Ein verführerischer Akt
die Strümpfe herunter und entblößte einen weißen Unterschenkel. Jetzt blieb nicht mehr viel. Ein Anflug von Panik wollte sie überwältigen. Sie stand auf und zog verlegen das Unterkleid wieder herunter.
Sie hatte gedacht, im Zimmer sei es kalt, aber jetzt fand sie es so heiß, dass sie anfing zu schwitzen. Oder rührte das von ihrer Nervosität her? Trotz all ihres Mutes wusste sie nicht, wie weit sie gehen sollte, ohne dass er auf dumme Gedanken kam. Oder wollte sie genau das?
Rebecca machte weiter, griff unter das lange Hemd, um die Unterhose aufzubinden und abzustreifen. Als das leinene Kleidungsstück als Häufchen zu ihren Füßen lag, trat sie heraus und spürte einen kalten Luftzug an ihrem nackten Hinterteil.
Julians Blick glitt von ihren Füßen über ihren ganzen Körper nach oben. Sie zögerte. Nur noch ein Kleidungsstück trennte sie von völliger Nacktheit.
Wie kam sie überhaupt auf die Idee, mit Rogers außerordentlich großzügiger Interpretation des weiblichen Körpers mithalten zu können? Wollte sie die Antwort in Julians Augen sehen – vielleicht die Enttäuschung?
Aber sie saß in der Falle, hilflos verstrickt durch ihre Sehnsüchte und das Verlangen in seinen Augen – Verlangen nach ihr, nicht nach einem Gemälde oder einer Erinnerung.
Sie griff nach dem Saum ihres Unterkleids und begann es schon anzuheben, als sie ihn »Halt!« rufen hörte. Seine Stimme klang barsch und ganz anders als sonst.
Sie hielt inne und sah ihn fragend an, kämpfte gegen das heftige Verlangen, das zu beenden, was sie angefangen hatte, um endlich zu verstehen, was sich zwischen Mann und Frau abspielte.
Er sprang so plötzlich auf, dass sie erschrocken zurück aufs Bett fiel. Er beugte sich über sie und stützte sich mit den Händen zu beiden Seiten ihres Kopfes ab. Sie konnte kaum atmen, geschweige denn denken. Sein Körper war so mächtig, dass er sie zerquetschen konnte, wenn er wollte. Hatte sie ihn über eine Grenze getrieben, hinter der er sich keine vornehme Zurückhaltung mehr auferlegte? Was ging in diesem Moment in seinem Kopf vor?
»Hat er Sie angefasst, Rebecca?«, fragte Julian mit belegter Stimme.
»Wer?« Sie klang verwirrt und gar nicht wie sie selbst.
»Eastfield.«
»Ich …«
Er legte seine große Hand auf ihre Hüfte, seine Finger glitten weiter nach unten, umfassten ihren Po, und durch den Leinenstoff des Unterkleids spürte sie die Wärme seiner Haut. Sie atmete ganz flach und angestrengt, während sie mit großen Augen zu ihm aufschaute.
Seine Hand wanderte jetzt langsam an ihrem Körper hoch, wobei auch ihr Unterkleid ein bisschen nach oben rutschte. Sie stöhnte, als seine Hand über ihre Rippen fuhr und sein Daumen zwischen ihre Brüste. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie hörte das Dröhnen ihres Blutes in ihren Ohren.
Julian stützte sich mit einem Knie neben ihrem Körper ab und grenzte ihr Gesichtsfeld auf diese Weise noch weiter ein. »Hat er Sie mit seinen Händen in die richtige Position gebracht? Sagen Sie es mir, Rebecca.«
Sie öffnete den Mund, um ihn mit einer schnippischen Antwort zu ärgern, doch stattdessen kam die Wahrheit heraus. »Er hat mich nie angefasst, nicht wie …«
Ihr fiel nicht mehr ein, wie sie den Satz beenden wollte, denn mit einem Mal spürte sie seine ganze Hand an ihrem Busen. Mit flatternden Augenlidern wölbte sie sich ihm entgegen, und die Hitze der Erregung war fast mehr, als sie ertragen konnte. Sie wimmerte leicht, verlangte nach mehr.
»Sie brauchen niemandem etwas zu beweisen«, sagte er sanft. »Nicht den Künstlern dieser Welt und nicht mir. Sie alleine treffen die Wahl, was das Richtige für Sie ist. Vergessen Sie das nie.«
Dann beugte er sich über sie und drückte seine Lippen dicht neben ihrem Mund auf ihre Wange. Sie spürte, wie seine Bartstoppeln über ihre Haut kratzten, und eine Locke seines Haares strich über ihre Stirn.
»Nehmen Sie jetzt Ihr Bad«, flüsterte er, »und ich komme dann wieder, um auch zu baden.«
Er erhob sich und verließ mit langen Schritten den Raum. Sie schloss die Augen und wartete auf das Gefühl der Erleichterung, die ein anständiges Mädchen hätte spüren müssen. Aber sie empfand nur Bedauern und ein schmerzhaftes Verlangen, das sie weder begreifen noch lindern konnte.
Eine Stunde später stand Julian erneut vor der Tür. Er hatte unten in der Schankstube ein Bier getrunken, ohne dass ihn jemand mit neugierigen Fragen behelligte. Er nahm an, dass seine finstere Miene auf alle
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