Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
Vom Netzwerk:
wahrhaftig in sie verliebt war.
    Und da sein Fall derart hoffnungslos war, gab er dem Captain schließlich nach und zog auf das benachbarte Anwesen.
    Obwohl es nicht von denselben weitläufigen Abmessungen war wie Oldridge Hall, so war Bramblehurst doch keineswegs nur ein bescheidenes Landhaus, wie man es sich wohl als Wohnsitz eines auf halben Sold gesetzten Marinekapitäns vorstellen mochte. Es ließ zudem keinerlei Anzeichen eines verwahrlosten Junggesellenhaushalts erkennen. Alles war blank geschrubbt und auf Hochglanz poliert. Captain Hughes war ganz offensichtlich der Ansicht, dass der Drill der Marine nicht nur an Bord, sondern auch an Land von Nutzen war.
    Auch die Anordnungen Dr. Woodfreys befolgte er mit einer strengen Genauigkeit, als kämen sie geradewegs von der Admiralität.
    Er setzte die strikte Einhaltung der beiden Regeln durch, die da lauteten: „Keine Besucher“ und „Keine geistige Anstrengung“, und sorgte dafür, dass Alistair das richtige Maß an körperlicher Betätigung zukam. Mit seinem Gast teilte er dessen auf leichte Kost beschränkte Mahlzeiten, genauso wie er mit seinen Offizieren die Zeiten der Entbehrungen zwischen den Häfen geteilt hatte. Er war ein angenehmer und aufmerksamer Gastgeber, der weder Alistairs Ruhe zu sehr störte noch ihn zu sehr sich selbst überließ.
    Dennoch wurden die Albträume von Nacht zu Nacht schlimmer und enthüllten immer mehr von dem, was zuvor in dunkelsten Tiefen von Alistairs Verstand verborgen gewesen war. Mittlerweile wusste er nicht einmal mehr, was schlimmer war: die Erinnerungslücke in seinem Gedächtnis und die nagende Angst, dass sein Verstand irreparablen Schaden genommen haben könnte, oder aber die Momente erschreckend lebhafter Erinnerung, die ihm einen Mann zeigten, den er kaum erkannte - jemanden, der das völlige Gegenteil all dessen verkörperte, was er immer zu sein geglaubt hatte.
    Er wusste auch nicht, inwieweit er seinen Träumen Glauben schenken durfte. Konnte er seinem Eindruck trauen, dass es Erinnerungen an tatsächlich Erlebtes waren? Oder waren es vielleicht doch nur Zerrbilder der Wirklichkeit, wie Träume es so oft waren?
    Diese Sorgen behielt er jedoch ebenso für sich, wie er auch nie jemanden von den fehlenden Erinnerungen hatte wissen lassen - mit einer Ausnahme - oder von der Ungewissheit, die er deswegen hinsichtlich seiner geistigen Unversehrtheit empfand.
    Und so versicherte er dem Captain jeden Morgen beim Frühstück auf dessen Frage, ob er eine gute Nacht gehabt habe, dass er wie ein Murmeltier geschlafen habe.
    Doch als er am Freitag erneut die gleiche Antwort gab, schüttelte Captain Hughes den Kopf. „Ich frage mich, wie Sie so gut schlafen können und doch so beklagenswerte Ergebnisse damit erzielen“, bemerkte er. „Ihre Augen verschwinden fast völlig in den Höhlen, und dann sehen Sie noch so aus, als hätte Ihnen jemand beide blau geschlagen. Ich will nicht hoffen, dass Sie des Nachts wach liegen und sich um Ihren Kanal sorgen.“
    „Ganz gewiss nicht“, versicherte ihm Alistair. „Damit wäre nichts gewonnen.“
    „Sie sollten Ihren Verstand auch nicht damit erschöpfen zu überlegen, was Miss Oldridge wohl als Nächstes tun wird“, riet der Captain. „Wenn Sie davon ausgehen, dass sie nach logisch verständlichen Einsatzregeln vorgeht, so wird sie letztlich nichts dergleichen tun.“
    „Wohl wahr, Männer und Frauen denken nun einmal sehr unterschiedlich“, meinte Alistair leichthin.
    „Verglichen mit einer kleinen Streitigkeit mit einer Frau, war mein schlimmstes Gefecht auf See ein Kinderspiel“, stellte der Captain fest. „Frauen kämpfen mit ihren eigenen Waffen und nach ihren eigenen Regeln, die sie frei nach Belieben ändern. Man sollte meinen, dass ein Bursche wie ich, der die Welt mehr als ein Dutzend Mal umsegelt hat - und dem zudem nur noch ein paar Jahre fehlen, um das halbe Jahrhundert vollzumachen ..." Mit düster zusammengezogenen Brauen und einem zornigen Funkeln in den dunklen Augen fuhr der Captain mit seiner Gabel in ein Stück Speck. „Man sollte wahrlich meinen, dass ein alter Seemann wie ich die Frauen mittlerweile verstehen würde - oder zumindest gelernt hätte, sie zu umschiffen.“
    „Aber würde man sie umschiffen, verlöre das Leben viel von seinem Reiz - und wäre weitaus weniger anregend“, befand Alistair. Wenn er zurückschaute auf seine Jahre nach Waterloo - die frauenlosen Jahre -, so schien ihm die Zeit unbeschreiblich trostlos. Wie hatte er das so

Weitere Kostenlose Bücher