Ein Vampir zum Vernaschen: Argeneau Vampir 3
wissen, wie wenig sie vor die Tür kam. Offensichtlich hatte er das Interesse an der Leidenschaft verloren, die sie kurz miteinander geteilt hatten.
Er hatte seit diesem ersten Abend und dem Morgen danach nichts mehr versucht. Das war am Dienstag und Mittwoch gewesen. Jetzt war es Freitagabend, und einmal abgesehen davon, ihr beruhigend die Hand zu halten, hatte Lucern nichts mehr getan, um ein weiteres derartiges Ereignis herbeizuführen. Selbstverständlich hatte sie ebenfalls nicht die Initiative ergriffen, musste Kate zugeben. Sie betrachtete ihn nachdenklich. Vielleicht....
„Du gehst ins Bett, sobald wir ins Zimmer kommen. Und ich will dich vor sieben Uhr morgen früh nicht mehr sehen. Das bedeutet zehn Stunden Schlaf. Die brauchst du unbedingt”, erklärte Lucern entschlossen und riss sie damit aus ihren Gedanken, als sie aus dem Fahrstuhl kamen.
Kate seufzte innerlieh. Bei ihm gab es kein „Vielleicht”; der Mann hatte kein Interesse mehr daran, mit ihr zu schlafen, und er hatte gerade dafür gesorgt, dass sie auch selbst nicht auf die Idee kommen würde. Waren diese ersten beiden leidenschaftlichen Begegnungen nur auf sein Bedürfnis nach Blut zurückzuführen gewesen? Vielleicht hatte er sie bewusst verführt, weil er „einen Schluck nehmen” wollte. Vielleicht hatte sie bei den ersten beiden Malen seinen Mangel an echtem Interesse nicht wahrgenommen, weil sie so überwältigt gewesen war, und hatte nicht bemerkt, dass er sie bewusst erregte, um sie beißen zu können. Beim dritten Mal war ihr das sicher klar gewesen, aber nur, bis dieser geübte, entschlossene Angriff auf ihre Sinne sie überwältigt hatte.
Vielleicht hatte sie ihn nur als Abendessen interessiert. Warum hatte sie etwas anderes gedacht? Und wann hatte das angefangen, so wichtig zu werden? Kate seufzte unglücklich, als sie ihre Suite betraten. Es war irgendwie enttäuschend, nichts weiter zu sein als eine Zwischenmahlzeit.
„Schlaf gut.” Lucern gab ihr einen sanften Schubs auf ihre Schlafzimmertür zu, und Kate ging ohne Widerspruch. Es gelang ihr noch, ihm murmelnd eine gute Nacht zu wünschen, bevor sie ihr Zimmer betrat, aber dabei ging es nur um ihren Stolz. Sie ließ die Schultern hängen und das Herz tat ihr weh, als sie anfing sich auszuziehen.
Lucern sah die Tür hinter Kate zufallen und runzelte die Stirn. Sie arbeitete so schwer, sie aß zu wenig und sie rackerte sich ab. Sie brauchte Ruhe. Sie musste mehr essen. Und vor allem musste sie sich entspannen. Er konnte sich viele Möglichkeiten vorstellen, ihr dabei behilflich zu sein. Leider musste sie für die meisten nackt sein, und er war nicht ganz sicher, ob sie das willkommen heißen würde, nun, da sie die Wahrheit über ihn wusste.
Nach seiner Erfahrung stieß es die meisten Frauen ab, dass er ein Vampir war. Kate war nicht die Erste, die im Laufe der Jahre sein Geheimnis erfahren hatte, und er hatte festgestellt, dass die Frauen häufig Angst vor ihm bekamen, wenn sie die Wahrheit erfuhren. Um sich selbst und seine Familie nicht zu gefährden, hatte er es oft auf sich nehmen müssen, ihre Erinnerungen zu verschleiern oder ihnen einzureden, dass die Enthüllung nur ein Traum war.
Kate wirkte jedoch nicht verängstigt. Sie schien sein Vampirdasein wie ein gewöhnliches Problem zu betrachten. Luc war ein Vampir, aber er war auch einer ihrer erfolgreichsten Autoren, und er brauchte Blut. Also musste sie ihm welches besorgen. Sie war sogar zu Intimitäten auf der Herrentoilette bereit gewesen, um ihm zu helfen. Davon abgesehen, hatte sie allerdings keinerlei Anzeichen von Interesse gezeigt.
Er erinnerte sich an seinen ersten Abend hier und an den ersten Morgen, an dem sie einander in Leidenschaft gefunden hatten. Aber das war gewesen, bevor Kate wusste, dass er ein Vampir war. Jetzt fand sie ihn vielleicht abschreckend.
Plötzlich bemerkte er, wie angespannt sein Nacken und die Schultern waren, und er zog die Lederjacke aus und warf sie über einen Stuhl. Er ließ erst eine Schulter kreisen, dann die andere, dann ließ er auch den Kopf kreisen und versuchte, die Muskeln dort zu entspannen. Das war Kates Schuld. Er hätte wirklich gerne gewusst, was sie dachte und wie sie zu ihm stand. Er wollte, dass sie ihn wollte. Unbedingt. Er verzog das Gesicht.
Was für ein törichter Gedanke! Kate war eine moderne Frau mit beruflichem Ehrgeiz und einem Job und Heim in New York. Sie hatte das Leben im verschlafenen Nebraska verlassen, um Arbeit bei einem Verlag anzunehmen.
Weitere Kostenlose Bücher