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Ein verführerischer Schuft

Ein verführerischer Schuft

Titel: Ein verführerischer Schuft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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den Kopf wieder nach hinten, konzentrierte sich darauf. Ein einsames Moor. Sie würden zu einer verlassenen Mine erst ein Stück gehen müssen … Der Kutscher würde bei den Pferden bleiben müssen …

    Während der Tag in den Abend überging, benahm sie sich genau so, wie Sir Freddie es wollte. Sie überlegte, so zu tun, als ob sie die Nerven verlöre und zu weinen begänne, aber sie war keine so gute Schauspielerin, und wenn Sir Freddie vermutete, dass sie sich mit ihrem Schicksal nicht abgefunden hatte … Stattdessen verhielt sie sich so, wie sie annahm, dass sich eine französische Herzogin auf dem Weg zur Guillotine benommen hätte. Hocherhobenen Hauptes, hochnäsig und überlegen, aber ohne irgendeinen Hinweis darauf, dass sie sich gegen ein unabwendbares Schicksal aufzulehnen beabsichtigte.
    Er musste glauben, dass sie sich damit abgefunden hatte, dass sie hochmütig, aber widerstandslos in den Tod gehen würde. Wenn sie seinen Hintergrund, seine Herkunft berücksichtigte, würde es das sein, was er am ehesten von ihr erwarten würde, von einer Dame seines Standes.
    Je weiter sie reisten, an einem Gasthof nach dem anderen anhielten, desto mehr fiel es ihr auf, wie seine angeborene Einbildung seine Vorsicht verdrängte. Er gestattete ihr sogar, den Abtritt einer Poststation zu benutzen, auch wenn sie keine Gelegenheit erhielt, mit irgendjemandem zu sprechen, und er die ganze Zeit über die Tür im Auge behielt.
    Die Nacht brach an; vier Pferde waren vor die Kutsche gespannt und zogen sie stetig weiter von London fort. Sie schloss die Augen und tat so, als schliefe sie. Ihre Nerven waren angespannt, und sie bemühte sich ruhig zu atmen. Exmoor hatte er gesagt, und Exeter war noch ein Stück entfernt. Es würden Stunden vergehen, ehe sie ihre Chance erhielt. Ihre einzige Chance auf das Leben, das sie - wie sie jetzt mit völliger Sicherheit wusste - haben wollte. Das Leben, für das sie sogar kämpfen würde, das sie entschlossen war zu bekommen.
    Nicht als Tonys Mätresse, sondern als seine Frau. Als seine Viscountess, die Mutter seines Erben und anderer Kinder auch. Sie hatte viel zu viel, für das es sich zu leben lohnte, um jetzt zu sterben.
    Und sie wusste, dass Tony sie liebte. Das hatte er ihr nicht nur gesagt, sondern ihr auch gezeigt. Wenn sie irgendeinen Zweifel daran gehabt hätte, wie es um seine Gefühle in Wahrheit bestellt war, so hatten Sir Freddies Frage, wie Tony reagieren würde, wenn er ihre Leiche fand, und das Bild, das er davon gemalt hatte, alle Zweifel zerstreut.
    Am Boden zerstört war ein viel zu milder Ausdruck - sie wusste exakt, was er empfinden würde, weil es ihr im umgekehrten Fall ebenso ergehen würde.
    Sie liebten einander aufrichtig und schrankenlos mit derselben Tiefe. Das stellte sie nicht länger infrage. Wenn sie das hier erst einmal hinter sich gebracht hatten, Sir Freddie und seine tödlichen Pläne überwunden, würde sie mit Tony sprechen. Vielleicht sah er die Lage noch nicht so wie sie, aber sie war eine passende Braut für ihn. Er hatte sie in den Augen der guten Gesellschaft als ebenbürtig eingeführt, wenn seine Mutter auch nur entfernt wie Lady Amery und die Duchess of St. Ives war, dann hielt sie es für unwahrscheinlich, dass es von ihrer Seite Probleme geben könnte.
    Sie wollte ihn heiraten, und wenn das hieß, dass sie das Thema selbst aufbringen musste, dann würde sie das tun. Kühn. Nach der letzten Nacht konnte sie bei allem kühn sein, wenigstens ihm gegenüber.
    Diese Aussicht - ihre Zukunft an Tonys Seite, füllte ihre Gedanken aus. Freude und Glück wallten in ihr auf, und alle Ängste, dass es doch nicht dazu kommen würde, waren zwar noch da, aber eher am Rande. Sie weigerte sich, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, und klammerte sich an die Freude.
    Hielt sich an das Bild einer glücklichen Zukunft, bezog daraus Kraft. Ihre Entschlossenheit, dafür zu sorgen, dass es so kam, dass es so sein würde, füllte sie gänzlich aus.
    Und unerwarteterweise schlief sie dann wirklich ein.

    Das laute Rattern der Räder auf Kopfsteinpflaster weckte Alicia aus ihrem leichten Schlaf. Es war tiefste Nacht, schon nach Mitternacht; sie hatte eine Kirchturmglocke zwölfmal schlagen hören, als sie vor einer Weile durch Exeter gefahren waren, das nun freilich schon ein Stück hinter ihnen lag.
    Sir Freddie hatte die Vorhänge von einem Fenster zurückgezogen. Durch die Scheibe konnte sie die Umrisse einer Hecke ausmachen. Dahinter erstreckte sich trostlos

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