Ein verfuehrerischer Tanz
herein.
»Was ist das?«, fragte sie ihre Zofe.
»Ihre neue Garderobe, Mylady. Sie ist eben aus London eingetroffen.«
War das etwa die Lieferung, von der Spencer gesprochen hatte?
Amelia erkannte die lavendelblauen Bänder wieder, mit denen die Kartons verschnürt waren. Die Pakete stammten von der Londoner Schneiderin, die ihr Hochzeitskleid geschneidert hatte. Vermutlich hatte Spencer eine neue Garderobe für sie bestellt, die natürlich nicht in einem Tag angefertigt worden war. Es grenzte schon an ein kleines Wunder, was die Näherinnen innerhalb einer Woche bewerkstelligt hatten. Sie bestaunte den wachsenden Berg von Kisten und Kartons. Es waren mindestens ein Dutzend Kleider. Und wenn die neuen Kleider nur halb so schön waren wie ihr perlgraues Seidenkleid, dann war sie garantiert die bestgekleidete Lady in ganz Cambridgeshire.
Voller Vorfreude stürzte sie sich auf die erste Kleiderschachtel und zog neugierig an der Verschlusskordel. Sie wollte jedes Paket selbst öffnen und sich Zeit lassen. Es war so aufregend, als würden Ostern und Weihnachten auf einen Tag fallen.
»Eure Hoheit?«, unterbrach eines der Mädchen zaghaft ihr Freudenfest und reichte Amelia eine gefaltete Notiz.
Amelia öffnete das Blatt und überflog den Inhalt:
»In einem dieser Kartons ist ein Reitkostüm. Wir treffen uns um zehn Uhr in den Stallungen. Sei pünktlich.«
S.
Eine Weile starrte Amelia auf die Notiz. Seine Handschrift faszinierte sie, genau wie beim ersten Mal, als er im Pfarrregister unterschrieben hatte. Seine Schrift war anders als die, die wohlerzogene englische Kinder von ihren Lehrern und Gouvernanten beigebracht bekamen, und trotzdem gut lesbar, stark, schwungvoll, selbstbewusst. Jeder Federstrich verströmte Selbstvertrauen. Amelia fand sie seltsam erregend.
Und das Verrückte war, vor dem Wort »sei« hatte er einen Buchstaben dick mit Tinte durchgestrichen. Ein »b« wie in »bitte«? Amelia hätte es nicht zu sagen vermocht, aber es sah verdächtig nach einem B aus.
Hatte ihr Mann sie fast um etwas gebeten?
»Oh, sie ist bereit, Hoheit. Sie ist wohl ein wenig nervös, aber sie ist ja auch noch unerfahren.« Die Stute schnaubte abrupt und tänzelte seitwärts. Der Stallbursche wies sie barsch zurecht und zog am Halfter. »Und sie ist ängstlich.«
Spencer schüttelte missmutig den Kopf. Seine eigenen Tiere wurden behutsam trainiert, und es ärgerte ihn maßlos, wenn die Gentlemen ihre hypersensiblen Pferde unvorbereitet in seine Ställe schickten. Denn Pferde hatten einen natürlichen Instinkt zu gehorchen. Ein Besitzer, der nicht vertrauensvoll mit seinem Pferd arbeitete, konnte Spencer gestohlen bleiben.
Er tätschelte die Nüstern der Stute und sprach leise auf das Tier ein.
»Habt ihr schon einen Probierhengst an sie herangelassen?«, fragte er den Stallburschen.
»Ja«, erwiderte dieser. »Das hat sie sich auch gefallen lassen. Aber sie keilte aus, als er versuchte, sie zu besteigen. Wir müssen sie an den Beinen festbinden, sonst tritt sie aus.«
Spencer nickte, während er die Stute zerstreut hinter einem Ohr kraulte. Um einen wertvollen Deckhengst nicht zu ermüden oder zu gefährden, wurden Probierhengste eingesetzt, die testen sollten, ob eine Stute zur Paarung bereit war. Es war das Standardverfahren in einem Zuchtbetrieb, und Spencer hatte sich nie viel dabei gedacht. Aber heute Morgen war er ungewöhnlich nachdenklich.
Ob diese gängige Praxis der Gesundheit und dem Elan seiner Hengste abträglich war? Er fühlte sich heute Morgen nämlich in bemerkenswert guter körperlicher Verfassung, nachdem er nicht länger Verzicht üben musste. Andererseits beschäftigte es ihn, dass Amelia mit ihren Vorwürfen Recht hatte. Er kümmerte sich mehr um das Wohlergehen seiner Zuchtstuten als um seine eigene Frau. Bei der Vorstellung, wie gierig er sie letzte Nacht genommen hatte, bei ihrem allerersten Mal … stöhnte er schuldbewusst auf. Und er wurde spontan wieder hart.
Seufzend lenkte er seine Gedanken wieder auf die rossige Stute.
Der Stallbursche führte das Tier eben weg, und Spencer lehnte sich lässig an die Wand und wischte sich umständlich ein paar Strohhalme von den Stiefeln. Es durfte auf keinen Fall so aussehen, als würde er warten. Alle Welt hatte auf einen Duke zu warten, und nicht umgekehrt.
»Spencer?«
Sein Stiefel knallte auf den Ziegelboden. Er blickte auf … Unter dem hohen Rundbogen des Eingangs stand Amelia, beziehungsweise eine neue hinreißende Version von
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