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Ein verführerischer Akt

Ein verführerischer Akt

Titel: Ein verführerischer Akt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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seine Hüfte geschlungen, wie sie es auch nachts zu tun pflegte.
    Die anderen Mitreisenden – fünf irische Brüder, die auf dem Weg nach Manchester waren, um dort in einer der Fabriken Arbeit zu finden – lächelten amüsiert, sagten jedoch nichts. Warum sollten sie auch, denn die beiden waren offensichtlich miteinander verheiratet.
    Bei jedem verschlafenen Seufzer, den sie ausstieß, musste er wieder an die leidenschaftlichen Laute denken, die sie von sich gegebenen hatte, als sie ungeduldig dem Höhepunkt entgegentrieb. Und daran, wie sensibel sie auf alle Berührungen reagierte. Wieder ging seine Fantasie mit ihm durch, und er stellte sich vor, wie er ihr alle Kleidung auszog und sie den Rücken durchdrückte wie auf dem Gemälde, um dann die Schenkel zu spreizen und ihn in sich aufzunehmen.
    Nein, das musste er sich aus dem Kopf schlagen. Er hatte gestern versucht, sich nach dem Kuss von ihr zu lösen, doch angesichts ihres Flehens war er schwach geworden, unfähig, sich ihr zu verweigern. Um Haaresbreite nur konnte er das Äußerste verhindern, kam gerade noch rechtzeitig zur Besinnung. Niemals in seinem ganzen Leben hatte ihn etwas so viel Überwindung gekostet, und der Gedanke an diesen Kontrollverlust gefiel ihm ganz und gar nicht.
    Von jetzt an wollte er alles langsam angehen, beschloss er. Schließlich würden sie noch eine Weile beisammen sein, und da durfte er nichts verderben. Rebecca hingegen fand den nächsten Abend mehr als enttäuschend, weil er sie, anstatt an den Tag zuvor anzuknüpfen, auf Distanz hielt und sich ihr nicht mehr näherte als nötig, wenn man gemeinsam im Bett lag.
    Die darauffolgende Nacht dann verbrachten sie in einem kleinen Dorf mit nur einem Gasthaus. Ihr Zimmer befand sich direkt über der Schänke, in der die Einheimischen kräftig becherten. Das Brüllen, Lachen und Singen drang bis zu ihnen hinauf, und sie tauschten einen vielsagenden Blick: Diese Nacht würde es wohl nicht viel werden mit Schlafen.
    Da kein Essen aufs Zimmer gebracht wurde, musste Julian nach unten in den Schankraum und etwas bestellen, um es mit nach oben zu nehmen. Er wartete auf einer Holzbank in der Ecke, lehnte den Kopf zurück und tat so, als würde er dösen. Doch die ganze Zeit über blieb er wachsam und ließ seine Blicke durch den Raum schweifen.
    Neben ihm hing über der Feuerstelle ein Kessel, in dem ein Eintopf köchelte, und der Duft ließ seinen Magen knurren. An mehreren Tischen saßen Männer, tranken Bier, lachten und unterhielten sich, zwei warfen Pfeile auf eine Scheibe, die am anderen Ende des Raumes an der Wand hing.
    Unter halb geschlossenen Augenlidern beobachtete Julian das bunte Treiben. Außer dem Schankmädchen, das ihm sein Bier brachte, näherte sich ihm niemand. In Momenten wie diesem empfand er es als Vorteil, dass er wie ein Mann aussah, mit dem nicht gut Kirschen essen war. Hier kam ihm seine Größe wirklich zupass. Überdies genoss er die Rolle des stillen Beobachters mit unbekannter Identität – vielleicht weil er und seine Familie zu lange Gegenstand öffentlichen Interesses und Geredes gewesen waren. Damals hatte er sich vor neugierigen Fragen und Blicken regelrecht gefürchtet.
    Ein junger Bursche betrat den Schankraum, wahrscheinlich auf der Suche nach seinem Vater, um diesen nach Hause zu holen. Julian musste bei dem Gedanken lächeln. Der Blick des Jungen glitt über die Menge und blieb schließlich an ihm hängen.
    In dem Moment erkannte Julian Rebecca. Er blieb entspannt sitzen und verriet mit keiner Geste seine plötzliche Sorge. Er sah, wie sie tief Luft holte und dann entschlossen auf ihn zukam. Nichts erinnerte mehr an den anmutigen Gang einer Dame. Aber es ging ihm nicht darum, ob sie glaubwürdig wirkte. Entscheidend war, dass sie wieder einmal eine Anweisung missachtete und sich unnötig in Gefahr brachte.
    Sie blieb neben dem großen Kessel stehen und schnupperte. »Ich habe Hunger, George. Es dauerte so lange.«
    Frech warf sie sich neben ihm auf die Bank und schaute sich interessiert um. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah sie finster an, doch sie beachtete ihn gar nicht.
    »Das ist also eine Schänke«, sagte sie leise. »Unterscheidet sich gar nicht so sehr vom Speiseraum der letzten Wirtschaft, in der wir abgestiegen sind.«
    »Nur dass Frauen hier der Zutritt verboten ist.«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich sehe nicht wie eine Frau aus.«
    Er lehnte sich vor und versuchte bedrohlich zu wirken. »Du weißt, was ich dir gesagt habe

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