Ein verfuehrerischer Handel
dieses Blicks: Ariel sah das Verlangen, diese grenzenlose Sehnsucht, die sie nie zuvor in seinen Augen gelesen hatte. Es war nicht möglich, diese schweigende Bitte zu übergehen, die sie dazu drängte, ja zu sagen.
Es verblüffte sie, so wie ein jäher Windstoß, und gleichzeitig wusste sie, dass die Liebe, die sie für ihn empfunden hatte, niemals wirklich gestorben war. Sie war noch immer in ihrem Herzen, trotz aller Widrigkeiten. Und jetzt machte sie sich wieder bemerkbar.
Sie liebte ihn, und während sie sein Gesicht betrachtete und dieses unbändige Verlangen sah, das sich unter seiner kühlen, distanzierten Fassade verbarg, hatte sie keine andere Wahl, als ja zu sagen. Sie würde jedes Risiko eingehen, ganz gleich, wie groß oder gefährlich es auch war - denn eventuell würde er sie eines Tages auch lieben.
Tränen brannten in ihren Augen. Kein Wort kam aus ihrem Mund, und selbst wenn ihr welche auf der Zunge gelegen wären, hätte sie sie nicht aussprechen können. Stattdessen trat sie auf ihn zu, streckte die Hand aus und nahm seine Hand in ihre. Seine Finger verschränkten sich mit ihren und drückten beinahe schmerzhaft zu. Er zog sie näher und legte beschützend einen Arm um ihre Taille.
Justin starrte seiner Schwester in die Augen. »Ariel wird schon bald die nächste Gräfin von Greville sein.«
Barbara schnitt eine hässliche Grimasse, sie zwang sich zu einem angespannten Lächeln. »Und wann genau soll dieses ungeheure Ereignis stattfinden?«
»Wir werden mit einer Sondergenehmigung heiraten, sobald ich das regeln kann.« Er schaute Ariel an, und zum zweiten Mal innerhalb weniger Sekunden entdeckte sie einen Blick in seinen Augen, den sie zuvor noch nie gesehen hatte. Urplötzlich erkannte sie, dass es Hoffnung war - was für sie so unerwartet kam, und sie so sehr rührte, dass sie einen dicken Kloß in ihrem Hals verspürte.
»Nun - inzwischen«, meinte er und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Schwester, »nehme ich an, hast du unsere Zimmer vorbereiten lassen.«
Sie wies zur Treppe. »Ich habe den Raum neben dem deinen herrichten lassen. Schließlich hatte ich keine Ahnung, dass du eine angemessenere Unterkunft wünschtest.«
Er knirschte mit den Zähnen, aber er sagte nichts. Stattdessen wandte er sich an den Lakai, der neben der Tür stand. »Kümmert Euch bitte um das Gepäck. Die Lady ist zweifellos müde und möchte sich ein wenig ausruhen. Ich würde gern meinen Neffen sehen, und dann werde auch ich mich vor dem Essen noch eine Weile zurückziehen.«
»Aye, Mylord.« Der junge Lakai beeilte sich, dem Befehl des Grafen nachzukommen.
Ariel folgte dem Butler die Treppe hinauf. Die Tür zu ihrem Zimmer stand offen, und eine Kammerjungfer beeilte sich, die letzten Handgriffe anzubringen. Es war so hell und hübsch wie das gesamte Haus und vom Fenster aus hatte man einen herrlichen Blick auf die üppigen Gärten hinter dem Haus. Es war in Schattierungen von Creme und Rosa eingerichtet, mit wunderschönen Gardinen aus Sei-dendamast vor den Fenstern sowie einem kunstvoll geschnitzten Bett aus Rosenholz auf einer Empore im Erker. Ariel wartete, bis ihr Gepäck gebracht wurde: Kleider, die sie in Justins Haus zurückgelassen hatte, als er sie weggeschickt hatte; einen Augenblick später trug ein Lakai alles herein.
Mit dem Gepäck traf auch Silvie ein, die in der zweiten Kutsche zusammen mit dem Personal gereist war. Sie half Ariel aus ihren, von der Reise staubigen Kleidern und zog ihr den blauen, gesteppten Hausmantel über. Während Silvie ihre Sachen auspackte, setzte sich Ariel erschöpft auf einen Sessel vor das Feuer.
Gütiger Himmel, was habe ich getan? Obwohl es warm im Zimmer war, rann ein Schauder durch ihren Körper. Alles war so schnell geschehen. Justin hatte seiner Schwester erklärt, dass sie heiraten würden. Wortlos - ohne jeglichen Widerstand - hatte Ariel zugestimmt. Lieber Gott, sie musste verrückt geworden sein, hatte vollkommen den Kopf verloren!
Die Erinnerung an sein Gesicht stieg wieder in ihr auf; doch diesmal lag nicht dieses Verlangen, diese tiefe Sehnsucht in seinem Blick. Was, wenn sie sich alles nur eingebildet hatte? Was, wenn sie nun heirateten und sie danach feststellte, dass er wirklich der kalte, herzlose Mann war, wie es den Anschein gehabt hatte?
Sie musste mit ihm reden, herausfinden, was er tatsächlich dachte - und ob sie das Richtige tat.
Ariel durchquerte den Raum und setzte sich an den antiken französischen Schreibtisch in der
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