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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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Gestalt in einem schmalen Reifrock und einem Schwall dunkler Haare. »Wie? Wo?« Seine Stimme war plötzlich rau und zu laut.
    Constable Huggins wischte sich die Stirn. »Direkt am Fluss, Sir.«
    James war froh, dass er saß. Nach einem Augenblick fragte er: »Wie kann ich helfen?«
    Huggins nickte, denn das war jetzt wieder sein Gebiet. »Sieht nach einem Unfall aus, Sir   – er muss die Balance verloren haben und in die Grube gestürzt sein, aber wir   –«
    Durch den Schleier der Übelkeit, der ihn umhüllte, begriff er das entscheidende Wort. »
Er
? Es war ein Mann?«
    Huggins nickte. »Baugelände sind so verlockend für Streuner und Gassenjungen, wissen Sie   … Sie halten sie für eine Schatzkiste.«
    Doch keine Frau. Nicht   – er holte tief Luft.
    »Also hat man mich geschickt, um Sie zu bitten, zum Fundort zu kommen.«
    »Selbstverständlich.« James erhob sich. »Ich bezweifle allerdings, dass ich in der Lage sein werde, den Leichnam zu identifizieren, Constable. Ein Vagabund, haben Sie gesagt?« Jetzt, wo er den ersten Schrecken überwunden hatte, ärgerte er sich, dass er voreilige Schlüsse gezogen hatte. Falls Mary tot aufgefunden wurde, dann bestimmt nicht auf einer seiner Baustellen. Er würde sie aus seinen Gedanken verbannen, und zwar ab sofort.
    »Ja, Sir. Ist schwerlich ein angenehmes Thema für einen Sonntag, aber ’ne Leiche ist ’ne Leiche, selbst wenn der Tote wie ein Rumtreiber aussieht. Hat sich wahrscheinlich an den Baumaschinen zu schaffen gemacht oder so.«
    Sie nahmen die wartende Droschke zur Baustelle des zukünftigen Eisenbahntunnels. Der Nachmittag war relativ frei von Gestank, was James dankbar registrierte. Die Männer würden morgen gut arbeiten können, wenn das kühle Wetter anhielt.
    Als er aus der Droschke stieg, bemerkte er eine kleine Gruppe von Menschen. Die Baustelle wurde von einem entnervt wirkenden Polizisten gesichert, der sich als Sergeant Davis vorstellte. Die anderen waren Gassenjungen, Plünderer, Hausierer undTrödler, die sich über die Leiche hermachen wollten.
    James entdeckte ein kleines Bündel am Ende der Tunnelöffnung. »Eine Ahnung, wie der Mann da hingekommen ist?«, fragte er den Sergeanten.
    »Na, gefallen, nehm ich an.«
    James sah den Sergeanten scharf an, aber er hatte nicht sarkastisch klingen wollen. »Haben Sie nach einem Arzt geschickt?«
    Sergeant Davis machte ein störrisches Gesicht. »Wozu? Den kann nicht mal mehr der Herr Jesus selbst lebendig machen.«
    Die Umstehenden kicherten verhalten.
    »Schaffen Sie die Leute fort«, knurrte James. Er legte seine Jacke ab und kletterte in die Grube. Sie führte vom Eingangsbereich des Tunnels in die Tiefe. Er rutschte fast aus und schlitterte seitlich wie ein Krebs auf Händen und Füßen hinunter. Unten richtete er sich wieder auf und stapfte über den schlammigen Boden. Hier war der feuchtkalte Geruch des Flusses stärker, fast wie eine Flüssigkeit, die ihm in die Lungen sickerte.
    Die Füße der Leiche waren klein und steckten   – was für einen Bettler ungewöhnlich war   – in Schuhen. Das Gesicht war in den Schlamm gedrückt, die Arme lagen seitlich ausgestreckt. James lief rascher, als er dem Toten näher kam, und er drehte ihn unsanft um. Der Körper war klein und mager, keineswegs ein ausgewachsener Mann. Also ein Junge. Warum war das so viel schlimmer?
    Er tastete den schlammüberzogenen Hals ab und suchte sinnloserweise nach einem Pulsschlag, erkannte aber fast sofort, dass es vergeblich war. Ein Blick zum Tunneleingang zeigte ihm, dass Huggins und Davis die Menschenmenge in Schach zu halten versuchten. Sie hatten wohl beide nicht besonders viel Autorität.
    Mit seinem Taschentuch wischte James jetzt den Schlamm vom Gesicht. Es war unwahrscheinlich, dass das Kind jemals identifiziert würde, aber er musste es versuchen. Sein Magen zog sich etwas zusammen, als er Sommersprossen freilegte. Die glasigen Augen schienen auf einen Punkt hinter seinem Kopf gerichtet. Die Wimpern waren schlammverkrustet.
    Sein Taschentuch war bereits ganz schmutzig, aber es genügte auch so. James presste die Lippen aufeinander, als er auf den Jungen vor sich hinuntersah. Das Gesicht war verzerrt und verschmiert, die Lippen bläulich. Aber er war es eindeutig.
    Weder ein Streuner noch ein Bettler.
    Und nicht irgendein Kind.
    Alfred Quigley.
    Sein Inneres drehte sich plötzlich und er konnte gerade noch rechtzeitig zur Seite treten, ehe er sein Mittagessen von sich gab. Das Würgen hörte nicht

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