Ein verführerischer Akt
Sein Gesicht war feucht vom Wasser des Flusses, und seine silbergrauen Augen sahen plötzlich sehr dunkel aus. »Rebecca …«
»Was meinst du damit, du würdest mir zeigen, was mich erwartet?«, wollte sie wissen.
»Das ist doch klar«, sagte er, und sein Blick glitt wieder zu ihrer Brust.
Sie zerrte das nasse Hemd hoch, um ihren Busen vor seinen Blicken zu verbergen. Mit verwirrter Miene ließ er sie gewähren.
»Erklär es mir«, beharrte sie.
»Rebecca, ich bin erfahren und du nicht. Du musst mehr über die Welt lernen, in die du willst.«
Ihr Blick wurde durchdringend. »Ich nehme einmal an, dass ich mich dann nach wie vor in derselben Welt wie zuvor befinde.«
Er zog eine Augenbraue hoch und ließ sich zurück auf die Fersen sinken. »Wirklich? Erkennst du denn nicht, dass du die gesellschaftlichen Grenzen überschritten hast, indem du dich als Aktmodell zur Verfügung stelltest? Du befindest dich jetzt in einer Welt, wo Regeln gebrochen werden und es keine Hemmungen gibt.«
»Hemmungen?«
»Was meinst du wohl, wie Männer sich dir gegenüber benehmen werden, wenn du dich endgültig entschließt, dein Leben völlig umzukrempeln, und den schützenden Bereich deiner Familie verlässt?«
»Ich …«
»Ich habe beschlossen, dir zu zeigen, was dich erwartet, damit du weißt, wie weit du mit einem Mann gehen willst und wann es besser ist aufzuhören.«
In ihrem Kopf schien sich vor Verwirrung alles zu drehen. Sie konnte sich überhaupt nicht vorstellen, solche Dinge mit anderen Männern zu machen. Aber darum ging es offenbar nicht. »Du hast beschlossen? Für mich? Was weißt du denn schon darüber, wie ich mich entscheiden werde?«
»Das schließe ich aus dem, was ich sehe«, erwiderte er ruhig, »und was du mir gesagt hast.«
Ihre Verwirrung verwandelte sich in heiße Wut, die mit einem stechenden Schmerz einherging, den sie zu negieren suchte. »Du bist nicht derjenige, der hier entscheidet, was ich brauche. Du weißt ja nicht einmal, mit wie vielen Männern ich bereits zusammen war.«
»Wenn dem so wäre, würdest du nicht so erpicht darauf sein, Erfahrungen zu sammeln. Das tut man nur, wenn man etwas noch nicht kennt.«
»Ja, denn mit dir habe ich diese Erfahrungen schließlich bisher nicht gemacht, obwohl ich Nacht für Nacht neben dir liege. Nicht jeder verfügt allerdings über deine überragende Fähigkeit zur Zurückhaltung.«
»Ich würde das kaum überragend nennen. Es kostet mich nämlich den letzten Rest meiner Selbstbeherrschung, dich nicht zu nehmen. Ich hätte nie gedacht, dass es mir dermaßen schwerfallen würde.«
Er sprach zwar leichthin, doch sie spürte seine innere Anspannung, und so wollte sich bei ihr nicht einmal der leiseste Triumph darüber einstellen, dass sie seine Planung in Bezug auf sie sabotiert hatte.
»Du bist ein Mensch, der nicht im Hier und Jetzt leben kann«, fuhr sie fort. »Für alles brauchst du einen Plan. Warum bin ich eigentlich nicht draufgekommen, dass du dir auch für mich bereits etwas ausgedacht hast? Du räumst mir weder die gleichen Rechte ein, noch gestehst du mir ein Mitspracherecht hinsichtlich meiner Zukunft zu.«
»Du und kein Mitspracherecht?«, hielt er ihr mit verblüffter Miene entgegen. »Ich bin der Dummkopf, der es zugelassen hat, dass du – nur weil du darauf bestehst – diese gefährliche Reise fortsetzt. Wie viel mehr willst du denn noch?«
Er hatte natürlich recht, wenngleich nur in Bezug auf die Reise. »Du übst permanent Kontrolle aus, jeden Augenblick, und dazu gehört auch die Vorstellung, dass mir Erfahrung fehlt und du mich deshalb nicht wie eine richtige Frau behandeln kannst. Vielleicht bist ja du derjenige, der Angst hat, gegen die Regeln zu verstoßen, die Grenzen zu überschreiten, die du dir selbst als ein Mann von Welt gesetzt hast. Du willst dir einfach keine Schwächen erlauben. Du hast dein ganzes Leben lang alles kontrolliert, einschließlich deiner Familie. Kein Wunder, dass sich deine Brüder gegen dich auflehnen!«
Seine Miene gefror zu einer reglosen Maske.
»Nun, mir kannst du keine Befehle erteilen! Ich will mit dir schlafen. Was ist so verkehrt daran?«
»Weil du noch Jungfrau bist und ich keine unschuldigen Mädchen defloriere.«
»Deflorieren? Was für ein hübsches Wort. Hilft es dir, die Wahrheit zu ignorieren? Du versteckst dich vor der Realität. Und die sieht so aus, dass zwei Menschen, die sich einander hingeben, all ihre Schwächen zeigen. Ach ja, stimmt: Du hast keine
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