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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I
Autoren: Y.S. Lee
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holen.
    Nein, lieber nicht. Sie würde ihren Anweisungen wortwörtlich folgen.
    Dennoch   … was konnte es schaden? Immerhin blieben ihr nur neun Tage für den Fall.
    Sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte.
    Doch, eigentlich schon.
    Das Fest war auf dem Höhepunkt. Keiner würde sie für ein Viertelstündchen vermissen. Sie schlüpfte vorbei an einer Gruppe von Männern, die in der Nähe der Salontür standen. So, wie sie gekleidet war, in ein schlichtes graues Kleid, sahen die meisten Gäste durch sie hindurch. Außer   –
    Eine von der Hitze leicht derangierte Hemdbrust tauchte plötzlich vor ihr auf. »Wo brennt’s denn?«
    Sie sah direkt in Michael Grays Augen. Grüne Augen. »Ich bitte um Verzeihung?« Sie klang erschrocken, kurzatmig.
    »Sie sind den ganzen Abend herumgerannt. Gehen Sie jemandem aus dem Weg?«
    Darüber musste sie lachen. »Ich kenne niemanden, dem ich aus dem Weg gehen könnte.«
    »Sie kennen mich.«
    »Das ist wohl richtig, ein wenig zumindest«, sagte sie und klang etwas überrascht.
    Er zog eine drollige Grimasse. »›Ein wenig.‹ Wie demütigend, wo ich Ihnen doch den ganzen Abend aufgelauert habe.«
    Flirtete er etwa mit ihr? Doch wohl nicht wirklich. Und wie reagierte man auf so ein Flirten, falls man ebenfalls flirten wollte   …
    Die Verwirrung, die sich auf ihrem Gesicht breitmachte, schien er zu genießen. »Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?«
    »Ich habe den Verdacht, dass Sie es darauf anlegen, mich sprachlos zu machen.«
    Er sah wirklich ziemlich gut aus, wenn er so lächelte. »Schon möglich. Aber ich würde auch gerne versuchen, mich mit Ihnen zu unterhalten. Gewähren Sie mir den nächsten Walzer?«
    »Oh, ich kann nicht   …«
    »Sagen Sie jetzt nicht, dass Ihre Karte schon voll ist   …«
    »Natürlich nicht.« Sie hatte überhaupt keine Tanzkarte. »Aber ich sollte nicht tanzen.«
    Er sah belustigt aus. »Ist das verboten?«
    »Natürlich nicht. Es ist nur, dass   – ich bin nicht   …« Mary machte eine hilflose Geste.
    Michael Grays Blick glitt leicht und bewundernd über sie. »Sie wirken, als seien Sie bestens geeignet zum Tanzen: weiblich, zwei Arme, zwei Füße   … wenigstens soweit ich das sehen kann.«
    Darüber musste sie lachen. »Sie legen mich mit Absicht falsch aus. Ich meine, dass ich nicht zu den jungen Damen gehöre. Sie sollten mit   – einer anderen tanzen.«
    »Und ich gehöre nicht zu den geeigneten Heiratskandidaten. Es liegt quasi in Ihrer Verantwortung, mit mir zu tanzen, verstehen Sie?«
    »Im Gegenteil   … mir scheint, dass es gerade zu wenig Männer gibt. Wenn Sie so unbedingt tanzen möchten, sollten Sie besser eines der jüngeren Mädchen bitten. Das ist bestimmt ganz unverfänglich.«
    »He, Gray!«, erscholl es plötzlich aus dem Flur.
    »Komme schon!«, rief Michael Gray zurück. »Unser Gespräch ist noch nicht beendet«, warnte er sie lächelnd. »Ich behalte mir diesen Tanz immer noch vor.«
    Sie blitzte ihn herausfordernd an und ging um ihn herum. »Dann warten Sie nur, solange Sie wollen.« Sie bog um die Ecke und mit einem Lächeln auf den Lippen eilte sie den Gang entlang. Flirten war anscheinend gar nicht so schwierig, wie sie geglaubt hatte.
    Sowohl der Geräuschpegel als auch die Hitze ließen im hinteren Teil des Hauses etwas nach. Der einzige Raum an diesem verlassenen Ende des Korridorswar Thorolds Arbeitszimmer. Die Dienerschaft war unten und trug fieberhaft immer mehr gekühlte Getränke und Essen auf und öffnete eine Champagnerflasche nach der anderen.
    Mary drehte versuchsweise an dem Türknopf. Natürlich abgeschlossen. Sie zog eine stabile Haarnadel aus ihrem Knoten und bog sie geschickt zurecht. Schlösser zu knacken hatte zu einer ihrer liebsten Aufgaben gehört: Darauf zu achten, dass man nicht entdeckt wurde und gleichzeitig den Geräuschen des Schließzylinders zu lauschen, erforderte große Konzentration. Während ihrer Übungsphasen in der Agentur im letzten Monat hatte sie erfreut und überrascht festgestellt, dass sich ihr früheres Können rasch wieder einstellte. Es war wahrscheinlich nicht weiter verwunderlich, dass die Fähigkeiten, die sie als junge Diebin erlernt hatte, noch vorhanden waren, während ihr die neuen Fertigkeiten wie das Entschlüsseln eines Codes mehr Schwierigkeiten bereiteten. Jetzt allerdings, nach all den behüteten Jahren, waren ihre Nerven den Kitzel nicht mehr so gewohnt und ihre Hände zitterten alarmierend heftig. Sie ließ ab und zwang sich, fünfmal
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