Ein verfuehrerischer Handel
woher Phillip von den wöchentlichen Treffen mit Harcourt wusste; aber es war ein Jour fixe, den Justin nur selten verpasste. Normalerweise trafen sich die beiden in ihrem Club in St. James, und Justin kam immer erst weit nach Mitternacht nach Hause.
Justin wäre also nicht da, und vielleicht war das auch günstiger. Sie könnte die Dinge mit Phillip ein für alle Mal klären.
»Möchtet Ihr, dass ich eine Antwort hinbringe?«, fragte Silvie, und Ariel blickte das dunkelhaarige Mädchen überrascht an. Sie war so in Gedanken verloren, dass sie ihre Zofe ganz vergessen hatte.
»Ja ... eine gute Idee!« Sie setzte sich wieder an ihren Schreibtisch und schrieb schnell ein paar Zeilen an Phillip, dass sie seinen Vorschlag akzeptiere. Sie versiegelte die Nachricht mit einem Tropfen Wachs und reichte sie ihrer Zofe.
»Ich sorge dafür, dass er sie sofort bekommt.«
»Danke, Silvie.« Sie sah dem Mädchen nach, als es davoneilte und fragte sich, was es wohl dachte. Hoffentlich glaubte sie nicht, dass es sich hier um eine Art verbotene Beziehung zwischen ihr und Phillip handelte. Sie hatte daran gedacht, dem Mädchen eine einfache Erklärung zu geben; doch eigentlich ging es Silvie gar nichts an, und was genau sollte sie ihr sagen? Hoffentlich würde das Problem nach dem heutigen Abend gelöst sein, und dann spielte es sowieso keine Rolle mehr.
Ariel seufzte und wünschte, sie müsste Phillip nicht noch einmal wehtun. Entschlossen, die bevorstehende Begegnung aus ihren Gedanken zu vertreiben, setzte sie sich wieder an ihren Schreibtisch und arbeitete weiter.
Eine warme Sonne schickte an diesem frühen Morgen ein rosiges Licht durch die bunten Glasfenster im Stadthaus von Clayton Harcourt. Er küsste die üppige junge Frau, die er nach unten gebracht hatte und leitete ihre Verabschiedung ein.
Er gab ihr einen kleinen Klaps auf den Hintern. »Sei ein gutes Mädchen, Lizzy, und geh nach Hause. Du hast mich in der letzten Nacht beinahe umgebracht. Noch ein paar Runden mehr, und ich erhole mich vielleicht nie wieder!«
Elizabeth Watkins, die gerade erst verwitwete Gräfin von May, lachte begeistert auf. »Du hast das Durchhaltevermögen eines Bullen, Clayton Harcourt. Ich glaube, du bist meiner einfach nur überdrüssig.«
»Wer könnte deiner jemals überdrüssig werden, mein Johannisapfel? Du hast Brüste wie reife Melonen, einen Mund wie ein Samthandschuh und eine ...« Es klopfte an der Tür, und er behielt den Rest seiner deftigen Bemerkung für sich. Da er seinen Butler und die meisten seiner Diener weggeschickt hatte, um in der Nacht ungestört zu sein, blickte er selbst durch den Türspion. Zu seiner Überraschung entdeckte er Justin Ross neben der Statue mit dem Löwenkopf vor seinem Eingang.
Besorgnis beschlich ihn. Es war viel zu früh für einen normalen Besuch. Ihr geschäftliches Treffen sollte erst am Abend stattfinden. Was auch immer Justin von ihm wollte, musste wichtig sein.
Clay wandte sich zu Elizabeth, deren dichtes, lockiges Haar struppig abstand und deren Kleid nach einer Nacht, in der es auf dem Boden gelegen hatte, zerknittert war. Er lächelte. »Falls du meinem Freund Lord Greville nicht begegnen möchtest, würde ich vorschlagen, du nimmst den Hinterausgang. Ich sage dem Kutscher, dass er dich dort abholen soll.«
Dabei würde Justin kein Wort verlieren, wenn er sie am frühen Morgen in der Gesellschaft von Clay fand. Es war nicht die Diskretion seines Freundes, wegen der er sich Sorgen machte, es war die Empfindsamkeit der Lady.
»Vielleicht sehen wir uns später in der Woche noch einmal«, schlug Elizabeth vor und gab ihm einen letzten Kuss auf die Wange. Als Clay sich nicht festlegte und stattdessen einfach nur nickte, lief sie mit einem Schmollmund davon.
Justin klopfte noch einmal, und Clay öffnete die Tür. »Tut mir Leid, dass du warten musstest«, entschuldigte er sich. »Ich habe mich gerade von einer ... Freundin verabschiedet.«
Justin zog eine Braue hoch, als Clay an ihm vorbei die Vordertreppe hinunterstieg und seinen Kutscher anwies, die
Lady hinter dem Haus abzuholen. Dann kam er mit großen Schritten zurück.
»Ich dachte, wir wollten uns heute Abend treffen«, wandte er sich an Justin und winkte seinem Freund, ihm zu folgen. Er war nicht gerade korrekt gekleidet für Besuch, sondern in die Hose geschlüpft, die er am gestrigen Abend achtlos neben das Bett geworfen hatte: seine Füße waren nackt, sein zerknittertes Hemd stand offen. Aber Justin sah so aus, als würde
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