Ein verfuehrerischer Tanz
zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Spencer hielt ihr den Mund zu.
Der Mann schnaubte.
»Ja, und jeder, der zwei Augen hat, kann sehen, dass er die Kleine mit seinen Blicken vernascht. Und das in aller Öffentlichkeit!«
Amelia riss die Augen auf. Spencer warf einen gierigen Blick auf ihre Brüste, während er seine Hand weiter auf ihre Lippen presste.
Der Mann senkte die Stimme, und Amelia spitzte die Ohren. »Ich an seiner Stelle würde sie keine Sekunde lang aus den Augen lassen. Wenn sie schamlos vor seinen Augen mit anderen flirtet, stell dir bloß vor, was sie macht, wenn er mal nicht hinschaut.«
»Ach Unsinn«, zischte die Dame. »Amelia ist nicht so. Die beiden sind ein Herz und eine Seele. Es geht doch nichts über frisch verheiratete Paare.«
Amelia konnte nicht mehr, ihre Schultern bebten. Spencer warf ihr einen mahnenden Blick zu, worauf sie sich krampfhaft um Fassung bemühte. Nichts zu machen. Hilflos kicherte sie, während er ihr immer noch den Mund zuhielt, lachte Tränen, bis die Musiker eine neue Melodie anstimmten und das Paar wieder in der Menge verschwand.
Sie konnte sich vor Lachen kaum halten. Denn wenn sie damit aufhörte – das, was die zwei gefaselt hatten, war lächerlich –, musste sie zugeben, wie sehr sie sich wünschte, dass es wahr wäre. Von wegen Lachtränen – sie würde … losheulen wie ein Schlosshund.
Kann ich dich jetzt loslassen?, fragte sein Blick.
Sie nickte.
»Ach, du liebe Güte«, flüsterte sie, als er die Hand von ihrem Mund nahm, und wischte sich die Tränen von den Wangen. »Entschuldige, aber das war so …« Ihr Lachen mündete in ein Schluchzen. »Wenn die beiden wüssten …«
»Was wüssten?« Seine Hand schoss abermals vor. Aber dieses Mal presste er sie nicht auf Amelias Lippen, sondern hob sanft ihren Kopf und blickte ihr in die Augen.
»Die Wahrheit?«
Schlagartig verebbte ihr Lachen, und sie hielt den Atem an.
»Amelia«, flüsterte er, »ich glaube, du würdest die Wahrheit nicht einmal dann erkennen, wenn sie dich in deinen süßen Po kneifen würde.«
Er küsste sie auf ihre Stirn. Was hatte das zu bedeuten? Wollte sie überhaupt so geküsst werden?
»Pass auf«, raunte er. »Nach diesem Tanz schleichen wir uns zurück zu den anderen. Dann wahre ich die Etikette und fordere die unsäglichen Wexler-Zwillinge zum Tanzen auf. Am besten Flora.« Sie unterdrückte ein Kichern, und er fuhr mit der Fingerspitze zärtlich die Konturen ihrer Wange nach. »Und danach hole ich mir einen doppelten Brandy und suche mir ein stilles Eckchen, und keiner wird etwas merken. Ich komme dich in einer Stunde holen, bis dahin kannst du tanzen und dich amüsieren.«
»Aber …«
»Kein Aber. Amüsier dich gut.«
Die Musik endete, und er war weg, bevor sie etwas erwidern konnte. Sie vermisste ihn jetzt schon.
Schnell kippte sie den Rest Kräuterlikör hinunter, trocknete sich mit einem Taschentuch die Wangen und kam hinter dem Paravent hervor. Sie war darauf gefasst, dass sie ohne ihren attraktiven Begleiter, den Herzog, die nächste Stunde als graues Mäuschen verbringen würde. Ohne Spencer war sie wie früher bloß die liebe, nette Amelia, die sich auf angenehme, unspektakuläre Weise die Zeit vertrieb und am Rande des Ballsaals mit den Damen plauderte.
So unscheinbar, als verschmelze sie mit der Tapete.
17
S eine Frau war der Mittelpunkt des Festes.
Oberhalb des Saales, auf der Galerie, genoss Spencer seinen Brandy und beobachtete, wie Amelia unten mit dem vierten Gentleman in Folge tanzte. Eben schwebte sie mit einem seligen Lächeln von der Tanzfläche. An ihrem Tisch angekommen, plauderte sie mit einer Dame, und die anderen Gäste lachten. Alle waren ganz Ohr, kaum dass die Herzogin den Mund aufmachte. Sämtliche Blicke waren auf sie gerichtet, auf die schimmernde kobaltblaue Atlasseide, die ihre üppigen Kurven umschmeichelte. Ihre blauen Augen strahlten.
Zweifellos war die allgemeine Faszination in gewisser Weise ihrem neuen Titel zuzuschreiben. Aber Titel hin, Herzogin her, damit hätte sie die Gäste bestimmt nicht dauerhaft in ihren Bann gezogen. Nein, es war Amelia selbst. Sie war bezaubernd. Entzückend. Hinreißend. Von wegen spätes Mädchen. Heute Abend war ihre Aura prickelnd wie teurer Champagner. Alle rissen sich um sie, hingen an ihren Lippen und buhlten um die vor Charme sprühende Herzogin.
Spencer spürte einen Anflug von Neid. Er wollte sie mehr als alle anderen. Einen teuren Brandy in Ruhe zu genießen versöhnte ihn
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