Ein verboterner Kuss
betrachtete die Hütte nachdenklich, als er absaß und sein Pferd an einem Baum festband. Auf einer Karte des Besitzes hatte er gesehen, dass sie als Ruine eingetragen worden war, doch diese Ruine war bewohnt. Eine dünne Rauchsäule stieg aus dem Schornstein, und auf der Leine zwischen den Bäumen hing Wäsche.
Er klopfte an die Tür. Eine ausgemergelte Frau öffnete ihm, ein Kleinkind klammerte sich an ihren Rock. Noch einige andere Kinder sahen ihn schüchtern an, sie mussten zwischen vier und acht Jahre alt sein. „Ist Billy Finn hier?“, fragte er die Frau.
Ihre Augen weiteten sich. „Billy?“, wiederholte sie argwöhnisch. Mit leicht flackerndem Blick sah sie zur Seite und schob das Kleinkind zurück in die Hütte. „Nein, Billy ist nicht hier.“ Sie log, dessen war Dominic sich ganz sicher.
„Er ist aber in diese Richtung hier gelaufen.“
Sie schüttelte den Kopf und zuckte die Achseln. Dominic betrachtete sie gründlicher. Billy hatte die Augen dieser Frau.
„Sie sind seine Mutter“, stellte er fest.
Sie nagte an ihrer Unterlippe und nickte schließlich. Ihre Miene wirkte plötzlich angespannt.
„Er hat das hier fallen gelassen“, sagte er und zog den Fisch hervor.
Die Wirkung hätte nicht dramatischer ausfallen können. Die Frau stöhnte auf und sah aus, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen. Sie klammerte sich an den Türrahmen. „Nein, nein, dieser Fisch gehört nicht Billy. Er hat ihn nicht angerührt, das verspreche ich Ihnen, Sir. So etwas würde er nie tun. Er ist jetzt oben im Schloss. Der Schlossherr hat ihm Arbeit gegeben“, stieß die Frau aus.
„Ich bin Lord D’Acre“, teilte er ihr mit, und sie stöhnte erneut auf. Sie wurde blass unter ihrer Bräune.
„O bitte, Mylord, nehmen Sie ihn nicht mit. Er ist ein guter Junge, mein Billy. O bitte, bitte, nehmen Sie ihn nicht mit ..." Zu Dominics Entsetzen warf sie sich ihm weinend zu Füßen und umklammerte seine Beine. „Bitte, Mylord, haben Sie Erbarmen, ich bitte Sie! Nehmen Sie meinen Billy nicht mit.“
Dominic gelang es, einen Schritt zurückzuweichen. „Gute Frau, ich habe keinerlei Absicht, ihn irgendwohin mitzunehmen.“
Sie lag immer noch weinend auf dem Boden. „Nicht meinen Billy, nicht meinen Jungen“, murmelte sie.
Dominic war entsetzt. Er warf einen Blick zu den Kindern, die ängstlich ihre Mutter beobachteten. „Ihr da, kommt her und helft eurer Mutter“, forderte er sie auf. Die Kinder sahen ihn an, dann liefen sie schreiend davon.
Dominic fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Litten sie hier alle unter irgendeiner Geisteskrankheit? War Billy der einzige Gesunde in seiner Familie?
Die Frau hob den Kopf, auf ihrem Gesicht spiegelte sich pure Verzweiflung. Sie kniete sich hin, befeuchtete nervös ihre Lippen und strich sich glättend über das Haar. „Ich tue alles, was Sie von mir verlangen, Mylord“, sagte sie zu ihm, „nur nehmen Sie mir bitte nicht meinen Billy.“
Großer Gott, die Frau bot sich ihm tatsächlich an! „Ich habe doch gar nicht vor, den verflixten Bengel mitzunehmen!“, brauste Dominic auf. „Und jetzt stehen Sie auf, um Himmels willen!“
Ängstlich gehorchte sie. Mit gesenktem Blick stand sie vor ihm, während ihr die Tränen immer noch über die Wangen strömten. Krampfhaft zerknüllte sie ihre Schürze mit den Händen.
„Beruhigen Sie sich doch“, verlangte er. Sie schluckte und versuchte, ganz ruhig zu wirken, aber sie war immer noch starr vor Angst.
Dominic seufzte. Mit betont langsamer, beschwichtigender Stimme sprach er auf sie ein. „Niemand wird hier irgendjemanden mitnehmen. Ich habe keine Ahnung, was ich Billy Ihrer Meinung nach antun sollte, aber was es auch ist, es stimmt nicht. Jetzt gehen Sie hinein und machen sich eine Tasse Tee.“ Furchtsam machte sie einen Schritt auf die Hütte zu. „Und hier, vergessen Sie den verdammten Fisch nicht“, fügte er hinzu und hielt ihr den Fang hin.“
„Nein! “, entfuhr es ihr. „Sie werden uns keine Beweismittel unterschieben!“
„Beweismittel?“ Dominic starrte sie an. Plötzlich ergab alles einen Sinn. „Sie glauben, ich bin wegen Schwarzfischerei hinter Billy her?“
„So etwas tut er nicht!“, blaffte sie ihn an.
„Beruhigen Sie sich, gute Frau. Das habe ich auch nicht behauptet, und außerdem ist er schließlich noch ein Kind, um Himmels willen!“
Sie starrte ihn mit schmerzvoller Eindringlichkeit an. „Sie ... werden ihn also nicht festnehmen und deportieren
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