Ein Vampir und Gentleman: Argeneau Vampir 7
entgegennahm.
Sie steckte es in die Tasche, im gleichen Moment nahm Victor seine andere Hand nach vorn und ließ erkennen, dass er eine halb volle Weinflasche und zwei zerbrechlich aussehende Gläser mitgebracht hatte, die er alle irgendwie zwischen seine Finger geklemmt hatte. „Mehr ist nicht übrig geblieben. Es wäre eine Schande, diesen Best wegzuschütten, denn für zwei Gläser sollte das eigentlich noch reichen.”
Beinahe hätte sie ihn weggeschickt und die Tür zugemacht, um das Unbehagen zu vermeiden, das sie in seiner Gegenwart verspürte. Doch da waren so viele Dinge, die sie wissen wollte.... und so unbehaglich ihr seine Nähe auch war, verspürte sie zugleich das Verlangen, bei ihm zu sein. Sie nahm ihm die beiden Gläser ab und machte Platz, damit er eintreten konnte.
„Es ist schön hier”, sagte er leise, als er sich auf der Glasveranda umsah.
Elvi folgte seinem Blick, der über die Korbmöbel wanderte. Es war dunkel, das einzige Licht kam durch die offene Tür zu ihrem Schlafzimmer, doch der schwache Schein genügte, um genug zu erkennen. Vermutlich hatte er sie deshalb auch am Fenster stehen sehen.
„Wie fühlen Sie sich?”, fragte er, setzte sich auf die Couch und bedeutete ihr mit einer Geste, sie solle ihm die Gläser geben.
„Leicht beschwipst”, gestand Elvi ihm. „Ich habe seit fünf Jahren keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken, darum ist mir der Wein zu Kopf gestiegen. Ich glaube, ich sollte besser nicht noch mehr trinken.”
„Ein Glas mehr ist nicht so schlimm”, erwiderte er ruhig und schenkte ein, reichte ihr ein Glas und lehnte sich zurück, um sie anzusehen.
Die Stille im Raum, während sie beide von ihrem Wein tranken, machte Elvi zu schaffen. Sie war sich seiner Nähe so sehr bewusst, und dann war da auch noch dieser köstliche männliche Geruch, der von ihm ausging. Sie wusste nicht, welches Rasier-wasser er benutzte, aber sie hätte gern diese Marke gekauft und ein wenig davon in ihrem Sarg verteilt, damit sie ihr Gesicht in das Satinkissen drücken und dieses Aroma einatmen konnte, wenn sie schlief.
„Es ist nicht zu übersehen, dass versäumt wurde, Ihnen zu erklären, was Sie als Unsterbliche tun können und was nicht. Wie kommt das?”
Victors plötzliche Frage ließ sie das Aftershave vergessen, und sie setzte sich unwillkürlich gerader hin. Es war nicht zu übersehen, dass man ihr nicht erklärt hatte, was sie tun konnte? Gab es etwa so etwas wie einen Ausbilder für Vampire? So wie bei einem Kurs an der Volkshochschule?
„Wie meinen Sie das?”, entgegnete sie schließlich, während ihr bewusst wurde, dass sie genauso ahnungslos wirkte, wie sie es auch war. „Wodurch habe ich mich verraten?”
Victor hob eine Braue. „Zum Beispiel durch Ihre irrige Ansicht, Sie könnten außer Blut nichts zu sich nehmen.”
„Ach ja.” Sie wurde rot. Das musste wohl wirklich ein sehr offensichtlicher Punkt gewesen sein, aber Mal ehrlich: Woher sollte sie wissen, was sie tun konnte? In Filmen und Fernsehserien sah man immer nur Vampire, die Blut tranken, aber keinen, der eine Tasse Kaffee trank oder einen Burger aß. Jedenfalls nicht in Filmen und Serien, die sie und Mabel gesehen hatten, nachdem Elvi gewandelt worden war und sie recherchiert hatten, was es über Vampire zu wissen gab.
„Und”, fuhr Victor ernst fort und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich zurück, „Ihnen ist wohl auch nicht klar, dass es gegen unsere Gesetze verstößt, Sterbliche zu beißen.”
Elvi verkrampfte sich vor Schreck. „Was? Wir haben Gesetze?”
Victor nickte finster. Ihre Gedanken überschlugen sich, während sie stocksteif dasaß. Gesetze bedeuteten, dass es irgendeine Art von Organisation gab. Und dass es mehr von ihrer Art gab, als sie gedacht hatte. Noch mehr Fragen kamen ihr in den Sinn, aber die Sache mit dem Verstoß gegen ein Vampirgesetz besaß Vorrang vor allem anderen. Elvi hatte in ihrem ganzen Leben noch nie ein Gesetz übertreten, sie hatte nicht ein einziges Mal falsch geparkt. Es gefiel ihr gar nicht, unwissentlich ein Gebot missachtet zu haben.
„Mir war nicht klar, dass das gegen unsere Gesetze verstößt”, entgegnete sie rasch. „Ich wusste ja nicht mal, dass es überhaupt solche Gesetze gibt. Ich war mir nicht mal sicher, ob es eigentlich andere so wie mich gibt.”
„Das habe ich befürchtet.” Victor fluchte leise.
„Sie reden immer von Gesetzen, also im Plural”, sagte sie leise. „Welche anderen Gesetze gibt es noch?”
Victor setzte
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