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Ein verführerischer Akt

Ein verführerischer Akt

Titel: Ein verführerischer Akt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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anders vorgestellt.
    Wieder einmal dachte er über ihre Gefährdung nach, wünschte, sie würde nach London zurückkehren, und wusste zugleich, dass sie sich weigerte. Je mehr sie sich Windebank näherten, umso mehr fürchtete er um ihre Sicherheit und machte sich zum ersten Mal Sorgen, ob er sie wirklich weiterhin beschützen konnte.
    »Worüber denkst du nach?«, fragte sie leise. »Du wirkst so angespannt.«
    »Ich überlege gerade, wie wir vorgehen, wenn wir auf dem Gut meines Onkels ankommen. Es sind nur noch ein paar Tage bis dahin.«
    »Dann klopfen wir einfach an die Tür und sagen, dass wir gekommen sind, um die Wahrheit zu erfahren.«
    Er wusste, dass sie ihn aufheitern wollte, aber er brachte nicht einmal ein Grinsen zustande. »Ich habe einen Freund, der früher bei Scotland Yard war und jetzt Chief Inspector in Lincoln ist. Das ist nicht weit entfernt vom Besitz meines Onkels. Er wird uns helfen können, noch dazu diskret.«
    »Das ist gut, Julian. Dadurch bekomme ich ein besseres Gefühl.« Sie stieß einen Seufzer aus. »Ich glaube, ich sollte mich erheben, denn ich bin fürchterlich steif.«
    »Ich erinnere mich kaum mehr daran, wie mein Bett daheim sich anfühlt«, gestand er, während sie sich beide langsam aufsetzten.
    Er würde nie mehr alleine in seinem Bett schlafen, dachte er, denn er wollte alles daransetzen, dass Rebecca ihm dort für immer Gesellschaft leistete. Eine tröstliche Aussicht an diesem unwirtlichen Morgen.
    Der Himmel war bedeckt und kündigte wieder Regen an. All ihre Kleidung war durch und durch feucht. Nachdem sie kalten Fisch vom gestrigen Abend gegessen hatten, begannen sie Richtung Osten zu gehen, weg von der Straße, auf der sie am Tag zuvor gekommen waren. Ein freundlicher Bauer nahm sie auf seinem Fuhrwerk mit ins nächste Dorf. Weil Rebecca so nass und müde aussah, bot ein anderer ihnen an, sie ebenfalls ein Stück mitzunehmen bis zum nächsten Ort, wo sie in einem Zimmer über der Schänke übernachten könnten.
    Als sie dann gegen Abend dort ankamen, war der Schankraum voller grölender, betrunkener Männer.
    Der Bauer, ein hagerer Mann mit sandfarbenem Haar, der ungefähr in Julians Alter sein mochte, stieg vom Wagen und sah zwischen Rebecca und der Schänke hin und her. Er runzelte die Stirn und drehte seine Mütze in den Händen.
    »Hier können Sie nich bleiben, Mrs Hill«, meinte er schließlich. »Das is zu unsicher für ’ne Frau. Ich heiß Stubbes. Sie können in meiner Scheune übernachten. Meine Frau würd mir alle Haare einzeln ausreißen, wenn ich Sie hierlassen tät.«
    Erleichtert nickte Julian. Er hatte ohnehin nicht vorgehabt, die Nacht in einem Dorf zu verbringen, und zumindest konnte er jetzt für Rebeccas Sicherheit sorgen. »Mr Stubbes, wir nehmen Ihr freundliches Angebot an. Bestimmt gibt es eine Möglichkeit, mich zu revanchieren, indem ich Ihnen meine Hilfe zur Verfügung stelle.«
    Stubbes kratzte sich am stoppeligen Kinn und sah Julian von oben bis unten an. »Es gibt ein paar Sachen, bei denen Sie mir morgen früh helfen könnten.«
    »Ich bin kräftig, Sir.«
    »Und ich kann Ihrer Frau helfen, Mr Stubbes«, warf Rebecca ein.
    Das würde eine interessante Erfahrung werden, sie bei Haus- und Stallarbeit zu beobachten, dachte Julian, war aber klug genug, das nicht laut auszusprechen. Rebeccas Leben unterschied sich gewaltig vom Alltag einer Bauersfrau.
    Sie mussten noch eine Stunde fahren, ehe sie die Bauernkate erreichten, ein einstöckiges Gebäude aus Stein mit einem Reetdach. An der Tür stellte Stubbes sie seiner Frau vor, die gerade versuchte, ihre Kinder ins Bett zu bringen. Die kleine, rundliche Person mit dem dunklen Haar, das unter ihrer Haube hervorschaute, lächelte sie freundlich, aber etwas zerstreut an. Julian sah mehrere Kinder, die hinter ihr herliefen und fröhlich die Treppe mieden, die nach oben auf den Dachboden führte.
    »Stubbes«, sagte sie, »gib ihnen Decken. Nachts kann’s ziemlich kalt sein.«
    Julian bemerkte Rebeccas erleichterten Blick.
    »Im Kessel über dem Feuer is noch Eintopf«, fuhr sie fort. »Bedienen Sie sich, während ich mich um die Kinder kümmer.«
    Sie aßen von dem köstlichen Eintopf, lauschten dabei dem Lärmen der Jungen und Mädchen. Offenbar versuchte die älteste Tochter, die nicht älter als zwölf sein konnte, gerade mehrere ihrer jüngeren Geschwister auf dem Dachboden zur Ruhe zu bringen. Unten befand sich außer der Küche ein weiterer Raum, vermutlich die Schlafkammer der

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