Ein verführerischer Schuft
nehme an, du möchtest daran teilnehmen, oder?« Er schaute sie fragend an.
Sie kniff die Augen zusammen.
»Natürlich.«
Er senkte den Kopf. »Dann werden wir zum Dinner bei Lady Martindale erwartet, gefolgt von zwei Bällen, das heißt, wir sind nur wenige Stunden später wieder unterwegs. Ich dachte, du solltest dir vorab die Zimmer ansehen, bevor die anderen kommen, nur für den Fall, dass es irgendwelche Schwierigkeiten gibt oder du etwas ändern möchtest.«
Mit zusammengepressten Lippen schaute sie in seine schwarzen Augen; sie hatte diese Miene unbeirrbarer Entschlossenheit schon zuvor bei ihm gesehen - sie wusste, er würde sich nicht von seinem Kurs abbringen lassen … Und vielleicht hatte er ja auch recht.
Sie schnitt eine Grimasse.
»Deine Cousine - hat sie nur zwei Töchter?«
Tony nickte; er nahm sie beim Ellbogen und drehte sie zur Tür um.
»Wenn du dir Sorgen machst, sie könnte sich wegen der Jungen aufregen und am Ende sogar in Ohnmacht fallen, lass es. Miranda war früher ein echter Wildfang und ist daher hart im Nehmen. Wir haben einen Großteil unserer Kindheit zusammen verbracht, weil wir beide keine Geschwister hatten. Wenn überhaupt, so wird sie mit deinen Brüdern in ihrem Element sein - und ihre Töchter ebenso. Wenn ich mir ein Urteil erlauben darf, so glaube ich, sie werden es den dreien nicht leicht machen.«
Das lenkte sie ab, genug, dass er sie zur Treppe steuern konnte. Aber …
»Ich muss mit Fitchett sprechen und der Köchin auch, ehe wir losfahren können.«
Wenigstens war sie schon einmal auf der Treppe und bewegte sich in die richtige Richtung. Er kam mit ihr - alles andere wäre zwecklos. Stoisch harrte er an ihrer Seite aus, dann führte er sie entschlossen in die Diele zurück. Dort endlich angekommen nahm er die Pelisse, die sie auf einen Stuhl gelegt hatte, und half ihr, hineinzuschlüpfen.
Dann nahm er ihre Hand, zog sie daran zur Eingangstür und über die Schwelle. Er geleitete sie die Stufen hinab zu seinem Zweispänner, der am Straßenrand wartete. Einer der Pferdeburschen hielt sein Paar Brauner am Zaumzeug. Er half ihr beim Einsteigen, wartete, während sie ihre Röcke ordnete, und setzte sich anschließend neben sie. Mit einem Nicken zu dem Burschen ließ er die Kutsche anfahren. Er schaute zu Alicia und merkte, dass sie seine Hände mit den Zügeln betrachtete und dann die Pferde, die vom langen Stehen unruhig waren.
Er erkannte, dass sie nervös war; er hielt die Pferde in einem langsamen Trab.
»Keine Sorge - sie werden nicht durchgehen.«
»Oh - ich … ich habe nur so selten Gelegenheit, hinter so kräftigen Tieren zu sitzen. Sie sind sehr stark, nicht wahr?«
»Ja, aber ich halte schließlich die Zügel.«
Es verging ein Moment, bis sie diese Antwort verdaut hatte, dann entspannte sie sich aber. Sie sah ihn an.
»Du hast mich bislang nicht kutschiert.«
Er zuckte die Achseln.
»Dazu bestand bislang auch keine Notwendigkeit.«
Aber heute war es etwas anderes; er wollte sie für sich, ohne ihre Familie um sie herum. Wenn sie zum ersten Mal über die Schwelle seines Hauses trat, wollte er bei ihr sein, nur sie beide allein, sonst niemand - keine Ablenkungen. Er wollte diesen Augenblick für sich selbst; er weigerte sich, Zeit darauf zu verschwenden, zu überlegen, weswegen das so war.
Glücklicherweise akzeptierte sie seine Bemerkung ohne nachzufragen; er entspannte sich noch ein wenig mehr - und sie schaute sich um, als er sie mitten nach Mayfair brachte.
Als der Augenblick dann kam, war er so schlicht und ungestört, wie er es sich gewünscht hatte; nur Hungerford war da, hielt die Tür auf, während Tony sie, eine Hand an ihrem Ellbogen, ins Haus in die Eingangshalle führte.
Sie blickte zu Hungerford, nickte und lächelte, dann schaute sie hoch und nach vorne und einmal im Kreis … hielt inne, besah sich alles in Ruhe.
Hungerford schloss die Haustür, blieb aber zurück. In der Halle stand kein Lakai, und auch sonst niemand störte den Moment.
Sie drehte sich einmal im Kreis; Tony fragte sich, welchen Eindruck sie hatte, was sie über sein Zuhause dachte.
Nach einem Augenblick sah sie ihn an. Sie spürte, dass er auf ihre Meinung wartete und lächelte.
»Es ist viel weniger einschüchternd, als ich es mir vorgestellt hatte.« Ihr Lächeln vertiefte sich, wurde weicher; sie schaute sich erneut um.
»Viel gemütlicher. Ich kann mir hier gut Leute - Kinder vorstellen … Man fühlt sich willkommen.«
Ihre Erleichterung war nicht
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