Ein Vampir für alle Fälle
begann, sich zu winden. Alle Werwölfe um uns herum taten dasselbe. Und plötzlich war die kühle Nachtluft von einem vielfachen Geräusch erfüllt, das irgendwie zäh klang, und klebrig, so als würde jemand einen Löffel durch eine feste Flüssigkeit ziehen, in der kleine harte Teile schwammen. Es war das Geräusch der Verwandlung von Mensch in Tier. Große Wölfe streckten und schüttelten sich überall um mich herum. Ich erkannte Alcide in seiner Wolfsgestalt, ebenso Furnan, und versuchte, die Werwölfe in dem plötzlich wieder geeinten Rudel zu zählen. Doch sie liefen alle unruhig von hier nach dort und suchten ihren Platz im bevorstehenden Kampf. Es war unmöglich, sie einzeln im Blick zu behalten.
Ich drehte mich nach Sam um, um ihm einen aufmunternden Klaps zu geben, und sah erst jetzt, dass ich neben einem Löwen stand.
»Sam«, flüsterte ich, und er stieß ein Gebrüll aus.
Alle erstarrten einen langen Augenblick lang. Anfangs hatten die Werwölfe aus Shreveport genauso viel Angst wie die aus St. Catherine. Erst als sie begriffen, dass Sam auf ihrer Seite stand, hallte von den verlassenen Gebäuden ringsum ein vielstimmiges, aufgeregtes Geheul wider.
Und dann begannen die Kämpfe.
Sam versuchte, gleichzeitig zu kämpfen und mich zu beschützen, was eine galante Idee war, aber leider unmöglich. Als unbewaffneter Mensch war ich völlig hilflos in solchen Gefechten, und ich war definitiv das schwächste Lebewesen am Ort des Geschehens. Ein äußerst unangenehmes, ja Furcht einflößendes Gefühl.
Sam schlug sich hervorragend. Er musste nur die großen Pranken heben, und waren sie auf einen Wolf niedergesaust, so ging dieser schon zu Boden. Ich hüpfte herum wie eine wild gewordene Elfe, um bloß nicht in die Nähe eines solchen Hiebes zu geraten. Allmählich verlor ich den Überblick über das Gesamtgeschehen. Immer wieder stürmten Kohorten von St.-Catherine-Werwölfen vereint auf Furnan, Alcide und Sam los, während um uns herum Einzelkämpfe ausgefochten wurden. Diese Werwolfkohorten hatten die Aufgabe, die Anführer des Gegners zu erledigen, erkannte ich, und es wurde eine Menge Energie in diese Strategie gesteckt. Priscilla Hebert hatte nicht mal erlaubt, ihren Bruder aus den Fängen der Shreveport-Werwölfe zu befreien. Und ihre Kämpfer ließen nicht ab von den Gegnern.
Um mich schien sich keiner groß zu kümmern, da von mir keine Gefahr ausging. Aber ich selbst lief ständig Gefahr, zwischen die knurrenden Kämpfer zu geraten, zu Boden zu gehen oder genauso schwer verletzt zu werden, als wäre ich ein ernst zu nehmender Gegner. Priscilla, jetzt eine graue Werwölfin, hatte es auf Sam abgesehen. Vermutlich wollte sie ihren herausragenden Mut beweisen, indem sie sich allein an das größte und gefährlichste Tier heranwagte. Doch Amanda biss Priscilla in einen der Hinterläufe, als diese versuchte, sich durch das Kampfgetümmel einen Weg zu dem Löwen zu bahnen. Priscilla warf sich herum und drohte der kleineren Wölfin mit gebleckten Zähnen. Amanda tänzelte zurück. Doch als Priscilla sich wieder abwandte, um ihren Weg fortzusetzen, schoss Amanda erneut hervor und biss sie noch einmal in denselben Lauf. Amandas Biss war kräftig genug, um Knochen zu brechen, und daher mehr als nur ein lästiges Ärgernis. Also drehte sich Priscilla ganz zu ihr herum, und noch ehe ich Oh, nein! denken konnte, packte sie Amanda mit eisernem Kiefer und brach ihr das Genick.
Entsetzt stand ich da und sah zu, wie Priscilla Amandas Leiche auf den Boden fallen ließ, sich herumwarf und Sam auf den Rücken sprang. Er schüttelte sich wieder und wieder, doch sie hatte sich mit ihren Reißzähnen in seinem Nacken verbissen und ließ sich nicht abschütteln.
Und da machte irgendetwas knack in meinem Inneren, genauso wie Amandas Genick. Ich verlor allen Verstand, den ich vielleicht mal besessen hatte, sprang auf, als wäre auch ich eine Werwölfin, und stürzte mich auf Priscilla. Damit ich in der wogenden Masse kämpfender Tiere nicht den Halt verlor, schlang ich meine Arme um ihren Nacken und meine Beine um ihren Rumpf und drückte mit den Armen immer fester zu, bis ich schon meinte, ich würde mich selbst umarmen. Aber Priscilla wollte nicht ablassen von Sam, und so schwang sie sich selbst hin und her, um mich abzuschütteln. Doch ich klammerte mich an sie wie ein mörderisches Äffchen.
Schließlich musste sie von Sams Nacken ablassen, um sich um mich zu kümmern. Ich drückte fester und immer fester zu, und sie
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