Ein Vampir in schlechter Gesellschaft - MacAlister, K: Vampir in schlechter Gesellschaft
vielleicht keine gemeinsame Zukunft vor uns hatten? Wie würde es mit uns weitergehen, wenn wir nur ein Paar wurden, weil die Chemie zwischen uns stimmte und wir körperlich füreinander bestimmt waren, uns aber die emotionale Bindung fehlte, ohne die ich nicht leben konnte?
Ben hatte mir Zeit gegeben, als ich sie gebraucht hatte, da konnte ich ihm diesen Gefallen doch auch tun. Hatte ich in den vergangenen vierundzwanzig Stunden nicht genug Einsichten gewonnen, um ihm das zu gewähren, was er verlangte? Ich zog mir die Bettdecke bis ans Kinn. »Gute Nacht, Ben.«
Er sagte nichts, bedachte mich nur mit einem Blick, der mich von Kopf bis Fuß erschaudern ließ, und ging.
Ich lag noch lange wach und dachte über das nach, was er gesagt hatte. Später wurde ich noch einmal aus dem Halbschlaf gerissen, als ich vor dem Wohnwagen Männerstimmen hörte. Ich rührte mich nicht, als die Tür einen Spalt geöffnet wurde und ein schmaler Lichtstrahl auf mein Bett fiel.
»Ist die Göttin … ?«, hörte ich Isleif fragen.
»Immer noch Jungfrau«, antwortete Eirik zufrieden und schloss die Tür vorsichtig wieder. »Der Dunkle hat sie nicht angerührt.«
War es eine Prophezeiung oder nur Wunschdenken?
8
Am nächsten Morgen begegnete ich Ben nicht, aber das hatte ich auch nicht erwartet, denn das Tageslicht war nicht sein Freund. Stattdessen suchte ich vergeblich sechs Stunden lang mit den Wikingern in der Stadt nach Spuren von Loki und dem Mann, von dem die drei behaupteten, er sei sein Sohn.
»Seid ihr sicher, dass ihr ihn gestern gesehen habt?«, fragte ich, als wir Mittagspause in einem abgelegenen Café machten.
»Ich bin sicher, dass es Nori war«, entgegnete Eirik mit störrischer Miene.
»Aber abends, als ich zum Markt zurückgekehrt bin, hast du ihn nicht noch mal gesehen?«
»Nein.« Er sah den Kellner mürrisch an, der uns das Essen brachte und sich rasch wieder davonmachte, als Eirik an seiner (zum Glück immer noch ungeladenen) Walther P38 herumfingerte. »Wir haben gründlich gesucht, bis es Zeit für die Orgie wurde.«
Ich stutzte. »Für was?«
»Für die Orgie. Wir waren gestern Abend bei einer Orgie.« Eiriks Miene hellte sich auf, als der Kellner ihm hastig noch einen Krug Bier hinstellte. »Die Musik war laut und furchtbar. Es gab grelle, bunte Lichter und jede Menge Bier. Wir hatten großen Spaß, nicht wahr?«
»Ach, ihr wart auf der Party! Ich dachte schon … «
Eirik zuckte mit den Schultern. »Es war toll, ganz egal wie du es nennst. Da waren so viele Frauen! Finnvid hat es mit fünfen getrieben.«
Mir fiel die Kinnlade herunter, und ich sah Finnvid entsetzt an, der mich selbstgefällig angrinste und kess eine Augenbraue hochzog. »Du hattest gestern Sex mit fünf Frauen?«, stieß ich fassungslos hervor.
»Jawohl. Natürlich nicht mit allen auf einmal.«
»Natürlich«, sagte ich und schüttelte angesichts der Bilder, die vor meinem geistigen Auge auftauchten, den Kopf.
»Finnvid hatte schon immer mehr für Quantität übrig als für Qualität«, bemerkte Eirik und leerte seinen Bierkrug. »Ich persönlich bevorzuge Frauen, die einen Mann wegen seiner Geschicklichkeit bei der Bestellung der Felder begehren und nicht wegen der Größe seines Pflugs.«
»Ich auch«, pflichtete Isleif ihm nickend bei.
Die beiden sahen Finnvid an, der mich angrinste. »Kann ich etwas dafür, dass die Frauen mich wegen meines Schwanzes lieben, jungfräuliche Göttin?«
»Wohl kaum, aber die Frauen heute sind eher der Ansicht, dass die Größe eigentlich keine Rolle spielt.«
»Natürlich spielt sie eine Rolle!«, entgegnete Finnvid lachend, und bevor ich das Thema wechseln konnte, hatte er auch schon das Oberteil seines Schwimmanzugs heruntergezogen und schaute stolz auf sein Gemächt. »Sieh dir meinen Schwanz an und sag mir, dass Frauen daran keinen Gefallen finden!«
Ich schaute unwillkürlich hin, ohne es zu wollen, und mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Dann nahm ich rasch meine fünf Sinne zusammen und schaute wieder weg, musste aber daran denken, wie Ben vor vielen Jahren einmal unter der Dusche gestanden hatte und mir mental Bilder davon übermittelt hatte. Mit einer gewissen Zufriedenheit stellte ich fest, dass er Finnvid in nichts nachstand, und wechselte rasch das Thema. »Zieh dich wieder an, Finnvid, sonst wirst du noch verhaftet! Und jetzt lasst uns noch mal den Plan für heute Nachmittag durchsprechen. Heute Morgen haben wir den Norden und Westen der Stadt abgesucht, und wenn wir
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