Ein Vampir fuer alle Sinne
Schluchzen wurde allmählich leiser, da Jeanne Louise dafür sorgte, dass die Kopfschmerzen nachließen und auf sie selbst übertragen wurden.
»Wir haben draußen am Lagerfeuer vermutlich zu viel Wein getrunken«, schob Jeanne Louise als Erklärung vor. Lieber Himmel, in welch tiefe Ohnmacht mussten sie gefallen sein, wenn nicht mal die panischen Rufe des Mädchens sie hatten wecken können. Und … oh Gott! Sie hatten beide nackt in einer sehr verfänglichen Position auf dem Bett gelegen. Aber das schien Livy in ihrer Aufregung gar nicht bemerkt zu haben. Was für ein Glück!
»Ein Schrei hat dich aufgeweckt?«, fragte Jeanne Louise plötzlich, da sie wegen der auf sie selbst übertragenen Schmerzen nicht mehr so schnell folgen konnte.
Schniefend nickte Livy. »Ihr zwei habt ganz laut geschrien.«
»Hmm, dann hatten wir beide bestimmt einen Albtraum«, murmelte sie, auch wenn sie ganz genau wusste, dass es ihre Lustschreie gewesen waren, die das Kind aufgeweckt hatten. Sie mussten unbedingt darauf achten, dass sie sich nicht bloß ins Nebenzimmer zurückzogen, wenn sie und Paul … nun, wenn sie … Jeanne Louise ließ den Gedanken auf sich beruhen, weil sie nicht mehr klar denken konnte. Diese Kopfschmerzen waren noch schlimmer als beim letzten Mal, und sie wurden immer unerträglicher.
Als sie der Ansicht war, dass sie das Kind für den Moment genug getröstet hatte, ließ Jeanne Louise die Kleine wieder einschlafen. Sie sank auf Boomer und schlief sofort wieder friedlich. Einige Minuten lang verharrte Jeanne Louise noch in ihrem Kopf, um Gewissheit zu haben, dass es Livy gut ging, dann lehnte sie sich wieder zurück und wartete, dass ihre eigenen Kopfschmerzen nachließen.
Währenddessen versuchte sie, über die momentane Situation nachzudenken und zu entscheiden, ob der Zeitpunkt gekommen war, an dem sie Paul sagen musste, dass er ihr Lebensgefährte war. Doch sosehr sie sich auch bemühte, sie kam einfach nicht weiter. Missmutig ließ sie die Sache erst einmal auf sich beruhen und stand vom Sofa auf. Als sie Livy hochhob, sprang Boomer sofort auf den Boden, bereit Jeanne Louise zu folgen, wenn sie das Mädchen zurück ins Bett brachte. Nachdem sie Livy zugedeckt hatte, war Boomer mit einem Satz auf dem Bett und rollte sich an ihren Füßen zusammen. Jeanne Louise streichelte den treuen Hund, gab Livy einen Kuss auf die Wange und verließ das Zimmer.
Paul war immer noch nicht bei Bewusstsein, als sie zu ihm ins Schlafzimmer zurückkehrte. Sie zögerte kurz und überlegte, ob sie sich aufs Sofa legen sollte, um ihn nicht zu stören, doch dann stieg sie behutsam zu ihm ins Bett und deckte sich zu. Als sie ihn so daliegen sah, wurde ihr klar, dass ihm kalt werden würde, wenn er den Rest der Nacht so verbrachte. Schließlich tippte sie ihm ganz leicht auf die Schulter.
»Paul?«
»Hmmm?«, kam die schläfrige Reaktion. Langsam drehte er den Kopf zu ihr um, hielt die Augen aber weiterhin geschlossen.
»Willst du dich zudecken?«, fragte sie.
Als Paul irgendetwas im Schlaf murmelte, beschloss sie mit einem Schulterzucken, ihn so liegen zu lassen, wie er neben ihr lag. Und konnte den Blick nicht von ihm abwenden.
Er war ihr Lebensgefährte. Verdammt! Diese Vorstellung löste bei ihr einmal mehr ein ungläubiges Kopfschütteln aus. Die meisten Unsterblichen mussten Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende warten, bis sie ihrem Lebensgefährten begegneten. Nur ganz wenige hatten das Glück, schon in jungen Jahren fündig zu werden. Und mit ihren knapp über hundert Jahren wurde Jeanne Louise von den meisten ihrer Art fast noch als Baby angesehen. Dennoch lag er neben ihr … ihr Lebensgefährte. Der eine Mann, den sie weder lesen noch kontrollieren konnte, der eine Mann, in dessen Gegenwart sie ihre Gedanken nicht hüten musste.
Paul war ihre Oase in einer chaotischen Welt, in der sie ständig darauf achten musste, dass sie ihre Gedanken für sich behielt. Sie hatte schreckliche Angst davor ihn zu verlieren.
Diese Erkenntnis brachte sie dazu, sich von ihm wegzudrehen und sich in die Bettdecke einzuwickeln. Es lief inzwischen recht gut mit ihnen, trotzdem war die Lage nach wie vor knifflig. Sie glaubte, dass er sie um ihrer selbst willen mochte, aber wer konnte so etwas bei einem Mann schon mit Sicherheit sagen? Vielleicht ging es ihm doch nur um den Sex und um die Tatsache, dass sie Livy retten konnte.
Jeanne Louise hielt inne und lauschte, da sie hörte, dass sich Paul neben ihr zu regen begann. Dann war er
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