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Ein verhängnisvolles Versprechen

Ein verhängnisvolles Versprechen

Titel: Ein verhängnisvolles Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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bespritzt hatte. Wenn man ihn streng ansah, wandte Erik Biel immer als Erster den Blick ab.
    Man konnte es im psychologischen Jargon der modernen Zivilisation ausdrücken – der Quatsch von wegen Stärke komme von innen heraus und Gewalt sei noch nie eine Lösung gewesen  – aber das waren nur Ausflüchte. Man konnte sich dahinter verstecken – zumindest für eine ganze Weile. Doch in einer echten Krise, einer Krise wie dieser, merkte man, wer man wirklich
war und dass edle Anzüge, schicke Autos und gebügelte Hosen einem nicht weiterhalfen.
    Man war kein richtiger Mann.
    Aber dennoch, sogar bei Schwächlingen wie Erik gibt es eine Grenze, die man nicht überschreiten darf. Wenn sie einmal überschritten ist, gibt es kein Zurück mehr. Es hat etwas mit den Kindern zu tun. Ein Mann schützt seine Familie um jeden Preis. Ganz egal, wie groß das Opfer auch sein mag. Ganz egal, wie viel man selbst dabei einstecken muss. Man geht bis ans Ende der Welt und riskiert alles, um Schaden von seiner Familie abzuwenden. Man drückt sich nicht. Niemals. Man kämpft bis zum letzten Atemzug.
    Irgendjemand hatte ihm seine kleine Tochter weggenommen.
    Das war kein Kampf, den man einfach aussitzen durfte.
    Erik Biel holte die Pistole raus.
    Er hatte sie von seinem Vater geerbt. Eine 22er Ruger. Sie war alt. Vermutlich war damit seit Jahrzehnten nicht mehr geschossen worden. Vormittags war Erik damit in einem Waffengeschäft gewesen. Er hatte Munition und noch ein paar Kleinigkeiten gekauft. Der Mann hinter dem Tresen hatte die Ruger gereinigt, getestet und den erbärmlichen kleinen Mann vor ihm angewidert angegrinst, der nicht einmal wusste, wie er seine eigene Waffe laden und damit schießen sollte.
    Aber jetzt war sie geladen.
    Erik Biel hörte zu, wie seine Frau weiter mit Myron sprach. Die beiden überlegten, was sie als Nächstes tun könnten. Erik erfuhr, dass Drew Van Dyne nicht zu Hause war. Die beiden fragten sich, wo Harry Davis sein könnte. Erik lächelte. In dem Punkt war er ihnen voraus. Er hatte die Rufnummernübermittlung ausgeschaltet und den Lehrer angerufen. Er hatte sich als Wertpapierhändler ausgegeben. Davis war ans Telefon gegangen und hatte gesagt, dass er kein Interesse hätte.
    Das war vor einer halben Stunde gewesen.
    Erik ging zum Wagen. Die Pistole steckte in seiner Tasche.

    »Erik? Wohin gehst du?«
    Er antwortete nicht. Myron Bolitar hatte Harry Davis in der Schule zur Rede gestellt. Der Lehrer hatte sich geweigert, mit Myron zu sprechen. So oder so, mit Erik Biel würde er jetzt auf jeden Fall sprechen.
     
    Myron hörte, wie Claire sagte: »Erik? Wo gehst du hin?«
    Sein Telefon klickte.
    »Claire, da ist jemand auf der anderen Leitung. Ich ruf gleich zurück.« Myron nahm das zweite Gespräch an.
    »Spreche ich mit Myron Bolitar?«
    Die Stimme kam ihm bekannt vor. »Ja.«
    »Hier spricht Detective Lance Banner vom Livingston Police Department. Wir sind uns gestern begegnet.«
    War das erst gestern gewesen? »Natürlich, Detective. Was kann ich für Sie tun?«
    »Wie weit sind Sie vom St. Barnabas Hospital entfernt?«
    »Eine Viertelstunde, vielleicht zwanzig Minuten, warum?«
    »Joan Rochester ist gerade in den OP geschoben worden.«

47
    Myron raste zum Krankenhaus. Nach zehn Minuten war er da. Lance Banner erwartete ihn: »Joan Rochester wird noch operiert.«
    »Was ist passiert?«
    »Wollen Sie seine Version hören oder ihre?«
    »Beide.«
    »Dominick Rochester sagt, sie wäre die Treppe runtergefallen. Die beiden waren schon öfter hier. Sie fällt öfter mal die Treppe runter, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Schon. Aber Sie sagten was von seiner und ihrer Version.«
    »Stimmt. Bisher hat sie seine Version immer gestützt.«

    »Und dieses Mal?«
    »Dieses Mal sagt sie, er hätte sie verprügelt«, sagte Banner. »Sie will ihn anzeigen.«
    »Das dürfte ihn überrascht haben. Wie schlimm ist sie verletzt?«
    »Ziemlich schlimm«, sagte Banner. »Mehrere Rippen sind gebrochen. Ein Arm auch. Außerdem muss er mächtig auf die Nieren eingeschlagen haben, der Arzt überlegt nämlich, ob er eine entfernen muss.«
    »Herrgott.«
    »Aber im Gesicht ist natürlich nichts zu sehen. Der Kerl ist gut.«
    »Das macht die Übung«, sagte Myron. »Ist er auch hier?«
    »Dominick Rochester? Ja. Aber wir haben ihn in Gewahrsam genommen.«
    »Wie lange halten Sie ihn fest?«
    Lance Banner zuckte die Achseln. »Sie kennen das doch.«
    Kurz gesagt: nicht sehr lange.
    »Warum haben Sie mich

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