Ein Vampir für alle Fälle
Job angeboten«, erzählte Bill. »Genau das, was sie schon immer wollte. Eine Firma, die auf Grundstücke für Vampire spezialisiert ist.«
»Ist sie eine Vampirsüchtige geworden?«
»Ich glaube schon. Aber ich habe damit nichts zu tun.«
»Warst du nicht ihr Erster?« Vielleicht klang ich ein wenig zu bitter. Bill war mein Erster gewesen, in jeder Hinsicht.
»Frag nicht.« Er wandte mir sein Gesicht zu. Es war leuchtend weiß. »Nein«, sagte er schließlich. »Ich war nicht ihr Erster. Aber ich wusste immer, dass es der Vampir in mir war, der sie anzog, und nicht die Person, die dieser Vampir war.«
Ich verstand, was Bill sagen wollte. Als ich erfuhr, dass er den Befehl hatte, sich an mich heranzumachen, hatte ich das Gefühl gehabt, dass es die Telepathin in mir war, die ihn anzog, und nicht die Frau, die diese Telepathin war. »Jeder bekommt, was er verdient«, sagte ich.
»Ich habe mir nie etwas aus ihr gemacht. Oder nur wenig.« Bill zuckte die Achseln. »Es hat so viele gegeben wie sie.«
»Was glaubst du eigentlich, wie ich mich fühle, wenn ich so etwas höre?«
»Ich sage nur die Wahrheit. Es hat nur eine gegeben wie dich.« Und dann stand er auf und ging zurück in den Wald, langsam wie ein Mensch, so dass ich ihm nachblicken konnte.
Bill führte anscheinend so etwas wie eine heimliche Kampagne, um meine Achtung wiederzuerlangen. Ob er wohl davon träumte, dass ich ihn wieder lieben könnte? Es tat immer noch weh, wenn ich an den Abend dachte, an dem ich die Wahrheit erfahren hatte. Das Äußerste, worauf er hoffen durfte, war meine Achtung, dachte ich. Vertrauen? Liebe? Das konnte ich mir einfach nicht vorstellen.
Ich saß noch einige Zeit draußen und dachte über den Abend nach, den ich hinter mir hatte. Eine Helfershelferin der Feindin war ausgeschaltet. Die Feindin selbst musste erst noch aufgespürt werden. Die Polizei von Shreveport fiel mir ein und ihre Suche nach den Vermissten, die alle Werwölfe gewesen waren. Wann sie wohl aufhören würde zu suchen?
Mit Werwolfpolitik würde ich es jedenfalls nicht so bald wieder zu tun bekommen, hoffte ich, schließlich waren die überlebenden Rudelmitglieder jetzt erst mal damit beschäftigt, ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen.
Ich hoffte, dass Alcide sein neues Amt als Leitwolf gefiel, und fragte mich, ob er in der Nacht seines Sieges wohl einen kleinen vollblütigen Werwolf gezeugt hatte. Was wohl aus den Kindern der Furnans geworden war?
Und weil ich schon in Grübelei versunken war, dachte ich auch gleich noch an Felipe de Castro. Hatte er irgendwo in Louisiana eine neue Residenz errichtet oder war er in Las Vegas geblieben? Hoffentlich hatte jemand Bubba erzählt, dass Louisiana einen neuen Vampirkönig hatte. Ob ich ihn wohl je wiedersehen würde? Er hatte eins der berühmtesten Gesichter der Welt, war im Kopf aber leider ziemlich wirr, weil er von dem Aufwärter im Leichenschauhaus von Memphis, der zufällig ein Vampir war, erst in allerletzter Sekunde herübergeholt worden war. Bubba hatte sehr unter Hurrikan Katrina gelitten. Er war von den andern Vampiren in New Orleans abgeschnitten gewesen und hatte sich von Ratten und sonstigem Kleinvieh (ich vermutete ja, dass es herrenlose Hauskatzen waren) ernähren müssen, bis er eines Nachts von einem Suchtrupp Vampire aus Baton Rouge gefunden wurde. Zuletzt hatte ich gehört, dass sie ihn zur Erholung und Regeneration aus Louisiana wegschicken mussten. Vielleicht würde er in Las Vegas landen. Dort war's ihm ja schon zu Lebzeiten gut ergangen.
Plötzlich bemerkte ich, dass ich vom langen Sitzen ganz steif geworden war. Die Nacht war unangenehm kalt und meine Kapuzenjacke nicht warm genug. Zeit, wieder hinein und ins Bett zu gehen. Das Haus war bereits dunkel, Octavia und Amelia waren sicher völlig erledigt von ihrer Hexerei.
Ich hievte mich aus dem Stuhl, nahm den Sonnenschirm aus seiner Verankerung und lehnte ihn im Geräteschuppen an die Arbeitsbank, an der der Mann, den ich einst für meinen Großvater hielt, Reparaturen gemacht hatte. Und als ich die Tür des Geräteschuppens hinter mir schloss, war mir, als würde ich den Sommer endgültig wegsperren.
Kapitel 18
Nach einem ruhigen, friedlichen freien Montag ging ich am Dienstag zur Lunchschicht ins Merlotte's. Als ich zur Arbeit aufbrach, strich Amelia gerade eine Kommode an, die sie im Trödelladen von Bon Temps gefunden hatte. Octavia knipste die welken Blütenköpfe von den Rosen. Sie meinte, die Büsche
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