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Ein verführerischer Akt

Ein verführerischer Akt

Titel: Ein verführerischer Akt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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sind eben jung«, meinte er lahm.
    Sie schnappte übertrieben laut nach Luft. »Das ist das erste Mal, dass du sie in Schutz nimmst.«
    »Ich versuche einfach, ihr Alter mehr zu berücksichtigen.«
    »Sie werden ihre eigenen Fehler machen, genau wie du.«
    Er zog eine Augenbraue hoch. »Ich habe nie auch nur einen einzigen Fehler gemacht«, sagte er, doch ein leichtes Lächeln umspielte bei diesen Worten seine Lippen.
    »Es muss schwer sein, wenn man so vollkommen ist. Vielleicht beneidest du deine Brüder ja insgeheim, weil sie jünger sind und weniger Verantwortung tragen.«
    Er verdrehte die Augen und richtete den Blick erneut auf seinen Stock, der sich plötzlich bog. Jetzt hatte er ebenfalls einen Fisch am Haken, und fachmännisch holte er die Leine ein.
    »Meine Brüder beneiden mich bestimmt, Rebecca«, widersprach er.
    »Da wäre ich mir nicht so sicher. Sie scheinen viel Spaß zu haben, wie es üblich ist bei den meisten Achtzehnjährigen, aber das ist nur meine Meinung.«
    Sie schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln und merkte, dass er den Blick nicht mehr von ihrem Mund losreißen konnte. Einen Moment lang war sie sich seiner Nähe bewusster, als sie es je zuvor bei einem anderen Menschen erlebt hatte. Er schien sie bis ins Innerste zu kennen, und das empfand sie als ein bisschen beängstigend. Doch auch sie konnte ihn inzwischen entschlüsseln. Als er sich von ihrem Anblick losriss, um sich wieder seiner Angel zuzuwenden, musste sie still vor sich hin grinsen. Letztendlich war und blieb er ein Versorger.
    Später zeigte er ihr, wie man einen Fisch ausnahm, als er plötzlich innehielt und den Kopf hob.
    Sie öffnete schon den Mund, um ihn zu fragen, was denn los sei, aber er bedeutete ihr mit einer Geste zu schweigen. Nach langen Minuten, in denen sie nur das leise Rauschen des Flusses und das Quaken von Fröschen hörten, legte sie den Kopf auf die Seite und sah Julian an.
    »Ich dachte, ich hätte etwas gehört«, erklärte er.
    »Einen Dachs?«, fragte sie hoffnungsvoll.
    Sobald sie wusste, um was es sich handelte, fand sie die unbekannten Geräusche der Natur nicht mehr beunruhigend.
    Sie erhielt keine Antwort. Julian trug den Fisch nur schweigend zum Feuer und legte ihn auf flache Steine, die er in die Nähe der Flammen rückte.
    Niedergedrückt wartete Rebecca auf das Essen und beobachtete Julian bei seinen Vorbereitungen. Er wirkte angespannt, viel zu aufmerksam, und sie wusste, dass er sich immer noch wegen der merkwürdigen Geräusche sorgte. Deshalb ließ sie ihn in Ruhe, damit er nachdenken und lauschen konnte, statt ihn mit Fragen zu belästigen.
    Auch sie musste jetzt ständig an Windebanks Spießgesellen denken, an jene Männer, die sie verfolgt und die Roger Eastfield sowie seine Mutter umgebracht hatten. Wer weiß, was sie noch tun würden, um den Diamanten in die Finger zu bekommen.
    Dabei waren sie so sorgsam vorgegangen, um ihre Spuren zu verwischen, indem sie erst in die falsche Richtung reisten und auf Postkutschen verzichteten, unsägliche Unterkünfte wählten und ständig den Namen änderten.
    Aber der Mann, der vor dem Haus der Eastfields in der Nacht des Feuers gelauert hatte, würde Windebank berichtet haben, dass sie in Manchester gewesen waren und überdies mit der Mutter des Malers sprechen konnten, bevor sie verstarb. Deshalb musste Windebank davon ausgehen, dass sie um seinen Anteil an diesem Verbrechen wussten, und somit befanden sie sich in großer Gefahr.
    »Rebecca«, sagte Julian leise und legte das zweite Fischfilet unberührt beiseite, »bleib ganz ruhig. Ich glaube, jemand schleicht sich an.«
    Sie erstarrte und lauschte angestrengt, konnte allerdings außer dem Wind und dem lauten Zirpen der Grillen nichts hören. Die Sonne war zwar bereits untergegangen, doch noch war der Himmel nicht ganz dunkel. »Ich nehme an, du meinst nicht irgendeinen friedliebenden Schäfer«, erwiderte sie, wobei sie beim Sprechen die Lippen kaum bewegte.
    Er schüttelte kurz den Kopf.
    Sie hätte eigentlich vor Angst in Panik ausbrechen müssen, aber das geschah nicht. Zu sehr vertraute sie darauf, dass Julian sie beschützte. »Was hast du vor?«
    »Ich warte, bis sie sich für ein bestimmtes Vorgehen entscheiden. Wir können uns im Unterholz am Flussufer verstecken.«
    »Meinst du nicht, dass es besser wäre, ihnen entgegenzutreten?«
    Er schloss kurz die Augen, als müsse er sich zur Ruhe zwingen angesichts ihres Vorschlags. »Wir wissen nicht, wie viele es sind, und bei einem Kampf

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