Ein Vampir in schlechter Gesellschaft - MacAlister, K: Vampir in schlechter Gesellschaft
nicht. Er ist mir ein Trost«, sagte Tallulah, und als sie abwinkte, sah ich die kleinen Altersflecken auf ihren schönen Händen. Abgesehen davon hatte sie sich nicht verändert. Ihr schwarzes Haar, das eine einzige weiße Strähne zierte, verlieh ihr ein sehr würdevolles Aussehen, und wegen ihrer ernsten Miene hielt sie manch einer fälschlicherweise für eine harte, gefühllose Frau. »Sir Edward sagt, ich soll mich nach einem neuen Hund umsehen, aber dazu bin ich noch nicht in der Lage.«
»Sir Edward hat meines Wissens noch nie falschgelegen, aber ich verstehe, wie dir zumute ist. Als ich vierzehn war, starb mein alter Labrador, und ich habe Jahre gebraucht, um darüber hinwegzukommen. Erst als ich Tesla bekam, habe ich überhaupt wieder an ein Haustier gedacht. Nicht, dass man ein Pferd als Haustier bezeichnen kann … «
Sie lächelte und wirkte gleich viel weniger unnahbar. Ich hatte einmal gehört, sie stamme aus einer hoch angesehenen Roma-Familie, was ich ohne Weiteres glaubte. Dass sie allabendlich zu toten Verwandten von Marktbesuchern Kontakt aufnahm und ihr Freund ein Geist war, machte das Bild perfekt. »Wie geht es Tesla?«
»Laut Mikaela geht es ihm gut. Er hatte wohl ein kleines Hufproblem, aber das wurde rasch behoben. Ich hoffe, ich kann ihn in den nächsten Tagen sehen. Er fehlt mir.«
»Du ihm bestimmt auch. Du solltest ihn über deinem Gerechtigkeitsfeldzug nicht vergessen«, sagte sie. Ich blinzelte verdutzt.
»Äh … « Bevor ich nachhaken konnte, wie sie das gemeint hatte, schloss sie bereits die Tür. Ich hasste es, so abgefertigt zu werden! Ich seufzte und machte mich auf den Weg zu dem Wohnwagen von Peter. Als ich ihn erreichte, kamen er und Imogen gerade vom Parkplatz.
»Bist du sicher?«, fragte Imogen, schenkte mir ein knappes Lächeln und sah Peter wieder an.
»Ich selbst habe ihn nicht gesehen, aber Karl schon. Und ja, ich habe ihn gefragt, und er ist sich sicher.«
»Stimmt etwas nicht?«, fragte ich, denn Imogen runzelte die Stirn, was sie normalerweise nie tat, weil sie Angst vor Falten hatte.
»Karl hat gesagt, er habe hier auf dem Markt einen Lich gesehen«, erklärte Imogen und schaute argwöhnisch über meine Schulter. »In der Nähe meines Wohnwagens.«
»Einen was ?«
»Einen Lich. Ich habe keine Ahnung, warum er sich für mich interessieren könnte. Mähren sind keine Bedrohung für Liche, und in letzter Zeit habe ich auch keinen Nekromanten getroffen.«
»Einen Ilargi denn?«, fragte Peter. »Oder einen Vespillo? Die arbeiten beide mit Lichen.«
»Nein, einen Ilargi würde ich doch sofort erkennen!«
»Nun, ich lasse auf jeden Fall die Sicherheitsmaßnahmen verstärken«, sagte Peter und ging davon, um sich mit Kurt und Karl zu beraten, die für den Schutz der Marktleute und der Besucher zuständig waren.
»Was ist denn ein Ilargi? Und was ein Vespillo ist, weiß ich auch nicht.«
»Sie haben beide mit Lichen zu tun.«
»Das habe ich begriffen. Aber was ist ein Lich? Klingt für mich ziemlich nach Dungeons & Dragons .«
»Komm mit. Ich brauche einen Tee.« Ich folgte Imogen in ihren Wohnwagen und setzte mich an den kleinen Tisch, während sie im Küchenbereich herumhantierte und den Wasserkocher einschaltete. Dann stellte sie mir einen Teller mit Gebäck hin. »Ich sehe mal kurz nach, ob Günter zurück ist«, sagte sie.
Ich leckte mir gerade die Himbeermarmelade von den Fingern, als sie wieder aus dem Schlafzimmer kam. »Das ist aber merkwürdig.«
»Was ist?«
Sie blieb einen Moment unentschlossen stehen, dann setzte sie sich mir gegenüber. »Er ist immer noch nicht zurück. Das verstehe ich nicht. Er hat nichts davon gesagt, dass er länger fortbleibt.«
»Dein Freund ist auch weg?«
»Anscheinend«, sagte sie nachdenklich und nahm sich ein Stück Baklava. »Ein Lich ist übrigens der Diener eines Nekromanten oder eines Ilargi.«
Ich seufzte, sammelte ein paar Krümel von meinem Shirt und legte sie auf den Teller. »Und was ist ein Nekromant?«
»Jemand, der Liche beschwört.«
Ich musste lachen. »Ich komme mir allmählich vor wie in einem Film mit Abbot und Costello.«
Mein Gelächter schien sie zu überraschen, und sie sah mich derart durchdringend an, dass ich das unangenehme Gefühl hatte, sie schaute mir direkt in die Seele. »Du bist nicht mehr in Sorge.«
»Ganz im Gegenteil! Ich mache mir große Sorgen um meine Mutter. Ich wüsste zu gern, wer ihr Don Juan ist.«
»Ja, natürlich, aber du leidest nicht mehr so wie gestern. Da
Weitere Kostenlose Bücher