Ein Vampir und Gentleman: Argeneau Vampir 7
zuvor in den letzten fünf Jahren. Sie konnte sich daran erinnern, wie ein Tropfen nach dem anderen auf ihre Zunge fiel und ihre Kehle hinunterlief. „Ich machte die Augen auf und.... da hing dieser junge Mann über mir.”
Sie spürte, wie sich Victor weiter vorbeugte und sich anspannte. „Er hing über dir?”
„Der Van lag auf der Seite”, betonte sie. „Der Gurt hielt ihn in seinem Sitz fest, darum hing er über uns.” Elvi konnte die Szene so lebhaft vor sich sehen, dass sie unwillkürlich zusammenzuckte und die Augen aufschlug, um das Bild zu vertreiben. „Er war bei dem Unfall verletzt worden.... und das ist auch der Grund, weshalb ich wusste, es war ein Traum. Mabel sagte nämlich, dass sie ihn nach dem Unfall gesehen hatte und er unverletzt gewesen sei.”
„Lass das jetzt mal außer Acht”, drängte Victor sie. „Ich möchte, dass du wieder die Augen schließt und dir die Szene vorstellst. Was genau hast du gesehen?”
Widerstrebend fügte sie sich ihm und tauchte in die Erinnerung ein, so unangenehm sie auch war. „Er hatte die Augen geschlossen, und ich hielt ihn für tot. Aus seinem Bauch ragte eine große Glasscherbe heraus, aus der Schulter ebenfalls. Die hatte ihm fast den Arm abgetrennt, und das Blut lief ihm über die Hand und tropfte.... ”
„In deinen Mund”, führte Victor ihren Satz zu Ende.
Elvi sah ihn verwundert an: „Ja, genau.”
„Du bist tatsächlich zu deinen Fangzähnen gekommen wie die Jungfrau zum Kind”, bestätigte er mit einem flüchtigen Grinsen.
„Mich überrascht nur, dass er erkannt hat, was geschehen war, als er aufwachte und dich Blut trinken sah.”
„Ich glaube, er hat davon gar nichts mitgekriegt. Mabel sagt, sie hat mich aus dem Van und weg von den anderen gebracht, als ihr klar wurde, dass mit mir etwas nicht stimmte.”
„Das war sehr mutig von ihr”, erklärte Victor ernst. „Vor allem, wenn sie eine Ahnung hatte, was aus dir geworden war.”
„Ja”, pflichtete Elvi ihm bei. „Sie ist eine gute Freundin. Sie hat mich ins Hotel gebracht, hat mir das Blut beschafft und Teddy angerufen, damit er per Kurier Caseys Ausweis nach Mexiko schickte.”
„Den Ausweis deiner Tochter?”
„Ja. Mabel wollte mit mir sofort nach Hause fliegen, aber auf dem Foto in meinem Ausweis bin ich grauhaarig und faltig.... ”
„Und so hast du nicht mehr ausgesehen”, murmelte er.
Elvi nickte. „Ich glaube, ich hätte das nicht überlebt, wenn Mabel nicht für mich da gewesen wäre. Sie hielt mich am Leben, sie brachte mich nach Hause, redete mit Teddy und einigen anderen Leuten, um die Gemüter zu beruhigen, damit niemand mich pfählen würde.” Sie grinste. „Irgendwie gelang es ihr, es in der Stadt wie ein großes Abenteuer darzustellen, aber nicht wie eine Horrorgeschichte. Mich machte sie zur tragischen Heldin, nicht zum Monster.”
„Aber du kamst dir wie ein Monster vor, oder?”, fragte er ruhig.
„Ja, denn ich hätte sie fast umgebracht.”
„Du warst zweifellos nicht Herrin deiner Sinne, und das wusste sie. Wären eure Rollen vertauscht gewesen oder wäre Casey an diesem Tag gewandelt worden, wie würdest du dann empfinden?”
Sie stieß einen zittrigen Seufzer aus. Mit den Schuldgefühlen angesichts dieses Zwischenfalls plagte sie sich inzwischen seit über fünf Jahren herum, und sie würden nicht über Nacht verschwinden. Aber sie wollte auch nicht darüber nachdenken. Vielmehr wurde es Zeit, das Thema zu wechseln.
„Bist du schon bereit, über das zu reden, was sich zwischen uns abgespielt hat?”, fragte Victor aus heiterem Himmel, woraufhin sie ihn beunruhigt ansah. Das war ganz sicher nicht das Thema, zu dem sie wechseln wollte. Über die Möglichkeit, dass sie beide Lebensgefährten sein könnten, wollte sie im Moment nicht reden. Da ihr trotz hektischen Überlegens nichts einfiel, worüber sie sich mit ihm unterhalten konnte, beugte sich Elvi vor und küsste ihn. Ihrer Erfahrung nach war das immer eine gute Lösung, um einen Mann zum Schweigen zu bringen. Zumindest hatte es bei ihrem Ehemann stets gewirkt. Und bei Victor zeigte ihre Taktik ebenfalls die gewünschte Wirkung, da er ihre Taille umfasste und sie zu sich auf seinen Schoß zog.
Sie lächelte ihn an, legte die Arme um seinen Hals - und dann bäumte sie sich auf, als sie einen stechenden Schmerz zwischen ihren Schulterblättern spürte, der ihr den Atem nahm und sie bewusstlos werden ließ.
„Elvi?”, fragte er irritiert, als sie in seinen Armen
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