Ein Vampir ist nicht genug - Roman
sprang mit trotzig rotem Kopf vor die Kamera. Ich hätte gedacht, dass er losbrüllen würde, aber er riss sich erstaunlich schnell am Riemen. Er fuhr sich sogar mit seinen Wurstfingern durch das graublonde Haar und rückte sein dunkelblaues Jackett zurecht. Ach ja, die Magie des Fernsehens.
»Sie sind eine sehr direkte Frau, nicht wahr?«, fragte er. »Nun, dann werde ich auch mal direkt sein. Was Sie in den nächsten paar Minuten tun, wird darüber entscheiden, ob Ihr junger Freund stirbt oder nicht. Sehen Sie, wir haben einen cleveren kleinen Apparat an der Unterseite seines Stuhls befestigt. Wenn sein Gewicht den Stuhl verlässt, wird er explodieren, und Sie beide, den Klub und fast den gesamten Häuserblock zerstören. Denken Sie nur an all die unschuldigen Opfer.«
»Weiter.«
»Wir können den Apparat von hier aus vorübergehend entschärfen, aber nur für die zehn Sekunden, die es braucht, damit Sie mit ihm Platz tauschen können.«
Drecksack. »Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Ihre Geschichte überprüfe, oder?«
Er strahlte mich an, als hätte ich ihm gerade dabei geholfen, eine Wette zu gewinnen. Seine Wangen zitterten genüsslich, was mich an die Bulldogge in einem alten Zeichentrickfilm erinnerte. Würde er wohl in den Raum galoppiert kommen, wenn ich rief: »Oh, Belvedere, hierher, mein Junge!«? Ich verkniff mir ein Grinsen, als er sagte: »Natürlich nicht, bitte schön.«
Also kniete ich mich in den Staub des Speichers vom Club Untot und spähte unter den Stuhl. Jepp, eindeutig eine Bombe. Ich hatte ähnliche Konstruktionen im Handbuch zur Bombenentschärfung gesehen, im Kapitel »Nichts wie weg von hier!«. Obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass Bozcowski übertrieben hatte, was ihre Sprengkraft anging - sie enthielt wohl gerade mal genug Sprengstoff, um das oberste Stockwerk des Gebäudes zu zerstören -, würde sie doch immer noch Cole töten und alle Leute, die man inzwischen wieder nach oben geschafft hatte. Kein akzeptables Szenario. Ich fühlte mich, als würde ich in Treibsand stecken - jeder Fluchtversuch würde uns nur schneller versinken und schneller sterben lassen.
Ich stand wieder auf. Meine Gedanken kreisten nur um ein einziges Wort - lauf, lauf, lauf - und spielten die passende Hintergrundmusik von Pink Floyd dazu. In meinen Ohren begann es zu rauschen, und das hatte nichts mit dem umfunktionierten Hörgerät zu tun. Als Nächstes kam die Dunkelheit; sie kroch wie ein Straßenköter in mein peripheres Gesichtsfeld, ließ mein Gesicht kribbeln und meine Augen tränen. Aus reinem Instinkt versteifte ich mich, um Widerstand zu leisten. Es fühlte sich zu sehr nach Kontrollverlust an, als würde ich von einer anderen, mächtigeren Persönlichkeit ergriffen.
Ich sah auf Cole, und mein Herz stimmte seinen ganz
eigenen Gesang an. Bring ihn raus. Bring ihn in Sicherheit. Was auch immer es kostet. Was auch immer es kostet. Was auch immer …
Ich senkte den Kopf und schloss die Augen. Ohne die Ablenkung der Sicht spürte ich, wie die Dunkelheit über meiner Psyche hing wie ein drohender Sturm. Ich widerstand dem Drang, wegzulaufen. Ich ließ sie nicht ein. Ich hörte nur zu. Und sofort klang es nicht mehr wie der Atlantik, der während des Hurrikans Barney gegen Floridas Küsten peitscht, sondern mehr wie … eine Stimme. Sie sagte nur: »Lass dich gehen«, aber die Worte hatten eine tiefere Bedeutung und zeigten mir genau, was ich zu tun hatte. Ich erkannte diese Stimme. Sie gehörte zu dem goldenen Wesen, das mich ins Leben zurückgeholt hatte. Um zu kämpfen.
Ich hob den Kopf und öffnete die Augen, wobei ich Bozcowski bei einem so gierig-erwartungsvollen Blick erwischte, dass er mich sofort an den Bösewicht erinnerte, der mich in meinen kindlichen Alpträumen verfolgt hatte, an den Entführer aus Tschitti Tschitti Bäng Bäng .
»Warum ich?«, fragte ich.
»Frühere Erfahrungen haben uns gelehrt, dass wir ein freiwilliges Opfer benötigen. Indem Sie Coles Platz einnehmen, ist die Freiwilligkeit gewährleistet. Außerdem beendet es die Ärgernisse, die Sie verursacht haben.« Als wäre ich ein einfacher Nagel. Aber es verleiht einem Macht, so unterschätzt zu werden.
Ich wandte mich an Assan. »Deshalb hat es also nicht funktioniert, als Sie in Indien Amandas Bruder benutzt haben, wie? Er war kein freiwilliges Opfer. Es schadet eben nie, das Kleingedruckte zu lesen, Blödmann.«
Assan schielte fast vor Wut über diese Respektlosigkeit, doch irgendetwas lenkte seinen
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