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Ein verruchter Lord

Ein verruchter Lord

Titel: Ein verruchter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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holzverkleideten Wand. Aber das trog, denn insbesondere er vergötterte Melody, und die Erkenntnis, dass er nicht der Vater war, hatte ihm schwer zugesetzt. Nur Prudence, die er erst vor Kurzem geheiratet hatte, half ihm ein wenig darüber hinweg. Auch jetzt drückte sie ganz fest seine Hand.
    Außer den beiden Paaren entdeckte er noch Evan, der düster und pessimistisch dreinschaute, den riesigen Diener Bailiwick sowie eine Reihe betagter bis sehr alter Clubmitglieder, die es sich zur Herzensangelegenheit gemacht hatten, Melody zu verwöhnen. Sie alle blickten ihm erwartungsvoll entgegen.
    Erst als Melody an Wilberforces Hand durch die Tür tanzte, löste sich die lastende Anspannung ein wenig, wurde überdeckt von freudigem Lächeln und Willkommensrufen. Obwohl sie kaum einen Tag fort waren, taten alle so, als sei das Kind, dieser Mittelpunkt des Clublebens, wochenlang verreist gewesen. Und das kleine Mädchen begrüßte alle mit huldvoller Ernsthaftigkeit wie eine kleine Königin.
    Dann eilte Evan herbei und nahm nach einem argwöhnischen Blick in die Runde ihre Hand. » Komm, Mellie. Der Koch hat heute Zitronenkuchen gebacken. Ich weiß, dass er ein Stückchen für dich aufgehoben hat. «
    Nachdem die beiden Kinder die Halle verlassen hatten, richteten sich alle Augen auf Jack und spießten ihn auf wie ein Insekt im Schaukasten. Unfähig, Auskunft zu geben und überhaupt zu reden, schüttelte er bloß deprimiert den Kopf. Er sah, wie Madeleine die Finger auf den Mund presste, und erkannte die Verzweiflung in Aidans Augen. Colin legte den Arm um Pru, und es war nicht klar, wer jetzt wen stützen musste.
    Allein Bailiwick wagte es, Jack direkt anzusprechen. » Aber Sie sagten doch, dass sie Ihre Tochter ist, Mylord! Das haben Sie gesagt! Sie sagten, sie sieht genauso aus wie ihre Mutter! «
    Jack hob den Blick und sah dem jungen Diener in die Augen. » Die Dame hat es abgestritten. Und damit ist der Fall erledigt. «
    Madeleine trat einen Schritt vor. » Vielleicht hat sie einfach nur Angst. Weiß sie denn, dass wir alle nur Melodys Glück wollen? Oder glaubt sie, wir würden sie verachten, weil sie ihr Kind weggegeben hat? «
    Jack richtete den Blick auf die schlanke, dunkelhaarige Schönheit, in deren Augen ein Schmerz brannte, der sogar sein umnebeltes Bewusstsein durchbrach. Trotzdem fand er keine passenden Worte. Auch nicht, als Colin und die rothaarige Pru zu ihm traten – er verstand nicht einmal, was der Freund sagte. Colins Stimme schien wie aus weiter Ferne zu kommen, als riefe er gegen einen Wüstensturm oder die Meeresbrandung an.
    Einer nach dem anderen begann die Wahrheit zu begreifen. Die Hoffnung in ihren Augen war längst erloschen, hatte Ungläubigkeit Platz gemacht und wich jetzt dumpfem Schmerz. Sie alle wussten, was es bedeutete, wenn er nicht Melodys Vater war. Dann kam niemand im Club mehr infrage, und die Ehre gebot es, die Familie des Kindes zu finden und ihren kleinen Liebling an seine Blutsverwandten zurückzugeben.
    Aber sie haben sie nicht gewollt. Sie haben sie weggegeben und sich nie mehr um sie gekümmert!
    Jack unterdrückte die Protestschreie, doch in seinem Innern schien ein eingesperrtes wildes Tier an den Gitterstäben seines Gefängnisses zu rütteln – und auch er würde gerne gegen sein Schicksal ankämpfen, wusste aber nicht, wie. Alles, was er fühlte, alles, was er sagen wollte, blieb in ihm verschlossen. Der Riss in seinem Panzer hatte sich wieder geschlossen. Der einzige Unterschied zu früher bestand darin, dass er jetzt eine schmerzende Narbe spürte.
    Aidan und Madeleine zogen sich als Erste zurück, und die anderen folgten bald. Einsam blieb Jack in der Halle zurück, fühlte sich leer und ausgelaugt. Sich den anderen zu stellen war ihm schwergefallen, denn es hatte Salz in seine offenen Wunden gestreut. Diese wenigen Tage, die er sich als Vater fühlen durfte, waren wundervoll gewesen und hatten ihm neue Perspektiven eröffnet. Jetzt schienen nur trostlose und endlose Jahre vor ihm zu liegen, öde und grau wie seine Stimmung, während das wirkliche Leben in der Vergangenheit lag. Er könnte nach Übersee zurückkehren oder mit den Schiffen der Stricklands über die Weltmeere segeln – nur sagte ihm seine Erfahrung, dass dadurch nichts besser wurde.
    Dennoch würde er lieber fliehen als bleiben. Sich wieder mit der Gesellschaft zu arrangieren schien ihm in Anbetracht der neuen Entwicklung undenkbar. Die echten Haifische waren weniger hinterhältig und falsch als

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