Ein Vampir fuer alle Sinne
auf.
Paul war nicht bei ihr, aber seine Kleidung lag nicht weit von ihr entfernt im Sand, was sie veranlasste, sich dem See zuzudrehen, wobei sie erleichtert feststellte, dass er im Wasser schwamm. Offenbar war er nur vor ihr zu Bewusstsein gekommen … vorausgesetzt, er war überhaupt ohnmächtig geworden. Sie war es jedenfalls, aber … ruckartig drehte sie den Kopf und entdeckte die glimmenden Überreste des Lagerfeuers. Dann beugte sie sich vor und streckte sich, um an Pauls Kleidung heranzukommen. Die strahlte noch ein wenig Körperwärme aus, also musste er sie eben erst ausgezogen haben. Nach ihrer Schätzung waren mindestens zwei Stunden vergangen, seit die Nachbarn gegangen und sie beide sich wie zwei zügellose Teenager in die Arme gefallen waren. Dann war Paul also auch ohnmächtig geworden.
Sie sah wieder zum See und überlegte, ob sie auch noch ins Wasser gehen und sich zu Paul gesellen sollte. Allein die Erinnerung daran, was sich zwischen ihnen abgespielt hatte, ließ ihr Verlangen fast augenblicklich wieder erwachen, und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als ihn küssen und berühren zu können. Doch dann machte ihr die Vernunft einen Strich durch die Rechnung. Wenn sie auf ihren Instinkt hörte und ihm ins Wasser folgte, dann würde sich das wiederholen, was sie heute Abend hier am Strand erlebt hatten – mit der Folge, dass sie dann im Wasser das Bewusstsein verlieren würden. Sie konnte das ja noch überleben, wenn sie an Land gespült wurde und die Nanos ihre Arbeit aufnahmen, aber Paul würde höchstwahrscheinlich ertrinken. So etwas konnte und wollte sie nicht riskieren.
Ein wenig missmutig sammelte sie ihre Sachen ein und ging zurück zum Cottage. Der sicherste Weg war der, der Versuchung aus dem Weg zu gehen.
Als sie das Cottage betrat, ging sie geradewegs zum Schlafzimmer und blieb nur kurz bei Livy stehen, um nach dem Mädchen zu sehen. Das lag im Bett und schlief tief und fest, lediglich Boomer hob den Kopf und begann mit dem Schwanz zu wedeln. Der Hund liebte die Kleine genauso sehr wie ihr Vater, dachte Jeanne Louise, während sie das Gesicht des schlafenden Kinds betrachtete. Man konnte ihm bereits ansehen, dass es an den letzten zwei Tagen mit viel Appetit gegessen hatte. Das Gesicht war bei Weitem nicht mehr so kreidebleich, wie sie es von der ersten Begegnung noch in Erinnerung hatte, was ein gutes Zeichen war.
Sie ging weiter in ihr eigenes Schlafzimmer und von dort ins angrenzende Badezimmer. Beim Blick in den Spiegel musste sie kurz innehalten, da von oben bis unten Sandkörner an ihrer Haut klebten. Leise seufzend warf sie die getragenen Sachen auf den Boden und drehte dann den Wasserhahn in der Dusche auf. Während das Wasser allmählich warm wurde, kehrte sie ins Schlafzimmer zurück und holte eines der beiden Nachthemden, die sie in dem Einkaufszentrum gekauft hatte. Normalerweise trug sie so etwas gar nicht, aber zurzeit schien es ihr angebracht, immerhin konnte es sein, dass sie sich mitten in der Nacht um Livy kümmern musste, und das wollte sie ganz sicher nicht in nacktem Zustand. Sie nahm das knielange, rosafarbene Nachthemd mit ins Bad und hielt eine Hand unter den Wasserstrahl, um die Temperatur zu testen. Es war warm genug, also stellte sie sich in die kleine Kabine und zog die Tür hinter sich zu.
Da ihr Trödelei nicht lag, sputete sie sich und war schon zehn Minuten später wieder draußen. Sie wickelte ein Handtuch zu einem Turban um ihre Haare, während sie sich mit einem Badetuch abtrocknete und dann das Nachthemd anzog. Dann rieb sie ihre Haare so trocken wie möglich und kämmte sie glatt nach hinten. Eigentlich wollte sie es dabei belassen, aber der Gedanke, sich mit feuchten Haaren ins Bett zu legen, behagte ihr absolut nicht. Also durchsuchte sie den Unterschrank und stieß dabei tatsächlich auf einen Föhn, den sie sofort in Betrieb nahm.
Schon wenige Minuten später konnte sie sich darüber freuen, dass sie am Morgen weder ein feuchtes Kissen noch wild in alle Richtungen abstehende Haare haben würde. Sie legte den Föhn weg, bürstete sich noch schnell und ging nach nebenan. Nach einem nachdenklichen Blick auf ihr Bett entschied sie sich dagegen und beschloss, stattdessen nachzusehen, ob mit Paul noch alles in Ordnung war. Sterbliche neigten zu Muskelkrämpfen, und dann drohte die Gefahr zu ertrinken. Außerdem war sie durstig, und ein Glas Wasser schien jetzt genau das Richtige zu sein. Sie würde einen Schluck trinken und dabei nach Paul
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