Ein verhängnisvolles Versprechen
weiter.«
»Und zwar hierher?«
»Unter anderem hierher. In diesem Gebäude bieten mehrere Spezialclubs sexuelle Abenteuer für einen internationalen Geschmack.«
»Wenn Sie Spezialclubs sagen …?«
»Also. Wenn Sie flachsblonde Frauen mögen, gehen Sie ins On Golden Blonde. Das ist im ersten Stock hinten rechts. Wenn Sie auf afroamerikanische Männer stehen, gehen Sie in den zweiten Stock zum – das wird Ihnen gefallen, Mr Bolitar – Malcolm Sex.«
Myron sah Win an. Der zuckte die Achseln.
Big Cyndi fuhr mit ihrem Fremdenführervortrag fort: »Diejenigen mit einem Fable für Asiatinnen besuchen den Joy Suck Club …«
»Okay«, sagte Myron, »ich hab’s verstanden. Und wie komm ich da jetzt rein und finde Katie Rochester?«
Big Cyndi überlegte einen Moment lang. »Ich kann mich als Bewerberin ausgeben.«
»Wie bitte?«
Big Cyndi stemmte ihre gewaltigen Fäuste in die Hüften. Das bedeutete, dass sie knapp zwei Meter voneinander entfernt waren. »Nicht alle Männer, Mr Bolitar, haben eine Vorliebe für zierliche Frauen.«
Myron schloss die Augen und rieb sich den Nasenrücken. »Gut, okay. Schon möglich. Hat jemand noch eine andere Idee?«
Win wartete geduldig. Myron hatte immer gedacht, dass Win Big Cyndi nicht ausstehen konnte, aber Win hatte ihn vor einigen Jahren überrascht, indem er etwas gesagt hatte, das eigentlich auf der Hand hätte liegen müssen. »Eins der schlimmsten und allgemein akzeptiertesten Vorurteile ist das gegen übergewichtige Frauen. Keiner versucht auch nur, hinter die Fassade zu blicken.« Und er hatte Recht. Myron hatte sich geschämt, als Win ihn darauf aufmerksam gemacht hatte. Also hatte er angefangen, Big Cyndi so zu behandeln, wie es sich gehörte – nämlich wie jeden anderen Menschen. Das hatte Big Cyndi angekotzt. Als Myron ihr einmal zugelächelt hatte, hatte sie ihm einen kräftigen Schlag auf die Schulter verpasst – er hatte den Arm zwei Tage nicht mehr richtig bewegen können – und ihn angeschrien: »Hören Sie auf mit dem Scheiß.«
»Vielleicht solltet ihr es ganz direkt versuchen«, sagte Win. »Ich warte hier draußen. Lass dein Handy an. Ihr versucht einfach, die Leute zu überreden, euch da reinzulassen.«
Big Cyndi nickte. »Wir könnten vorgeben, ein Paar auf der Suche nach einem flotten Dreier zu sein.«
Myron wollte etwas sagen, als Big Cyndi fortfuhr: »War nur ein Witz.«
»War mir klar.«
Sie zog eine glänzende Augenbraue hoch und beugte sich zu ihm. Der Berg kam zum Propheten. »Aber jetzt, wo ich dieses sehr erotische Samenkorn gepflanzt habe, könnte es für Sie schwierig werden, den Geschlechtsakt mit einer zierlichen Frau zu vollziehen, Mr Bolitar.«
»Das schaff ich schon irgendwie. Gehen wir.«
Myron ging als Erster durch die Tür. Ein Schwarzer mit Designer-Sonnenbrille hielt ihn an. Er trug einen Ohrstöpsel, als arbeite er für die CIA. Er tastete Myron ab.
»Mann«, sagte Myron, »was für ein Aufwand wegen einer Maniküre.«
Der Mann nahm Myron das Handy ab. »Fotos sind hier verboten«, sagte er.
»Das ist kein Kamerahandy.«
Der Schwarze grinste. »Sie kriegen es zurück, wenn Sie wieder gehen.«
Er grinste weiter, bis Big Cyndi in der Tür erschien. Seine Miene verwandelte sich in reines Entsetzen. Als Big Cyndi durch die Tür kam, bückte sie sich wie ein Riese, der in ein Spielhaus für Kinder kommt. Drinnen richtete sie sich wieder auf, breitete die Arme aus und stellte sich breitbeinig hin. Das weiße Lycra schrie vor Schmerz. Big Cyndi blinzelte dem Schwarzen zu.
»Filz mich, mein Großer«, sagte sie. »Ich hab so einiges dabei.«
Das Outfit saß wie eine zweite Haut. Wenn Big Cyndi wirklich was dabeihatte, wollte der Mann nicht wissen, wo.
»Alles klar, Miss. Gehen Sie rein.«
Noch einmal dachte Myron an die von Win angesprochenen akzeptierten Vorurteile. In seinen Worten hatte sich etwas Persönliches verborgen, aber als Myron nachgehakt hatte, hatte Win das Thema gewechselt. Trotzdem, vor ungefähr vier Jahren hatte Esperanza Big Cyndi ein paar Klienten überlassen wollen. Nach Myron und Esperanza war sie am längsten bei MB Reps. Also war es nur logisch, dass sie eigenständig mit Klienten arbeitete.
Myron war jedoch von vornherein klar gewesen, dass es in einem Desaster enden würde. Und so war es dann auch gekommen. Niemand wollte sich von Big Cyndi vertreten lassen. Die Klienten schoben es auf ihre exotische Kleidung, ihr Make-up, ihre Art zu reden (sie knurrte gerne), aber natürlich
Weitere Kostenlose Bücher