Ein verführerischer Pakt
schweigen von seinem Stadthaus hier, waren horrend. Wenn er dazu noch die Kosten für die Pflege seines Vaters rechnete, hatte er seine Ressourcen fast bis an die Grenzen ausgeschöpft. Zwar war er schon seit geraumer Zeit nicht mehr vom Bankrott bedroht, aber seine sparsame Lebensweise musste er dennoch beibehalten.
Es gab Schlimmeres, als für arm gehalten zu werden. Dieser Zustand ermöglichte einem eine gewisse Freiheit, die bei Reichtum undenkbar war. Auf jeden Fall wurden dadurch die gesellschaftlichen Verpflichtungen stark reduziert, was ihm sehr entgegenkam. Abgesehen von den Kendales und den Hammersleys hatten die meisten seiner so genannten Standesgenossen kaum mehr als ein Nicken für ihn übrig.
Distanz zu wahren war für ihn zu einer Lebensweise geworden. Das war sicherer, vor allem, was Frauen betraf. Für jemanden zu viel zu empfinden, war unklug. Jemanden zu lieben, war schlichtweg dumm.
Er antwortete Lily so vorsichtig wie möglich. "Ihr Angebot ist sehr freundlich, und Sie erweisen mir damit eine große Ehre, Lily, aber ich muss es leider ablehnen. Wissen Sie, ich werde niemals heiraten. Aus bestimmten Gründen ist es mir nicht möglich."
"Aber natürlich können Sie das!" widersprach sie und hörte sich beinahe wieder so flehend an wie am Anfang ihrer Begegnung. "Warum denn nicht?"
Er beugte sich vor, als wollte er ihr ein Geheimnis anvertrauen. "Weil es, meine Liebe, in meiner Familie eine vererbbare Geisteskrankheit gibt. Jeder weiß das, auch wenn alle das Thema in meiner Gegenwart tunlichst vermeiden."
Ihr Blick wurde weich vor Mitgefühl. "Guy, es tut mir sehr Leid, dass Ihr Vater krank ist, und es ist sehr liebenswert, dass Sie mich vorwarnen. Aber sein Zustand spielt überhaupt keine Rolle. Darüber mache ich mir nicht die geringsten Sorgen. Ich bitte Sie einzig und allein um die Sicherheit Ihres Namens für mich und meinen Sohn. Als Gegenleistung erhalten Sie meinen Witwenanteil. Ich finde, das ist ein faires Geschäft. Was denken Sie?"
"Dass es unverantwortlich von Ihnen wäre, die offensichtlichen Nachteile zu ignorieren. Mein Vater ist geistesgestört, und das schon seit vielen Jahren. Ich weigere mich strikt, unter diesen Umständen einen Erben in die Welt zu setzen."
"Nun, dann ergänzen wir uns ja ausgezeichnet, da ich keine weiteren Kinder mehr bekommen kann." Obwohl sie lächelte, verrieten ihre Augen, wie viel dieses Geständnis sie gekostet hatte.
Er ging nicht darauf ein, weil er sie nicht noch trauriger machen wollte. Wenigstens hatte sie einen Sohn, während er nicht riskieren durfte, überhaupt je ein Kind zu zeugen.
Tapfer fuhr sie fort: "All Ihre finanziellen Probleme wären gelöst. Beau könnte eine männliche Bezugsperson gebrauchen, wenn Sie denn geneigt wären, sich mit ihm zu beschäftigen. Jonathan ist nun schon seit zwei Jahren tot, und ich muss zugeben, ich vermisse das Eheleben." Jetzt lächelte sie aufrichtig, senkte dann aber hastig den Blick und errötete.
Guy war einerseits schockiert, andererseits aber auch belustigt. "Donnerwetter, für eine Dame sind Sie ziemlich unverblümt. Diese Herrenkleidung muss Ihnen zu Kopf gestiegen sein!"
"Ich bin unverblümt wie ein Mann, meinen Sie etwa das? Ich dachte nur, dass keine Zeit vorhanden ist, sich in gezierten Umschreibungen zu verlieren. Mir fehlt es wirklich, eine Ehefrau zu sein."
Guy überdachte die tiefere Bedeutung dessen, was die Baroness eben gesagt hatte. Eine echte Dame hätte niemals zugegeben, dass sie Gefallen an den ehelichen Pflichten fand. Doch wenn er sie nicht missverstanden hatte, dann hatte sie eben genau das gemacht. Er tat so, als legte er ihre Worte auf andere Art und Weise aus, unverfänglicher. "Also haben Sie Ihren Mann sehr geliebt?"
Sie lächelte, als wüsste sie ganz genau, was in ihm vorging. "Jonathan war ein wunderbarer Mensch. Wir beiden waren die besten Freunde, obwohl er viel älter war als ich. Ich habe ihn vergöttert."
Guy lächelte. "Wie wunderbar für Sie beide. Im Allgemeinen gibt es wenige Paare, die als lohendes Vorbild erscheinen. Zwar habe ich ein, zwei Ausnahmen kennen gelernt, aber ich für meinen Teil glaube nicht an ein eheliches Glück." Er schüttelte seufzend den Kopf und glaubte, dieser merkwürdigen Unterhaltung damit ein Ende bereitet zu haben.
Doch statt der erwarteten Ernüchterung hellte sich Lilys Miene auf. "Dann ist das ja geklärt! Sie können nicht enttäuscht werden, wenn wir gar nicht erst auf rosa Wolken schweben! Also – wollen wir es
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