Ein Vampir und Gentleman: Argeneau Vampir 7
an, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Es wäre sinnlos, Ihnen das jetzt zu sagen. Sie haben zum ersten Mal seit Jahren Alkohol getrunken, und vermutlich muss ich das alles noch einmal erzählen, wenn Sie am Abend aufwachen.” Als sie den Mund aufmachte, um dagegen zu protestieren, versicherte er ihr sofort: „Ich werde Ihnen alles erklären, nachdem Sie sich ausgeschlafen haben.” Als sie sich resigniert auf ihrem Platz nach hinten sinken ließ, lächelte er flüchtig und fügte an: „Apropos ausschlafen. Ich sollte Sie jetzt besser ins Bett gehen lassen.”
Er stand auf und ging zur Tür. Elvi folgte ihm, wobei ihr Blick wie aus eigenem Antrieb zu seinem Po wanderte. Sie zwang sich, ihre Augen auf seinen Kopf zu richten, da er sich soeben zu ihr umdrehte. „Bevor ich gehe, müssen Sie mir allerdings eine Frage beantworten.”
„Ja, bitte?”, fragte sie neugierig.
„Wer war Ihr Schöpfer?”
Sie legte die Stirn in Falten. „Was genau ist ein Schöpfer?”, gab sie ratlos zurück. „Sie und Allessandro haben dieses Wort benutzt, aber ich weiß nicht, was es zu bedeuten hat.”
„Es bezeichnet denjenigen, der Sie geschaffen hat”, erläuterte er.
„Derjenige, der Sie zu einer Unsterblichen machte.”
„Oh.” Sie lächelte flüchtig, da es ihr so vorkam, als habe sie diese Formulierung schon einmal gehört, vermutlich nach ihrer Rückkehr aus Mexiko, als sie und Mabel sich über Vampire informiert hatten. Da es auf sie nicht zutraf, war es wohl in Vergessenheit geraten. Als sie merkte, dass er auf eine Antwort wartete, schüttelte sie den Kopf. „Ich hatte keinen Schöpfer.”
Victor sah sie verdutzt an. „Sie müssen einen Schöpfer haben.... es sei denn.... ” Er verstummte kurz, dann fragte er zweifelnd: „Sie wurden doch nicht als Unsterbliche geboren, oder?”
Seine Frage brachte sie zum Lachen. „Nein, natürlich nicht. Vor fünf Jahren hatte ich noch graue Haare und Falten”, beteuerte sie. „Aber niemand war mein Schöpfer.”
„Jemand muss Ihr Schöpfer gewesen sein”, beharrte er.
Elvi sah an ihm vorbei zum allmählich heller werdenden Himmel, während ihre Gedanken automatisch in jene Zeit rund um ihren Tod zurückkehrten. Es war eine Zeit, die sie sich nicht gern in Erinnerung rief, und genau genommen lag das meiste davon hinter einem dichten Nebel verborgen. Das Einzige, was sich in ihr Gedächtnis eingebrannt hatte, war die Tatsache, dass sie wie von Sinnen Mabel gebissen und dabei fast umgebracht hatte.
„Mabel und ich waren nach Mexiko unterwegs”, sagte sie schließlich. „Wir wurden in einen Verkehrsunfall verwickelt, und einige Tage später bin ich als Vampir wieder aufgewacht.” Sie zwang sich zu einem Lächeln und rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her, da Victor sie nur verständnislos ansah. „Man könnte wohl sagen, ich bin zu meinen Fangzähnen gekommen wie die Jungfrau zum Kind.”
Dann wünschte sie ihm eine gute Nacht und schloss die Tür, bevor er noch etwas entgegnen konnte. Sie wollte nicht länger über diese Zeit in ihrem Leben nachdenken und erst recht nicht darüber reden. Als sie ins Schlafzimmer ging, verzog sie beim Anblick ihres Sarges den Mund. Ihr Kopf schmerzte leicht, und ihr Magen war ungewohnt voll, aber zum ersten Mal seit Jahren fühlte sie sich richtig entspannt, was sie dem Wein zu verdanken hatte. Und sie kam sich nicht mehr ganz so sehr wie ein Freak vor, da sie von so vielen Männern umgeben war, die ihr Schicksal teilten. Wenn sie bloß nicht in dieser verdammten Kiste hätte schlafen müssen.
Sie ging ins Badezimmer und wusch sich flüchtig, auch wenn sie am liebsten ein ausgiebiges Bad genommen hätte. Doch es war bereits zu spät dafür, da sie fürchtete, in jenen Halbtod zu fallen, der Vampire offenbar ereilte, wenn sie dem Tageslicht ausgesetzt wurden. Bislang hatte sie es noch nie gewagt, über den Sonnenaufgang hinaus aufzubleiben, und heute Nacht würde sie dieses Risiko auch nicht eingehen. Aber morgen konnte sie Victor fragen, was ihr alles möglich war.
Während sie die Seife abspülte, stutzte Elvi, da ihr erst jetzt bewusst wurde, dass sie jeden der Männer nach diesen Dingen fragen konnte. Sie alle waren Vampire, also wussten sie auch alle, was sie tun konnte und was nicht. Aus einem unerklärlichen Grand kam ihr nur immer Victor als Erster in den Sinn, wenn es um ihre Fragen ging. Vielleicht fiel ihr der Umgang mit ihm auf eine Weise leicht, an die die anderen noch nicht heranreichen konnten, oder es
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