenn - was hätten Sie zu verlieren? Es wird Sie nur ein paar Stunden Ihrer Zeit kosten.“
    Samstag, den 21. Februar
    Crewes leises Hüsteln war an diesem Morgen von tragischer Schwere, woraus Alistair schloss, dass sein Kammerdiener wohl von einer seiner berüchtigten Vorahnungen ereilt worden war.
    Er hatte eine solche in der Nacht vor der Schlacht von Waterloo gehabt und beharrte noch immer darauf, dass es nur deshalb zu der nachfolgenden Katastrophe gekommen war, weil sein Herr darauf bestanden hatte, ohne ihn in die Schlacht zu reiten.
    Seit jenem Tag war Crewe davon überzeugt, hellseherische Fähigkeiten zu besitzen.
    Das tragische Hüsteln vermochte indes Alistairs Laune nichts anzuhaben, denn er war fröhlich gestimmt, obwohl er bereits zu wahrlich unzivilisierter Stunde - um neun Uhr -aufgestanden war. Für ihn barg der Tag keine unheilvollen Vorzeichen. Gerade stand er von der Morgensonne beschienen an seinem Waschtisch und rasierte sich. Derweil ließ er sich seine dem gestrigen Abendessen gefolgte Unterredung mit Miss Oldridge durch den Kopf gehen, die ihm das erste wirkliche Vergnügen gewesen war seit ... nun, er wusste nicht einmal seit wie langer Zeit.
    An den Moment freudigen Überraschens gestern Abend erinnerte er sich hingegen ganz genau. Er hatte kühl und gereizt reagiert, als sein unsäglicher Ruhm und seine ebenso berühmte Verwundung zur Sprache gekommen waren, und als Miss Oldridge ... Aber er konnte sich selbst kaum erklären, was genau geschehen war. Er vermutete, dass sie es herabwürdigend gemeint hatte, als sie ihm in Erinnerung rief, er sei nicht der Einzige, der bei Waterloo gekämpft hatte, nicht der Einzige, der verwundet worden war, und ganz sicher nicht derjenige, der am meisten zu erleiden gehabt hatte.
    Selbst seine Familie, in der an sich ein Ton schonungsloser Offenheit im Umgang miteinander herrschte, war stets bemüht, das Thema Waterloo in Alistairs Anwesenheit zu umgehen. Und von seinen Freunden war es ausgerechnet Gordmor, der als einziger mit unbeschwerter Selbstverständlichkeit über das lahme Bein sprach.
    Mit Miss Oldridge war er zum ersten Mal einer Frau begegnet, die gar nicht erst versuchte vorzugeben, dass sie sein Humpeln nicht bemerke, und die sein vermeintliches Heldentum keineswegs dazu veranlasste, in betörter Verzückung zu ihm aufzuschauen.
    Aber sie machte auch nicht den Eindruck, als wollte sie sich überhaupt jemals verstellen oder als würde sie sich allzu leicht verzücken lassen.
    Crewes herzerweichendes Hüsteln riss Alistair aus seinen Gedanken.
    „Crewe, sehen Sie denn nicht,

Weitere Kostenlose Bücher