Ein unwiderstehliches Angebot: Roman (German Edition)
hast.«
»Sie hat guten Grund dazu«, erwiderte er. »Weil man sie ständig zwang, zu Bällen, Gesellschaften und Empfängen zu gehen in der Hoffnung, dort einen passenden Ehemann für sie zu finden. Ihre Mutter gleicht in dieser Hinsicht einem Tropensturm. Vivian selbst ist von Natur aus eher intellektuell geprägt und scheut gesellschaftliche Zwänge. Sie tanzt nicht gerne … ist auch nicht besonders gut darin, das kannst du mir glauben … und unterhält sich am liebsten über botanische Themen. Wäre sie ein Mann, würde man sie vermutlich für ihr wissenschaftliches Interesse loben. Aber als Frau? Da wird sie schief angeschaut und geschnitten. Einmal hat sie aus zwei Samen, die sie ihr ganzes Taschengeld für mehr als ein Jahr kosteten, eine sehr seltene Orchidee gezogen, die es nur auf einer kleinen, fast unbewohnten tropischen Insel gibt. Lob zollte ihr dafür niemand. Im Gegenteil. Insofern waren ihre Londoner Erfahrungen ziemlich deprimierend. Wirklich schade, denn sie ist nicht nur sehr hübsch, sondern besitzt zudem einen wunderbaren Charakter. Leider wenden sich die meisten Männer wegen ihrer Klugheit von ihr ab.«
Fast verspürte sie eine gewisse Eifersucht, als sie ihn so begeistert von seiner ehemaligen Verlobten reden hörte, was natürlich albern war. Schließlich hatte Charles sich für sie entschieden.
»Und du warst einverstanden, sie trotzdem zu heiraten.«
»Sag das nicht so, als hätte ich es aus Mitleid getan. Wir wären bestimmt gut miteinander ausgekommen, wenn ich dir nicht begegnet wäre und den Unterschied erkannt hätte.«
»Welchen Unterschied?«
»Zwischen Freundschaft und Liebe oder zwischen Zuneigung und Leidenschaft.«
Der letzte Rest Eifersucht verschwand endgültig bei diesen Worten, und Louisa lächelte. Zum ersten Mal an diesem Tag. Trotz des Regens und trotz der unbequemen Sitze.
»Ich verstehe. Vorher wusste ich auch nicht, wie verzehrend Liebe sein kann.«
»Da können wir beide noch voneinander lernen.« Er senkte die Stimme. »Eine Lektion, die ein Leben lang dauern wird.«
»Ich freue mich darauf.«
»Ich auch.«
Wenn er sie so anlächelte, fühlte es sich an, als würde die Sonne scheinen.
»Ich glaube, im Moment haben wir wohl keine andere Wahl«, murmelte sie.
»Nein«, sagte er und lehnte sich entspannt zurück.
Seine Gelassenheit wirkte beruhigend auf sie, und nach einer Weile wurde sie schläfrig. »Ich bin seit dem Morgengrauen wach«, sagte sie entschuldigend.
»Ich weiß noch ganz genau, wie ich dich geweckt habe. Und was danach kam. Wenn wir jeden Tag so begrüßen könnten, wäre ich für alle Zeiten ein glücklicher Mann.«
Sie lachte leise und spürte, wie sie errötete. »Ich glaube, ich habe einen Filou geheiratet.«
»Du hast einen Mann geheiratet, der dich bis zur Selbstaufgabe liebt. Möchtet Ihr meine Schulter als Kissen benutzen, Mylady?«
Er war so elegant und so gewandt, während ihr das alles fehlte. Die Tochter eines Dorfpfarrers konnte doch niemals eine Lady werden, oder? Aber im Moment wollte sie sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Nicht solange Charles sie mit dieser nachsichtigen Zärtlichkeit anschaute.
»Das würde ich gerne«, sagte sie und flüchtete sich in seine Arme. Ihr Körper kuschelte sich an seinen, sie barg ihren Kopf an seiner Schulter und schloss die Augen. Jetzt fühlte sie sich sicher, beschützt und geliebt.
Was immer passieren mochte, war einfach nicht wichtig, dachte sie, ehe sie einschlief.
Kapitel 7
Die Karte in ihrer Hand verblüffte sie. Allerdings geschah in letzter Zeit so viel Verwirrendes und Unerwartetes, dass sie sich über nichts mehr wundern sollte.
Die Stimme ihrer Mutter zitterte. »Warum sollte die Duchess of Eddington uns besuchen?«
Vivian hatte keine Ahnung. Sie kannte die Dame vor allem durch Lilys Erzählungen und wusste von dem beängstigenden Interesse, das die Herzoginwitwe am Stiften passender Verbindungen hatte. Doch das stand ja bei ihr nicht mehr zur Diskussion.
Sie zuckte die Schultern. »Ich wüsste nicht, warum.«
Was immer die Duchess auf den Plan gerufen haben mochte, konnte nicht mit ihr zusammenhängen. Denn dass bei ihr alle Kuppelversuche zu spät kämen, war der gut informierten Lady mit Sicherheit bekannt. Eugenia Francis, wie man sie hinter vorgehaltener Hand wenig ehrerbietig zu nennen pflegte, entging schließlich nichts.
Und dann ging es doch um sie.
Die alte Dame thronte sehr aufrecht und sehr würdevoll, wie sie es ihrem hohen Rang schuldig zu
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