Ein verfuehrerischer Tanz
ihre Sinne, weil sie es wert war. Diese Frau hätte eigentlich Dutzende von Bewerbern haben müssen, die ihr den Hof machten. Wieso war sie auf Bällen jahrelang das Mauerblümchen gewesen, das keinen abbekam? Warum hatte er sie nicht schon früher zum Tanzen aufgefordert?
Verdammt und zugenäht, er war ein Idiot. Aber ein sehr glücklicher Idiot.
Sie löste sich von ihm.
»Ich glaube, sie sind weg.« Sie warf einen Blick über ihre Schultern, ihre Wangen waren gerötet. »Brillante Idee. Damit hast du das Problem elegant aus der Welt geschafft. Flitternden Pärchen wird so ziemlich alles verziehen, sogar schlechtes Benehmen.«
»Gut, dann weiß ich, was wir tun. Wir machen für den Rest unseres Lebens Flitterwochen.«
Sie lachte.
»Im Ernst, Spencer, ich frage mich … Da kann man doch bestimmt etwas dagegen machen. Hast du schon versucht …?«
»Ja.«
»Aber ich war noch nicht zu Ende mit meinem …«
»Spielt keine Rolle. Ich habe schon alles versucht, und nichts hat funktioniert. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, Amelia, dass es so ist. Ich muss mit diesem Problem leben.«
»Ich verstehe«, murmelte sie enttäuscht.
Frustriert fuhr Spencer sich über das Gesicht. Natürlich hatten die Zeiten sich geändert. Er war jetzt verheiratet. Und er war für Claudia verantwortlich. Zwar konnte er sich persönlich ein Leben ohne gesellschaftliches Brimborium vorstellen, aber das auch von Amelia zu erwarten, war nicht fair. Sie war die geborene Gastgeberin und pflegte Freundschaften … das brauchte sie wie die Luft zum Atmen. Außerdem hatte er gegenüber seinem Mündel Verpflichtungen. Er würde das Mädchen demnächst in die Gesellschaft einführen und auf die Debütantinnenbälle begleiten müssen. Der Duke spürte einen bitteren Geschmack im Mund und zog eine Grimasse.
»Kann ich dir denn nicht irgendwie helfen?«, fragte sie.
»Nein, nein. Lass mich einfach allein.«
»Ich könnte dir …«
»Nein, lass mich«, sagte er etwas zu heftig. Sie fuhr zusammen. Mist, er hatte sich wieder danebenbenommen, dabei war sie die Hilfsbereitschaft in Person. Aber in diesem Fall konnte sie nichts für ihn tun. Er atmete tief durch und zwang sich, besonnen zu antworten.
»Wenn ich so einen Anfall habe, muss ich allein sein.«
»Also gut.« Sie stand auf. »Dann gehe ich wieder rein. Bleib ruhig hier, ich entschuldige dich bei den Gästen.«
Mit diesen Worten ging sie zum Eingang des Hauses. Spencer seufzte tief bekümmert. Gerade hatte er sich Amelia näher gefühlt als in den Wochen davor. Sein verdammtes Handikap machte ihm das Leben zur Hölle. Er konnte sagen und machen, was er wollte, sie fanden vermutlich nie zu einem Kompromiss. Für sie gehörten gesellschaftliche Anlässe zum Leben dazu, für ihn war es Quälerei.
Hatte er wirklich alles versucht? Nein, nicht alles. In seiner Jugend hatte er mit eisernem Willen verschiedene Methoden ausprobiert – bei den meisten war Alkohol im Spiel gewesen. Stets getrieben von seinen egoistischen Wünschen und Zielen, wollte er die Schule besuchen, mit Mädchen flirten. Und es frustrierte ihn sehr, dass er dazu kaum in der Lage war.
Aber eins hatte er noch nicht ausprobiert: Für Amelia war er noch nie über seinen Schatten gesprungen.
Es war zumindest einen Versuch wert.
»Bist du dir auch ganz sicher?« Amelia forschte in Spencers Gesicht nach Anzeichen von Skepsis.
»Zum hundertsten Mal, Amelia. Ich bin mir ganz sicher.«
»Es macht dir wirklich nichts aus?«
»Nein.«
Sie zog ihre Handschuhe an.
»Wenn du willst, bleiben wir hier.«
»Ich weiß.«
»Wir könnten warten, bis der Tanz beginnt, aber vermutlich erwarten sie von uns, dass wir ihn eröffnen. Wir bleiben nur für ein, zwei Tänze, ja? Sag mir, wenn du gehen willst. Oder wir vereinbaren ein Zeichen. Zum Beispiel könntest du den obersten Knopf deines Jacketts berühren.«
»Ein Zeichen?« Er zog die Augenbrauen hoch. »Sind wir etwa Geheimagenten der englischen Krone? Kann ich dich nicht einfach aus dem Saal tragen, wenn ich die Faxen dicke habe? Das letzte Mal hat es hervorragend geklappt.«
Sie warf ihm einen kritischen Blick zu. Was schwierig war, denn er sah schlicht umwerfend aus.
»Schau mich nicht so an. Ich dachte, es hätte dir gefallen.« Sein Blick verdunkelte sich. »Ich jedenfalls fand es schön.«
Sie errötete. Offen gestanden hatte es ihr auch gefallen. »Ein heimliches Zeichen reicht. Das andere heben wir uns für später auf, wenn wir allein sind.«
Sie tauschten ein
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