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Ein Vampir für alle Fälle

Ein Vampir für alle Fälle

Titel: Ein Vampir für alle Fälle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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mein Bruder mächtig stolz. Seine Freizeit verbrachte er gern mit Streichen, Rasenmähen oder einfacheren Reparaturen, eine Seite an ihm, die mich bis heute erstaunte. Kürzlich erst hatte er die Fassade in einem Gelbbraunton gestrichen und Türen- und Fensterrahmen in einem strahlenden Weiß, und das kleine Haus sah richtig schmuck aus. Ich bog in die u-förmige Auffahrt ein. Jason hatte auch eine Abzweigung angelegt, die an die Rückseite des Hauses führte, doch ich fuhr zum Vordereingang, stopfte die Autoschlüssel in meine Tasche und ging die Stufen zur Veranda hinauf. Ich drehte den Türknauf, weil ich den Kopf ins Haus hineinstrecken und nach Crystal rufen wollte, immerhin gehörte ich zur Familie. Die Haustür war nicht abgeschlossen, wie die meisten Haustüren tagsüber. Das Wohnzimmer war leer.
    »Hey, Crystal, ich bin's, Sookie!«, rief ich, wenn auch nicht zu laut, damit sie nicht gleich erschrak, falls sie sich hingelegt hatte.
    Ich hörte einen dumpfen Laut, ein Stöhnen. Es kam aus dem großen Schlafzimmer, das schon meine Eltern benutzt hatten und das rechter Hand hinter dem Wohnzimmer lag.
    Oh, Mist, sie hat schon wieder eine Fehlgeburt, schoss es mir durch den Kopf. Ich rannte auf die geschlossene Tür zu und stieß sie so heftig auf, dass sie gegen die Wand bumste, was mir aber egal war angesichts der Bumserei von Crystal und Dove Beck auf dem Ehebett.
    Ich war so schockiert, so wütend und so bestürzt, dass ich, als sie in ihrem Tun innehielten und mich anstarrten, die schlimmste Bemerkung von allen losließ: »Kein Wunder, dass du all deine Babys verlierst.« Dann drehte ich mich auf dem Absatz um und stürmte aus dem Haus. Ich war derart aufgebracht, dass ich nicht mal ins Auto steigen konnte. Und um das Unglück perfekt zu machen, fuhr in diesem Moment auch noch Calvin Norris vor und sprang aus seinem Pick-up, kaum dass er stand.
    »Mein Gott, was ist passiert?«, fragte er. »Alles in Ordnung mit Crystal?«
    »Warum fragen Sie sie das nicht selbst?«, rief ich empört und stieg ins Auto, nur um zitternd dazusitzen. Calvin rannte ins Haus, als müsste er ein Feuer löschen, und damit lag er gar nicht mal so sehr daneben.
    »Jason, verdammt! «, schrie ich und schlug mit der Faust aufs Lenkrad. Ich hätte mir die Zeit nehmen und aufmerksam Jasons Gedanken lesen sollen. Er hatte haargenau gewusst, dass Dove und Crystal die Zeit, die er zum Einkaufen in Clarice brauchte, für ein Schäferstündchen nutzen würden. Er hatte darauf gesetzt, dass ich pflichtschuldig bei ihm zu Hause vorbeifahren würde. Es war einfach ein zu großer Zufall, dass auch noch Calvin aufgetaucht war. Jason musste auch ihn gebeten haben, nach Crystal zu sehen. So gab's keine Möglichkeit mehr, das Ganze zu leugnen oder zu vertuschen - wenn sowohl ich als auch Calvin Bescheid wussten. Ich hatte ja so recht gehabt mit meiner Vermutung, dass diese Ehe ein einziges Problem werden würde - und jetzt hatte ich selbst ein gänzlich neues Problem.
    Außerdem schämte ich mich. Ich schämte mich für das Verhalten aller Beteiligten. Meinen Moralvorstellungen nach, die mich nicht gerade zu einer sehr guten Christin machten, ist es ganz allein ihre Sache, wie Singles sich in Beziehungen verhalten. Sogar in etwas festeren Beziehungen - okay, solange die Leute sich gegenseitig achten. Aber ein Ehepaar, das sich Treue geschworen hat, und das sogar vor Zeugen, untersteht einem ganz anderen Regelwerk, jedenfalls in meiner Welt.
    In Crystals oder Doves Welt anscheinend nicht.
    Calvin kam die Verandastufen herunter und sah um Jahre gealtert aus. Bei meinem Auto blieb er stehen. In seiner Miene spiegelte sich das Gleiche wie in meiner - Ernüchterung, Enttäuschung, Ekel. Jede Menge Negatives jedenfalls.
    »Ich melde mich bei Ihnen«, sagte er. »Wir müssen die Zeremonie so bald wie möglich abhalten.«
    In einen Bademantel mit Leopardenmuster gehüllt, trat Crystal auf die Veranda, und weil ich es nicht ertragen hätte, wenn sie mich jetzt auch noch angesprochen hätte, ließ ich den Motor an und fuhr so schnell wie möglich davon. Benommen kehrte ich nach Hause zurück. Als ich durch die Hintertür in die Küche trat, schnitt Amelia gerade irgendwas auf dem alten Holzbrett, das bei dem Brand nur einige Rußflecken davongetragen hatte. Sie drehte sich um und wollte schon etwas sagen, da sah sie mein Gesicht. Warnend schüttelte ich den Kopf, damit sie mich nicht ansprach, und verschwand direkt in mein Zimmer.
    Das war einer jener Tage, an

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