Ein Vampir und Gentleman: Argeneau Vampir 7
„Stattdessen sorgen sie die ganze Zeit dafür, dass unsere Körper hinsichtlich Gesundheit, Kraft und Alter in Bestform bleiben.”
„Aber das heißt auch, dass die Nanos sich selbst permanent vermehren und reparieren”, fügte Victor hinzu. „Sie benötigen viel Blut, mehr Blut, als der Körper selbst produzieren kann, also entwickeln sie uns so weiter, dass sie bekommen, was sie brauchen, um uns bei bester Gesundheit zu halten.”
„Die Fangzähne”, sagte Elvi und strich mit der Zunge über ihre Zähne.
„Außerdem sind wir kräftiger und schneller, und wir sehen und hören besser als Sterbliche. Dazu noch die Gedankenkontrolle.... ” Victor nickte. „Alles, womit unsere Fähigkeiten verbessert werden können, damit wir an dieses zusätzlich benötigte Blut kommen.”
Nanos, dachte sie. Keine entrissene Seele, sondern Nanos, die irgendwie in ihren Blutkreislauf gelangt waren. Aber wie? Hatte sie nach dem Unfall verseuchtes Blut erhalten? Sie konnte sich nur an den Unfall erinnern, und dann war sie blutüberströmt in ihrem Hotelzimmer aufgewacht, die Fangzähne tief in Mabels Hals vergraben. Bei dieser Erinnerung, die sie mehr als alles andere zu vergessen versuchte, überlief sie ein Schauder. Diese Episode, als der rasende, alles beherrschende Hunger sie erfasst und sie hatte Dinge tun lassen, zu denen sie sich unter normalen Umständen niemals hätte hinreißen lassen, war für sie Beweis genug gewesen, dass sie verflucht und seelenlos war.
Sie hatte seitdem unter schier unerträglichen Schuldgefühlen gelitten, doch wenn sie jetzt darüber nachdachte, waren gerade diese Schuldgefühle doch eigentlich Beweis genug dafür, dass sie immer noch ihre Seele besaß. Ein seelenloser Dämon würde doch keine Reue wegen seines Verhaltens empfinden, oder etwa doch? Wow. Sie hatte das alles völlig falsch verstanden. Sie war nicht seelenlos, sie konnte ganz normal essen. Was war ihr sonst noch möglich?
„Was ist mit Tageslicht?”, fragte sie plötzlich. O Gott, bitte!, dachte sie verzweifelt. Lass mich weder die Sonne sehen. Ihr Garten war stets ihre Zuflucht gewesen, in die sie sich zurück-ziehen konnte, wenn sie den Problemen entkommen und sich entspannen wollte. Dort konnte sie die Erde umgraben, dort war sie von den Düften der Blumen und Kräuter umgeben gewesen.
Das fehlte ihr doch sehr.
„Tageslicht kann ein Problem darstellen”, räumte Victor ein. „Aber nur insoweit, als Sonnenlicht die Haut schädigt. Das heißt, die Nanos bekommen mehr Arbeit, und damit benötigen sie mehr Blut.”
„Aber ich kann am Tag nach draußen gehen?”
„Ja, allerdings würde ich das über längere Zeiträume hinweg nicht empfehlen, und Sie müssten mehr Blut zu sich nehmen”, machte er ihr mit Nachdruck klar.
Das war Elvi egal. Sie würde ein ganzes Fass voll Blut austrinken, wenn sie dafür wieder die Sonne auf ihrem Gesicht spüren konnte. Was gab es noch? Auf was hatte sie in den letzten fünf Jahren noch verzichtet, weil sie dachte, Vampire dürften dieses oder jenes nicht tun? „Also können wir essen und rausgehen.... ” Sie sah Victor an und ergänzte: „Und religiöse Objekte haben uns auch nichts an?”
Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Wir können essen, wir können in der Sonne spazieren gehen. Wir können in die Kirche gehen, Kreuze berühren und ins Weihwasserbecken greifen, ohne dass wir in Flammen aufgehen. Wir schlafen nicht in Särgen, die mit Erde ausgelegt sind, wir haben ein Spiegelbild.... ” Er hielt inne und sah die anderen an. „Habe ich noch irgendeinen von diesen albernen Mythen vergessen?”
Die Männer schüttelten den Kopf, aber Elvi achtete kaum noch auf sie. Ihr Verstand kreiste längst nur noch um eine Bemerkung. Wir schlafen nicht in Särgen, die mit Erde ausgelegt sind. Diese Worte hörten sich in ihren Ohren wie ein wundervolles Lied an. Kein Sarg! Sie konnte in einem Bett schlafen! In einem großen, weichen, bequemen Bett, das keinen Deckel hatte. Mit Dutzenden von Kissen und einer Daunendecke und....
Abrupt stand sie auf. „Ich muss los.”
„Was ist?”, fragte Victor, der sie genauso verblüfft ansah wie die anderen.
„Ich muss los”, wiederholte sie und schaute zur Uhr. Ihr blieben noch dreißig Minuten, bis das Möbelgeschäft Feierabend machte, und sie würde auf keinen Fall bis morgen warten, um sich ein Bett zu kaufen.
Sie fuhr auf dem Absatz herum und stürmte zur Treppe. Sie brauchte ihre Handtasche, darin befanden sich die
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