Ein verboterner Kuss
Vater schlief, deshalb hatte sie eine Kanne Tee in den Salon bringen lassen.
„Ich? Ja, wahrscheinlich ... ich meine, ich hatte Sie mir ..." Er verstummte und räusperte sich. „Ja, ich war ein wenig überrascht.“
„Sie wollten sagen, Sie hatten sich etwas ganz anderes als mich vorgestellt, nicht wahr?“, entgegnete sie würdevoll. „Sie müssen mich sehr merkwürdig finden.“
„Nein“, widersprach Mr Netterton und nippte misstrauisch an seinem Tee. „Ich habe mich gefragt, warum mein Freund Dominic, den ich sonst für so klug halte, so dumm sein kann ... “
Melly nagte an ihrer Unterlippe. Sie musste langsam lernen, mit solchen unbedachten Kränkungen umzugehen.
„... mit jemandem wie Ihnen eine reine Zweckehe führen zu wollen. Was für eine Verschwendung.“
Melly schloss verlegen die Augen, weil er sogar die Bedingungen für diese Verbindung kannte. Das war für sie die schlimmste Demütigung - dass Lord D Acre sie nicht einmal als Zuchtstute wollte.
Und dann ging ihr plötzlich die Bedeutung seiner Worte auf. Sie sah Mr Netterton verblüfft an. „Sie meinen, es wäre eine Verschwendung?“, flüsterte sie.
„Allerdings, das meine ich.“ Er griff nach einem Plätzchen. „Jeder richtige Mann würde mir da zustimmen. Dominic ist ein Narr.“
13. Kapitel
Und hört, warum: Ich will euch jetzt erzählen, was nimmer ihr gehört, in Prosa noch Gesang.
John Milton
Dominic ging lächelnd und mit beschwingten Schritten zu seiner Besprechung mit Jake Tasker. Ihr Gesichtsausdruck, als er an ihren Zehen gesaugt hatte ... Er schmunzelte. Er würde sie in eine ganz neue Welt der Wonnen einführen.
Sein Lächeln erstarb jedoch, als er mit Tasker sprach. „Den Besitz besichtigen? Liebe Güte, nein! Das hat Zeit, bis Abdul hier ist.“
„Nein, Mylord“, beharrte Tasker. „Sie müssen den Besitz und die Menschen kennenlernen, die hier leben. Und die Leute müssen Sie kennenlernen.“
„Das wird Abduls Aufgabe sein. Die Pächter können sich mit ihm treffen. Ich möchte nur einfach auf dem Laufenden gehalten werden.“
Doch Tasker war aus härterem Holz geschnitzt. „So wie Ihr Vater von Mr Eades auf dem Laufenden gehalten wurde?“ Das war ein Schlag unter die Gürtellinie.
Dominic presste die Lippen zusammen. „Die Geschäftsbücher werden mir alles verraten, was ich wissen muss. Schließlich haben wir erst durch meine Überprüfung dieser herausgefunden, was Eades verbrochen hat.“
Tasker schnaubte. „Unsere Leute haben von Anfang an gemerkt, dass er etwas im Schilde führte. Bis Sie hinter seine Betrügereien gekommen sind, war der Schaden schon angerichtet. Viele ehrliche Menschen waren ruiniert.“
Dominic war irritiert über diese unverblümten, offenen Worte, nicht zuletzt, weil er wusste, dass der Mann ja recht hatte. Er versuchte es noch einmal. „Abdul wiederum ist ein Mensch, dem ich seit zehn Jahren restlos vertraue. Er kann die Leute alle treffen und sich mit ihnen auseinandersetzen.“ Tasker machte ein skeptisches Gesicht. „Na ja, vielleicht lassen sich die Leute auf irgendeinen Fremden ein. Aber sie werden ihn nicht freundlich aufnehmen, wenn sie nicht zuerst ihrem Herrn richtig begegnet sind. Das ist eine Frage des Respekts, Mylord. Sie respektieren Ihre Leute, und die werden Ihren Mann respektieren. Aber sie werden keins seiner Worte befolgen, ehe sie es nicht erst aus Ihrem Mund hören.“
„Sie kennen Abdul nicht! Ich habe noch nie erlebt, dass er etwas nicht schafft.“
„Abdul hat aber auch noch nie mit Leuten aus Shropshire zu tun gehabt“, gab Jake schlicht zu bedenken. „Wir sind stur wie die Esel und festgefahren in unseren Gewohnheiten“, erklärte er nicht ohne Stolz. „Seit sechshundert Jahren sind wir hier, und seit sechshundert Jahren sagen uns die Wolfes, was wir zu tun haben. So ist es immer gewesen, und daran kann kein schlauer Fremder etwas ändern. Wenn Sie den Besitz wieder auf die Beine stellen wollen, Mylord, müssen sie alle Leute hinter sich wissen. Und das heißt, Sie müssen jeden Einzelnen von ihnen kennenlernen und sich anhören, was er zu sagen hat.“
Dominic seufzte und ließ die Pferde satteln. Verdammt, er hatte niemals hierherkommen wollen, geschweige denn ... in das alles verwickelt zu werden. Das sollte nur ein oberflächlicher Besuch werden. Er würde den wichtigsten Leute seine Aufwartung machen, ihnen zuhören, mit dem Kopf nicken, und das war es dann. Dann konnte er sie an Abdul weiterreichen - und sie alle
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