Ein verführerischer Akt
schützte. Als er aufstand, um mehr Holz ins Feuer zu legen, sah er, dass sie ebenfalls wach war und ihn beobachtete. Er legte sich direkt neben sie.
»Ich konnte deine Zähne klappern hören«, sagte sie, »und fragte mich schon, wann du wohl aufgeben würdest.«
Ihm schien, dass sie ein Lachen unterdrückte, aber das war ihm egal. Mühsam versuchte er sein Zittern zu unterdrücken, bis endlich die Wärme des Feuers und die ihres Körpers dafür sorgten, dass auch seine eingefrorenen Glieder etwas auftauten. Schon fielen ihm die Augen wieder zu, als ihre Worte ihn erneut hochschreckten. »Diese Sache zwischen uns ist noch nicht erledigt«, murmelte sie. »Ich bekomme, was ich haben will.«
»Sogar wenn du dadurch alles verlierst, was du hast?«
Sie antwortete nicht.
Der nächste Tag brachte schlechtes Wetter mit Regen und Wind, und voller Überraschung hörte Julian, wie Rebecca laut murmelnd ihrer Sehnsucht nach einer geschlossenen Kutsche Ausdruck verlieh. Allerdings schien ihr dieser luxuriöse Wunsch sogleich peinlich zu sein, und ihre Laune verschlechterte sich noch mehr. Sie hatten sich von einem Bauern mitnehmen lassen, der seine Milchkannen ins nächste Dorf fuhr, wo sie wiederum in ein Fuhrwerk stiegen. Die ganze Zeit über regnete es, und es strömte so viel Wasser von den Hängen herunter, dass Julian überzeugt war, die Straßen müssten bald überflutet sein.
Es war schon fast dunkel, als sie in dem Dörfchen Dewsbury ankamen, wo sie übernachten wollten. Ihre Kleidung nass und sie völlig durchgefroren war Rebecca nur noch froh, dass sie heute in einem Gasthof Quartier bezogen, und mochte er noch so bescheiden sein.
Die Magd, die sie auf ihr Zimmer führte, war hochschwanger, und es schien ihr nicht sonderlich gutzugehen, doch sie war freundlich zu ihnen, machte sich sogar am Kamin zu schaffen, bis Julian sie zur Seite schob, um sich selbst um das Feuer zu kümmern.
»Danke schön, Sir«, sagte die Frau und verzog das Gesicht.
»Vielleicht sollten Sie sich hinlegen«, meinte Rebecca.
»Ich fühle mich nur ein bisschen unwohl. Beachten Sie mich gar nicht. Soll ich Ihnen etwas zu essen bringen?«
»Wir kommen nach unten in den Gastraum«, erwiderte Julian.
Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln.
Weil sie keine trockene Kleidung mehr hatten, hängten sie die nassesten Sachen über die Stühle vor der Feuerstelle. Julian kehrte Rebecca den Rücken zu, als er die durchweichten Sachen bis auf die Unterhose auszog.
»Deine Unterhose ist auch nass«, sagte Rebecca.
»Seit du mir beim Baden zugesehen hast, stört es dich scheinbar nicht mehr, mich beim Ausziehen zu beobachten?«
»Ich beobachte dich nicht, ich ziehe mich ebenfalls um. Ich weiß einfach alles über dich, Julian – dass du beispielsweise mein weibliches Zartgefühl nicht verletzen willst, indem du in meiner Gegenwart alle Kleidung ablegst. Keine Sorge, ich werde mich nicht auf dich stürzen.«
Er seufzte, zog seine Unterhose aus und ersetzte sie durch eine, die weniger feucht war.
Schließlich waren sie so weit, nach unten zu gehen. Es schien der einzige Ort im Dorf zu sein, wo Essen gereicht wurde, und deshalb befanden sich ebenfalls ein paar Frauen unter den Gästen. Insofern stellte Rebeccas Anwesenheit zu Julians Erleichterung kein Problem dar. Ihr wäre es vermutlich auch anders egal gewesen.
Wieder war es die schwangere Magd, die sie bediente, und es gab niemanden, der ihr geholfen hätte. Er drückte ihr mehr Geld in die Hand als geplant, sodass es am nächsten Tag für eine Unterkunft nicht reichen würde. Trotzdem stimmte Rebecca zu. »Wir werden uns schon irgendwo Geld beschaffen«, erklärte sie.
»Dein Vertrauen gibt mir Kraft«, meinte er trocken.
Sie zuckte nur die Achseln, und er stellte fest, dass er ihr Lächeln vermisste. Er fragte sich, wie lange sie wohl noch böse auf ihn sein würde.
Vielleicht war es ja besser so. Sie gingen allmählich viel zu vertraulich miteinander um, und mittlerweile konnte einer den Gesichtsausdruck oder die Reaktion des anderen entschlüsseln. Er mochte das einerseits und fand es andererseits schwierig, weil er es nicht mehr schaffte, seine Belange von ihren zu trennen.
Und letztendlich war sie es ja, die ihn von sich wies. Sie wollte nicht heiraten, wollte frei sei, während er allmählich den Eindruck gewann, dass es für ihn keine passendere Frau gab als sie. Seitdem er das Thema Ehe zur Sprache gebracht hatte, spukte es ihm ständig im Kopf herum. Sie begehrten einander,
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