Ein verhängnisvolles Versprechen
mich so an?«
»Rufus, hast du …?«
»Was hab ich?« Er warf die Zigarette auf den Boden und sprang auf. Er hob die Hand, als wollte er sie mit dem Handrücken schlagen. Myron trat zwischen die beiden. Rufus brach ab, lächelte und hob die Hände.
»Schon gut, Baby.«
»Worum ging’s denn da gerade?«, fragte Myron ihn.
»Nichts, es ist vorbei.« Rufus sah sie an. »Tut mir leid, Baby. Du weißt doch, dass ich dich niemals schlagen würde, klar?«
Katie sagte nichts. Myron versuchte, ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Es lag etwas darin, was er schon bei ihrer Mutter gesehen hatte. Myron beugte sich zu ihr herunter.
»Soll ich Sie hier rausholen?«, fragte er.
»Was?« Katies Kopf schoss hoch. »Nein, natürlich nicht. Wir lieben uns.«
Myron sah sie an, versuchte wieder, irgendwelche Hinweise für Not oder Schmerz zu entdecken, fand aber nichts.
»Wir kriegen ein Baby«, sagte sie.
»Warum haben Sie Rufus so angeguckt? Als ich den Geldautomaten erwähnt habe?«
»Das war albern. Vergessen Sie’s.«
»Verraten Sie’s mir trotzdem.«
»Ich hab gedacht … aber das stimmt nicht.«
»Was haben Sie gedacht?«
Rufus legte die Füße wieder auf den Kaffeetisch und schlug die Beine übereinander. »Ist schon in Ordnung, Baby. Erzähl’s ihm.«
Katie Rochester sah zu Boden. »Das war nur, na ja, eine Reaktion, ja?«
»Eine Reaktion auf was?«
»Rufus ist dabei gewesen. Weiter nichts. Den Geldautomaten als letzten zu nehmen war seine Idee. Er dachte, weil er in Midtown ist, wäre es schwierig, ihn mit irgendeinem Ort in Verbindung zu bringen. Und mit dem hier schon gar nicht.«
Vor Stolz auf seinen Einfallsreichtum zog Rufus eine Augenbraue hoch.
»Aber wissen Sie, Rufus hat einige Mädchen, die für ihn arbeiten. Und bei denen, die Geld haben, kann ich mir vorstellen, dass er mit ihnen zum Geldautomaten geht, damit sie das Geld abheben. Ihm gehört einer von den Clubs hier. Er heißt Barely Legal. Für Männer, die Mädchen suchen, die …«
»Ich glaub, ich weiß, was gemeint ist. Erzählen Sie weiter.«
»Legal«, sagte Rufus und hob den Zeigefinger. »Der Club heißt Barely Legal. Das Schlüsselwort ist legal. Alle Mädchen sind volljährig.«
»Ich bin sicher, der ganze Lesekreis Ihrer Mutter ist total neidisch darauf, was sie für einen tollen Sohn hat, oder, Rufus?« Myron wandte sich wieder an Katie. »Sie haben also gedacht …?«
»Ich hab gar nichts gedacht. Ich hab einfach reagiert, ohne zu denken.«
Rufus nahm die Füße vom Tisch und beugte sich vor. »Sie hat gedacht, Aimee wäre eins von meinen Mädchen. Ist sie aber nicht. Hören Sie, das ist doch genau die Lüge, die ich den Leuten hier verkaufe. Die Leute glauben, die Girls hier sind vom Land oder aus ihren Elternhäusern in den Vororten ausgerissen und in die Stadt gekommen, weil sie Schauspielerinnen oder Tänzerinnen oder so was werden wollen, und weil sie sich erst mal so durchschlagen müssen. Das ist die Fantasie, für die die Freier hier Geld ausgeben. Sie sollen ruhig glauben, dass sie ein Mädchen vom Land kriegen, wenn ihnen dabei einer abgeht. Eigentlich sind das aber nur Junkies, die ich von der Straße hole. Die Hübscheren haben mehr Glück und können Pornos drehen«, er deutete auf das Filmposter, »und die Hässlicheren müssen direkt an die Freier ran. So einfach ist das.«
»Sie suchen sich also keine Mädchen an High Schools?«
Rufus lachte. »Schön wär’s. Wollen Sie wissen, wo ich mir meine Mädchen suche?«
Myron wartete.
»Zum Beispiel bei den Treffen der Anonymen Alkoholiker. Oder in Rehabilitations-Zentren. Das sind meine Bewerbungscouchs, wenn Sie wissen, was ich meine. Ich setz mich hinten in die Ecke, trink eine Tasse von dem miesen Kaffee da und hör zu. Und in den Pausen sprech ich die Mädels dann an, geb ihnen eine Karte und warte darauf, dass sie rückfällig werden. Und das werden die meisten. Dann kann ich sie einfach einsammeln.«
Myron sah Katie an. »Wow, das ist ja wirklich ein starker Typ.«
»Sie kennen ihn ja gar nicht«, sagte sie.
»Ja, bestimmt ist er eine sehr komplexe Persönlichkeit.« Myron juckte es wieder in den Fingern, aber er schluckte die Bemerkung herunter. »Und wie haben Sie sich kennen gelernt?«
Rufus schüttelte den Kopf. »So nicht.«
»Wir lieben uns«, sagte Katie. »Er hatte geschäftlich mit meinem Dad zu tun. Er ist bei uns zu Hause gewesen, und da haben wir uns angeguckt, und …« Sie lächelte und sah dabei hübsch, jung und dumm
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