Ein Vampir für gewisse Stunden: Argeneau Vampir 6
erinnerte sich Lucian, doch es war danach gleich wieder in Vergessenheit geraten. „Aber wer soll sich dann um die Frau kümmern?”
Sie legte den Gurt an und warf Lucian einen erstaunten Blick zu. „Ich dachte, du machst das, Lucian.”
„Warum sollte ich sie zu dir bringen, wenn ich mich um sie kümmern wollte?”
„Das hat mich auch gewundert”, gestand sie, dann fügte sie hinzu: „Aber ich wusste, du bist nicht so arrogant, von mir zu erwarten, dass ich meine Pläne über den Haufen werfe und mir meinen ersten Job seit siebenhundert Jahren durch die Lappen gehen lasse, nur um ein Problem aus der Welt zu schaffen, das du dir aus freien Stücken auf gehalst hast.”
Lucian fand keine Worte mehr. Lächelnd lehnte Marguerite sich vor und küsste ihn auf die Wange, dann warf sie die Beifahrertür zu. „Sie ist sehr hübsch”, sagte sie.
„Ja”, stimmte er ihr gedankenverloren zu.
„Ich hatte mich schon gefragt, was dich dazu bewogen hat, ihr zu helfen. Normalerweise liest du keine Streuner auf, und du bist auch nicht gerade dafür bekannt, Gnade walten zu lassen. Aber wie ich sehe, hast du es jetzt getan. Meinen Glückwunsch. Und pass gut auf sie auf.” Lucian wollte etwas einwenden, doch sie hatte sich bereits Etienne zugewandt, der gerade den Motor anließ.
„Lass uns fahren, Etienne”, hörte er sie sagen, dann drehte sie sich noch einmal zu ihm um. „Ach, übrigens. Julius ist noch da. Die Frau von der Hundepension sollte vor zehn Minuten hier sein, aber sie hat sich verspätet. Julius ist in der Küche, zusammen mit all seinen Sachen - und mit ausdrücklichen Anweisungen für seine Medikamente. Schick sie einfach in die Küche, wenn sie auftaucht. Geht das?”
Lucian nickte, während er mit einem unguten Gefühl zusah, wie der Van losfuhr. Der Wagen hatte gerade die Straße erreicht, als sich Lucian an Thomas erinnerte. Er drehte sich dorthin um, wo dessen Wagen stand, damit er den Jungen als seinen Helfer rekrutieren konnte, nur.... war der Wagen ebenfalls verschwunden. Der Mistkerl hatte sich klammheimlich aus dem Staub gemacht, während er, Lucian, sich mit Marguerite unterhielt. Wahrscheinlich war er so schnell verschwunden, weil er ahnte, dass er Lucian sonst ausgeliefert war.
Tja, da hatte sich sein Neffe aber geirrt. Lucian ging in den Flur und nahm sich das Telefon. Verständnislos starrte er auf die lachhaft vielen Tasten und Symbole, die es mit einem Flugzeugcockpit aufnehmen konnten. Kopfschüttelnd drückte er wahllos auf verschiedene Tasten, bis endlich ein Amt ertönte. Kaum war ihm das gelungen, zerriss ein Schrei aus dem Wohnzimmer die Stille. Leigh fing schon wieder an. Na toll!
Lucian ignorierte die Schreie und drückte die Taste, neben der Thomas’ Name stand. Marguerite hatte ihre ganze Brut als Kurzwahl gespeichert, und Thomas und dessen Schwester Jeanne Louise zählte sie auch dazu. Als die Verbindung hergestellt war, fiel der Hund mit einem erbärmlichen Heulen in Leighs Gebrüll ein.
Julius!, dachte Lucian nur und schloss ergeben die Augen, während er dem Freizeichen lauschte und seinen Neffen dazu zu bringen versuchte, sich endlich zu melden. Er ließ es klingeln, bis die Verbindung unterbrochen wurde, dann wählte er erneut. Nach drei Versuchen gab er es auf und knallte den Hörer ungeduldig auf die Basis.
„Julius, halt die Klappe!”, brüllte er, während er durch den Flur eilte. Der Hund gehorchte sofort, und der Lärm war augenblicklich nur noch halb so schlimm. Lucian wünschte nur, die Frau würde genauso gut hören.
Er folgte den Schreien bis ins Wohnzimmer und nahm die Szene in sich auf. Der Blutbeutel war leer, was gut war, denn durch ihre Unruhe war ihr die Infusionsnadel aus dem Arm gerutscht, sodass sich der Beutelinhalt anderenfalls auf dem schneeweißen Teppich verteilt hätte. Zum Glück waren so aber nur ein paar Tropfen auf dem Teppich gelandet, doch selbst darüber machte sich Lucian keine Gedanken.
Er durchquerte den Baum, warf einen verärgerten Blick auf Leigh und wollte sie an herrschen, sie solle endlich Ruhe geben. Aber er wusste aus Erfahrung, dass es zu nichts führen würde. Stattdessen holte er einmal mehr die Ohrstöpsel aus der Tasche und drückte sie sich in die Ohren. Nachdem er nicht länger ihre schrillen Schreie ertragen musste, fühlte er sich etwas gefasster, beugte sich vor und hob sie von der Couch, um sie aus dem Wohnzimmer zu tragen. Er war fast an der Treppe angekommen, da bemerkte er eine Frau, die in der offen
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