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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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weiß, dass du jetzt sagen willst, der Geschmack deines Freundes sei unfehlbar, und unbestechlich sei er zudem - wie der Rest seiner vortrefflichen Familie. Aber bedenke, dass selbst dann, wenn Oldridge erneut heiraten sollte ..."
    „Henrietta, wovon sprichst du eigentlich?“, unterbrach Lord Gordmor sie verärgert. „Nur die wichtigsten Punkte, wenn ich bitten dürfte, und immer schön der Reihenfolge nach. Bedenke, dass ich krank war und mein Verstand noch geschwächt ist.“
    Sie gab ihm den Brief zurück. „Sobald du wieder genügend bei Kräften bist, um zu reisen, musst du nach Derbyshire aufbrechen. Ich möchte dich nicht unnötig in Sorge versetzen und hoffe zudem, mich zu täuschen, aber mir drängt sich die Vermutung auf, dass sowohl dein Freund Mr. Carsington als auch dein Kanal sich in großer Gefahr befinden.“

9. KAPITEL
    Mirabel erwachte um zwei Uhr morgens - zur gleichen Zeit, da sie bereits gestern aufgewacht war - und konnte nicht wieder einschlafen. Sie zündete eine Kerze an, zog sich einen Morgenmantel und Pantoffeln an und ging eine Weile in ihrem Schlafgemach auf und ab. Doch vergebens.
    Schließlich nahm sie die Kerze und machte sich auf leisen Sohlen auf den Weg in den Gästeflügel.
    Die Tür zu Mr. Carsingtons Zimmer stand offen - für den Fall, dass Crewe dringend Hilfe herbeirufen müsste. Auf einem Stuhl neben der Tür saß ein Hausdiener und schnarchte.
    Mirabel schlich an ihm vorbei in das Schlafzimmer, wo eine einzige Kerze brannte.
    Crewe erhob sich, als sie eintrat. Mirabel stellte ihre Kerze auf dem Kaminsims ab. Der Kammerdiener kam auf sie zu. „Ihm geht es gut, Miss“, flüsterte er.
    „Aber Ihnen nicht“, erwiderte sie ebenso leise.
    Auch im schwachen, flackernden Kerzenschein konnte sie die unübersehbaren Spuren der Sorge und Erschöpfung im Gesicht des treuen Dieners ausmachen. Sie fragte sich, wie oft er seit Waterloo wohl schon so des Nachts bei seinem Herrn gewacht hatte.
    „Wahrscheinlich sorgen Sie sich seinetwegen schier zu Tode“, meinte sie. „Ich möchte wetten, dass Sie nicht eine ruhige Minute hatten, seit Sie von dem Unfall erfahren haben.“ Crewe bestritt, Ermüdung oder ungerechtfertigte Besorgnis zu empfinden.
    „Sie werden Mr. Carsington keine Hilfe sein, wenn Sie die ganze Nacht nicht schlafen“, beharrte sie. „Ein oder zwei Stunden Ruhe werden Ihnen guttun. Ich kann derweil Wache halten.“ Der Kammerdiener erhob Einspruch. Mirabels vernünftige Argumente - dass er Schlaf bräuchte, wenn er seinem Herrn zu Nutzen sein wollte, und dass er doch in Hörweite sei, sollten irgendwelche Schwierigkeiten auftreten - fielen auf taube Ohren. Doch als sie ihm ihr Ehrenwort gab, dass sie seinen Herrn nicht im Schlaf ermorden würde, sah Crewe sehr bestürzt drein und stammelte eine Entschuldigung - so etwas habe er doch nicht andeuten wollen und niemals auch nur erwogen, nicht eine einzige Minute - und zog sich kleinlaut in das Nebenzimmer zurück.
    Die Verbindungstür ließ er offen.
    Mirabel setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett und betrachtete Crewes Herrn.
    Während ihrer Unterredung mit seinem Kammerdiener hatte Mr. Carsington sich umgedreht. Er lag jetzt fast auf dem Bauch, und die Ausbuchtungen der Bettdecke verrieten Mirabel, dass sein verletzter Fuß von seinem stützenden Kissen gerutscht war. Sie überlegte, ob sie den Hausdiener wecken solle, damit er ihr behilflich wäre, den Patienten wieder in Rückenlage zu bringen. Doch noch bevor sie zu einer Entscheidung gekommen war, schweiften ihre Gedanken ab zu den Bemerkungen ihres Vaters über Laudanum, die alten Ägypter und Captain Hughes.
    Was hatte Papa auf diese Gedanken gebracht?
    Er hatte gesagt, dass Mr. Carsingtons Schlaf nicht erholsam sei.
    Mirabel erhob sich und trat näher an das Bett heran, um sein Gesicht besser betrachten zu können. Es sah an sich recht friedlich aus, und so wundersam jung, mit seinem zerzausten Haar, das ihm in die Stirn fiel. Sie konnte sich den Jungen vorstellen, der er einmal gewesen war. Er schnarchte, aber so leise, dass es eher wie das Schnurren einer Katze klang. Sein Atem kam unregelmäßig.
    Mirabel verschränkte die Hände hinter dem Rücken, da sie in furchtbare Versuchung geriet, ihm das Haar aus der Stirn zu streichen - als ob er wirklich ein schlafender Junge wäre und diese Geste allein genüge, um ihn zu beruhigen.
    Das leise Schnarchen verstummte, und er zuckte zusammen. Mirabels Hände wollten einfach nicht vernünftig sein und hinter

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