Ein verfuehrerischer Handel
wie leicht er zu beeinflussen war, wie sehr ihre Interessen und Wünsche einander ähnelten und wie sie mit seiner Hilfe die Dinge so geschickt ins Rollen brachte. Dann dachte sie an den Mann, der schon bald hier ankommen würde, und ihre Zufriedenheit verließ sie schlagartig.
Justin Bedford Ross war ihre Nemesis, ein Dorn in ihrem Fleisch, seit dem Tag, an dem sie von seiner Existenz erfahren hatte - ein Eindringling, der das rechtmäßige Erbe ihres Sohnes gestohlen hatte. Himmel, wie sie ihn hasste!
Beinahe so sehr wie den Mann, der ihn adoptiert und zum Erben von Greville gemacht hatte ...
Ihr Vater - der Ruin ihres Lebens!
Die Reise nach Greville Hall verlief größtenteils schweigend. Justins Laune war düster, durch Ariels Kopf wirbelten die Gedanken, die sie nicht im Zaum halten konnte.
Weil mir etwas an dir liegt! Ist das denn so schwierig zu verstehen? Justins Worte gingen ihr nicht aus dem Sinn. Vor einer Woche hätte sie noch ja gesagt, es war in der Tat unmöglich. Sie war davon überzeugt gewesen, dass dem Grafen von Greville an niemandem etwas lag, außer an sich selbst. Dass dieser grausame Bösewicht es genossen hatte, sie zu benutzen und dann davonzujagen.
Aber so erschien er ihr, ehe er sie bei Lord Horwick antraf und sie spontan bat, ihm zu verzeihen. Ehe sie ins Gefängnis geworfen wurde und er sie dort herausgeholt, sie von diesem schrecklichen Ort weggebracht hatte, mit einem so trostlosen Gesichtsausdruck, so erfüllt von Selbstverach-tung, dass sich bei seinem Anblick ein eisernes Band um ihr Herz gelegt hatte.
Ehe sie aufgewacht war und festgestellt hatte, dass er ihre Hand hielt.
Jetzt sah sie ihn an, auf dem Sitz in der Kutsche ihr gegenüber; blicklos starrte er aus dem Fenster - mit weit entfernten Gedanken -, und ihr fiel Clays Geschichte ein, von dem Mädchen, das Justin einmal geliebt und das ihn so rücksichtslos betrogen hatte. Von seinem Vater verstoßen, von seiner Mutter verlassen. Wer hatte ihn überhaupt je geliebt?
Niemand, außer ihr.
Die Erkenntnis versetzte ihr einen scharfen, stechenden Schmerz. Sie hatte ihn einmal geliebt. Doch diese Liebe war jetzt tot, so tief in ihr vergraben, dass sie sie niemals wieder finden würde ... wollte ...
Oder doch?
Unter halb gesenkten Lidern musterte sie sein kantiges Kinn und erinnerte sich daran, wie sanft er aussah, wenn er schlief - dass sein Äußeres dann beinahe jungenhaft wirkte. Sie erinnerte sich an den wilden beschützenden Blick in seinen Augen, als er ihr versicherte, dass sie nie wieder zurück ins Gefängnis müsse. Und sie erinnerte sich an die zärtliche Art, wie er sie ansah, wenn er sich unbeobachtet fühlte.
Ariel schüttelte den Kopf. Sie fantasierte, stellte sich Dinge vor und tat so, als wäre er jemand, der er niemals sein würde. Selbst wenn er sich etwas aus ihr machte, bedeutete das noch lange nicht, dass er sie liebte. Justin war ein Mann, der nicht lieben konnte. Er besaß diese Fähigkeit gar nicht.
Ihre Gedanken vollführten Bocksprünge, bis ihre Schläfen schmerzten. Sie schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen die gepolsterten Samtkissen; sie lauschte dem Knarren des Pferdegeschirrs, dem Rattern der Räder auf der unbefestigten Straße, entschlossen, ihr Selbstgespräch in eine andere Richtung zu lenken. Also versuchte sie, sich darauf zu konzentrieren, was sie mit ihrer Zukunft anfangen würde, wenn erst einmal der Skandal vergessen und sie wieder auf sich selbst gestellt wäre. Er würde ihr helfen bei einem neuen Anfang, das glaubte sie jetzt. Wenigstens in dieser Hinsicht war sie sicher, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Über alles, was darüber hinausging, wollte sie lieber noch nicht nachdenken.
Jedenfalls musste sie sich eines merken. Sie durfte nicht aufhören, wachsam zu bleiben, nicht einmal für einen Moment. Denn wenn sie das tat, würden diese eindringlichen Augen und die heißen Blicke Erinnerungen in ihr wecken, die sie lieber verdrängte. Erinnerungen daran, wie es sich angefühlt hatte, als er sie küsste, sie berührte, sie liebte. Wie ihr Blut sang, wenn er in sie eingedrungen war. Wenn sie über diese Dinge nachdachte, würde sie wieder nach ihm verlangen, und nach ihm verlangen bedeutete, ihn zu lieben. Das war ein Ablauf, den sie nicht riskieren durfte. Sie hatte es einmal überlebt, ihn zu lieben. Noch einmal würde sie das nicht schaffen.
Ein zweites zerbrochenes und blutendes Herz hielte sie nicht aus.
Greville Hall war noch herrlicher, als Ariel es in
Weitere Kostenlose Bücher