Ein Vampir ist nicht genug - Roman
morgens vor der Arbeit joggten, um sich in Form zu halten? Hmmm, sicher nicht so ab
wegig. Bis ich den Wagen hereingerollt, die Tür verschlossen und den Tisch gedeckt hatte, war ich zu der Entscheidung gelangt, dass die gesamte Belegschaft sich morgens auf dem Speicher traf, um Leibesübungen zu machen, und dass sie alle, egal, ob Zimmermädchen, Koch oder Hausmeister, dabei einheitliche pinkfarbene Gymnastikanzüge trugen.
Nacheinander hob ich die Deckel von den verschiedenen Tellern und applaudierte jeder der Speisen. Teller Nummer Eins enthielt drei kleine Pfannkuchen mit einem Klacks Butter und einem Minikrug Ahornsirup. Auf Teller Nummer Zwei machte sich ein Pilzomelette breit, und Teller Nummer Drei war mit vier Scheiben extra knusprigem Speck belegt. Außerdem hatte Vayl Kaffee und ein großes Glas Orangensaft bestellt. Ich erhob meinen Becher in Richtung seiner geschlossenen Schlafzimmertür und sagte: »Auf dich, Boss. Mögest du niemals erkennen, wie sehr ich dich eigentlich mag.«
Während ich das beste Frühstück verspeiste, das ich seit Monaten zu mir genommen hatte, plante ich meinen Nachmittag. Da alles, was mit Assan zu tun hatte, in Vayls Bereich fiel, verschob ich die ganze Sache und wandte mich unserem dringlicheren Problem zu. Vier ziemlich gut informierte Killer, auch wenn sie als religiöse Fanatiker getarnt waren, tauchten nicht einfach so auf und versuchten, zwei Angestellte der CIA zu ermorden. Ich war mir zwar nicht ganz sicher, wie sie uns überhaupt auf diesem Highway aufgespürt hatten, aber ich hatte da so eine Theorie. Irgendjemand musste ihnen gesteckt haben, dass wir hinter Assan her waren, also hatten sie wahrscheinlich einfach sein Haus beobachtet, bis wir aufgetaucht waren. Dieser Jemand war ein großes Risiko eingegangen, denn nur eine Handvoll Leute wusste überhaupt,
dass es uns gab. Das waren Pete, die drei Senatoren im Aufsichtsausschuss unserer Abteilung, Bergman und die Frau, die ich jetzt anrufen würde.
Unser Telefon mit der sicheren Leitung war noch dort, wo ich es gestern Abend hingelegt hatte; neben dem Laptop vor dem leeren Stuhl, der mir an meinem Frühstückstisch gegenüberstand. Ich schluckte den letzten Bissen runter und benutzte das Gerät, um Martha anzurufen. Sie hob beim ersten Klingeln ab.
»Demlock Pharmaceuticals«, sagte sie mit ihrer rauen Altstimme. Sie hatte in ihrem Leben nicht eine einzige Zigarette geraucht, doch das hätte man bei ihrer Stimme nie vermutet.
»Ich möchte eine Bestellung aufgeben.«
»Bitte bleiben Sie dran.«
Wenig später war Martha wieder am Apparat, diesmal auf einer Leitung, die von ihrer Seite aus genauso sicher war wie von meiner.
»Was kann ich für dich tun, Süße?«
Petes Sekretärin nannte mich »Süße«. Wie cool war das denn? Aber natürlich konnte sie sich so ziemlich alles erlauben. Sie mochte ja eine ein Meter vierzig große Großmutter mit kaffeebrauner Haut und schneeweißen Haaren sein, aber sie konnte dich mit einem Blick im Boden versenken. Ich hatte sie einmal danach gefragt. Sie erklärte mir, das liege daran, dass sie sieben Kinder großgezogen habe, die unter dem Blick immer noch in sich zusammenfielen wie welker Salat. Wobei es keine Rolle spielte, dass ihre Kinder alle fertig studiert hatten, einer sogar einen Doktor der Medizin vorweisen konnte. Sie alle akzeptierten sie als das unangefochtene Oberhaupt des Evans-Clans. Zum Glück war da noch ihr sanftmütiger Ehemann Lawrence, der dafür sorgte, dass ihre Herrschaft
nicht in Faschismus ausartete. Lawrence verbrachte seine Wochentage als Lehrer am Baptistenseminar, und am Wochenende rettete er Seelen in der Hope Baptistenkirche, die am Ende der Straße lag, in der ich wohnte. Was für ein liebenswerter Mann. Und großzügig, nicht so wie einige andere Kerle, von denen ich einen gleich nennen würde.
»Hey, Martha, ich muss mit Pete sprechen. Ähm, wie ist er denn heute so drauf?«
»Genervt. Aber das ist typisch.« Sie seufzte. »Heute Morgen habe ich ihm erzählt, dass die anderen Abteilungsleiter eine Wette über die Art seines Ablebens laufen haben. Die Quoten stehen zwei zu eins für einen Herzinfarkt hier im Büro. Der Mann weiß einfach nicht, wie man sich entspannt!«
Autsch. Sollte er wirklich sterben, wäre das ein weiterer Packen Schuld in dem Sack, den ich mit mir herumtrug. Kein schöner Gedanke. »Du solltest ihn dazu überreden, mal ein Angelwochenende zu machen, oder so etwas.«
»Das könnte ich tun. Aber das würde nur
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