Ein verführerischer Akt
wirkte berauschend auf sie.
Das ins Vertrauen gezogene Dienstmädchen genoss offensichtlich die Aktivitäten der exzentrischen Witwe, die sie vorgab zu sein. Bevor Julian zurückkehrte, war sie in eine neue Maskerade geschlüpft und sah nun, mit unter der Mütze versteckten Haaren, mit Leinenhemd, Lederhose und Stiefeln, aus wie das Abbild eines Jungen, zumal eine gut gepolsterte Jacke ihre weiblichen Rundungen verbarg. Sie hörte sein diskretes Klopfen: »Mrs Lambe, darf ich hereinkommen?«, und bemühte sich, eine möglichst männliche Haltung einzunehmen, indem sie die Hände in die Hüften stemmte und die Mütze tief ins Gesicht zog.
Er trat ein, schloss leise die Tür hinter sich, und obwohl er lächelte, schüttelte er den Kopf. »Rebecca, so angezogen gehen Sie nirgends hin. In dem Aufzug erinnern Sie mich an den Abend, als ich Sie kennenlernte – und damals habe ich ebenfalls sofort gemerkt, dass Sie eine Frau sind.«
»Wir können doch nicht dauernd vorgeben, verheiratet zu sein. Wenn wir sagen, ich sei Ihr jüngerer Bruder, wird keiner auf die Idee kommen …«
»Sie sind nicht mein Bruder«, sagte er und ging auf sie zu.
Mit wild klopfendem Herzen wich sie zurück, bis sie mit den Beinen ans Bett stieß. »Was denken Sie sich überhaupt? Sie können mich nicht daran hindern, diese Sachen anzuziehen.«
»Ach ja?« Er riss ihr die Mütze vom Kopf und warf sie beiseite. » Sie können sich das Haar hochstecken, so viel wie Sie wollen. Eine einzige steife Brise reicht, und die Mütze weht davon. Und mit ihr fliegt die Tarnung auf.«
»Ich halte sie fest.«
Sie versuchte an ihm vorbeizukommen, aber er packte ihren Arm und riss am Ärmel ihrer Jacke. Empört wollte sie ihn daran hindern, doch er wirbelte sie herum und zog ihr das Kleidungsstück vom Körper, warf es auf den Stuhl.
»Sie können kein Unterkleid unter diesem Hemd tragen«, sagte er.
Seine Stimme klang schroff, tiefer als sonst und belegter und entzündete ein seltsam warmes Flackern in ihr, das sie allmählich nur zu gut kannte. Sie redete sich ein, dass sie ihn nicht wirklich begehrte und dass es ihr bei diesem Spielchen nur um Selbstbehauptung und Widerspruch ging, und wollte ihm entwischen. Vergeblich, denn mühelos fing er sie ein, setzte sie aufs Bett wie ein störrisches Kind und begann ihr die Stiefel auszuziehen. Sie wehrte sich, aber ebenso gut hätte sie versuchen können, einen Berg zu bewegen. Auch nach ihm zu treten nützte nichts – er legte einfach einen kräftigen Arm um ihre Beine, sodass sie sich nicht mehr rühren konnte, während er ihr die Stiefel auszog.
»Julian«, zischte sie und wand sich unter seinem Griff, ohne dass es ihr gelungen wäre, sich zu befreien.
Und dann spürte sie seine Hände an ihrer Taille, als er ihren Gürtel aufzog, und aller Widerstand in ihrem Innern schmolz dahin, und beinahe hätte sie sich entspannt, um ihn alles tun zu lassen, was er wollte.
Doch sie wollte nicht zulassen, dass er merkte, welche Macht er über sie hatte, und wehrte sich weiter dagegen, dass er ihr die Männerkleidung vom Körper zog. Sie sah seinen verhangenen Blick, als befremdlicherweise darunter die seidene Spitzenunterhose zum Vorschein kam, die sie getragen hatte, als sie London verließ.
»Ich habe nur zwei Paar«, rief sie entschuldigend und versuchte sich aufzurichten.
Er drückte sie wieder nach unten und zog ihr die Hose ganz aus. Sie schlug ihn aufs Ohr, wie sie es bei ihrem Bruder und den Cousins gesehen hatte, wenn die sich als Kinder prügelten. Er zuckte zusammen, warf sich auf sie und hielt ihre ausgestreckten Arme an den Handgelenken fest.
In der plötzlichen Stille waren ihre Atemzüge überdeutlich zu hören. Sie merkte, dass er zwischen ihren Schenkeln lag, seine Hüfte an ihre gedrückt, seine Brust an ihrer. Obwohl er nicht mit seinem ganzen Gewicht auf ihr ruhte, konnte sie jede Kontur seines Körpers fühlen. Jede Besonderheit. Alles.
Und dann spürte sie, wie seine Männlichkeit, eng an sie gepresst, größer wurde, und was sie dabei empfand, das war so verboten, so herrlich lustvoll, dass sie stöhnte.
Dennoch zögerte sie, sich ganz ihrem Verlangen zu überlassen, und leckte sich über die trockenen Lippen. »Sie gönnen mir überhaupt keinen Spaß«, lenkte sie ab und deutete auf die Verkleidung.
Er reagierte kaum, schaute sie nur weiter mit undurchdringlicher Miene an. Scheinbar ungerührt und teilnahmslos wie ein Stein. Doch das war er nicht, wie die Härte, die sich gegen ihren
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