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Ein verruchter Lord

Ein verruchter Lord

Titel: Ein verruchter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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Tür öffnen ließ.
    Mit gerunzelter Stirn schaute sie sich in dem Raum um. Wofür wurde er benutzt? Bloß als zusätzliches Möbellager? Im Grunde genommen wirkte die Kammer wie eine Zelle. Ein Gedanke, der ihre Fantasie beflügelte. Kam es etwa in diesem seriösen Herrenclub des Öfteren vor, dass hier Frauen eingesperrt wurden, zu welchen Zwecken auch immer?
    Wohl kaum. Vier geweißelte Wände. Eine Tür. Ein großer Herd, der sich jedoch nicht zum Kochen eignete. Ein großes, verschmiertes Fenster. Und Haken in den Wänden, viele Haken. Haken für Seile? Oder Schnüre? Leinen? Wäscheleinen. Der Groschen fiel: Sie befand sich auf dem Trockenboden.
    Sie kicherte leicht hysterisch und musste an die Waschfrau denken, die früher ins Haus ihrer Eltern kam. Sie war es, die den Stein ins Rollen brachte. Nachdem sie drei Monate lang keine blutigen Binden mehr hatte waschen müssen, kam sie zu der einzig richtigen Schlussfolgerung. Sie wandte sich an Mrs. Clarke und ließ sich ihr Wissen versilbern, denn kurz darauf bezog sie mit ihrem Mann, einem Schlachter, ein hübsches Cottage auf dem Land.
    Laurel erinnerte sich so deutlich an die ganze entsetzliche, beschämende Auseinandersetzung, als sei es erst gestern gewesen.
    » Du böses, eigensüchtiges Mädchen! Wie konntest du deiner Familie so etwas antun? « Die Vorwürfe ihres Vaters waren vergleichsweise milde.
    » Du Hure « , schimpfte ihre Mutter sie. » Du dreckige, verkommene Kreatur! Wer war es? Wer ist der Schuft? Dein Vater wird ihn zum Duell fordern und ihm eine Kugel verpassen! Ich werde die Sache selbst in die Hand nehmen, falls er danebenschießt. «
    Zu den Beschimpfungen und Vorwürfen kamen Schläge, doch hofften die Eltern vergebens, die Wahrheit aus der Tochter herausprügeln zu können. Laurel verriet den Namen, den sie hören wollten, nicht. Sie musste bitter dafür büßen: Sechs lange Monate wurde sie eingesperrt. Eine Ewigkeit, in der ihr Bauch wuchs und ihre Seele schrumpfte, bis sie nur noch bettelte. Doch auch das half nicht.
    Dann sechsunddreißig Stunden heftige Wehen, die sie völlig unvorbereitet trafen. Niemand hatte es für nötig gehalten, sie aufzuklären, was da passierte, oder ihr schmerzlindernde Mittel zu geben. Laurel glaubte damals, sie müsse sterben und wünschte es zwischendurch sogar. Der schwache, hohe Schrei beendete die Qualen, und sie schöpfte neue Hoffnung, bis ihr die Hebamme mitleidig den Tod des Kindes mitteilte.
    Bis zu diesem Augenblick hatte sie sich an den Gedanken geklammert, dass Jack zurückkehren und alles in Ordnung bringen würde. Bis zu jenem Moment, da sie mit leerem Schoß und gebrochenem Herzen zurückblieb, wollte sie den Glauben an ihn nicht aufgeben.
    Wie ein dummes Kind, das einem Märchen lauscht.
    Es hatte ihr nichts gebracht, dass sie Jack schützte, ihn trotz Schlägen, Beschimpfungen und Gefangenschaft nicht verriet. Von allein wären ihre Eltern niemals auf die Idee gekommen, Lord John Redgrave, der künftige Marquis of Strickland, könnte ihre Tochter entehrt haben.
    Wie sollten sie auch. Schließlich hatte er Amaryllis den Hof gemacht und der kleinen Schwester nie irgendwelche Aufmerksamkeit geschenkt. Sie hatten ihn vergessen, sobald sie ihn aus ihrem Haus hatten werfen lassen.
    Genauso wie Jack sie vergaß.
    In seinem Zimmer band Jack gerade sein Halstuch, als Melody, die bäuchlings auf dem Teppich lag, ihn nachdenklich musterte.
    » Hast du auch einen Papa? «
    » Ich hatte mal einen, doch er ist tot. « Es kam ihm nicht in den Sinn, um die Wahrheit herumzureden.
    » Und eine Mama? Onkel Aidan hat eine. «
    » Meine Mutter ist leider ebenfalls tot. « Alle in seiner Familie waren tot. Alle außer ihm. Und Melody.
    Ich sollte Laurel heiraten, mit ihr eine neue Familie gründen.
    Wieso kam ihm dieser Gedanke, der schließlich so naheliegend war, erst jetzt? Er gab sich die Antwort selbst.
    Ich tauge nicht zum Ehemann.
    Und doch musste er um Melodys willen eine Entscheidung treffen. Schließlich konnte er Laurel nicht auf ewig gewaltsam von ihrer Tochter fernhalten – zum einen war es unmoralisch, zum anderen völlig rechtswidrig. Um Melody nicht zu verlieren, gab es nur eines: Er musste ihre Mutter heiraten. Für sein Kind wäre er sogar bereit, mit einem gefangenen Tiger die Ehe einzugehen. Was Laurel derzeit gewissermaßen war.
    Während er über den Tiger oben auf dem Dachboden nachdachte, stieg er geistesabwesend über Melody, um seinen Überrock aus dem Schrank zu nehmen. Dabei

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