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Ein verruchter Lord

Ein verruchter Lord

Titel: Ein verruchter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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der am weitesten vom Fenster entfernten Ecke. Jack folgte dem Laut, bis er sie zusammengerollt auf Decken und Laken fand. Bloß ihr schlafendes Gesicht im Profil war zu sehen. Dichte schwarze Wimpern auf blassen Wangen. Das flackernde Kerzenlicht enthüllte bläuliche Schatten unter ihren Augen. Ihre Nase war gerötet. Hatte sie geweint?
    Er betrachtete sie und konnte es noch immer nicht fassen. Amaryllis kleine Schwester. Früher hatte er nie bemerkt, wie sehr sie sich ähnelten. Dasselbe Haar, dieselben Augen, sogar dasselbe trotzige Kinn. Nur vom Charakter her hatten sie rein gar nichts gemeinsam. Die eine lebhaft, nach außen gewandt und leider recht oberflächlich – ein Mädchen, das die Verehrer nur so umschwärmten. Die andere eher zurückgezogen und ernsthaft, weniger an Partys als an Büchern interessiert. Und zumindest damals ohne jede Neigung zu Wutausbrüchen, bei denen Porzellan flog.
    Es war so lange her …
    » Hallo, Lord John. «
    Jack drehte sich um und grinste das schlanke Mädchen an, das in der Tür zur Bibliothek lehnte. » Tja, wenn das mal nicht unsere kleine Bramble ist. «
    Wie immer warf sie bei der Nennung dieses Spitznamens den Kopf in den Nacken. » Ich heiße Laurel, Mylord. «
    Er stützte sich mit der Schulter an die Wand des Alkovens und lächelte zu ihr hinab. » Und ich heiße Jack. John war mein Vater. «
    Sie schaute ernst zu ihm auf. » In Ordnung … Jack. «
    Er lächelte, ohne sie näher anzusehen, und deshalb bemerkte er nicht, dass ihre Augen von einem sanfteren, hübscheren Blau waren als die ihrer Schwester. Warum sollte er auch? Schließlich war er entschlossen, die bezaubernde Amaryllis zu heiraten. In Laurel sah er bloß ein kleines, nettes Mädchen.
    Er nahm ihr spielerisch das Buch aus der Hand und las spöttisch den Titel. » Childe Harolds Pilgerfahrt? «
    Sie stellte ihre Stacheln auf. » Und was, bitte schön, ist falsch am Werk von Lord Byron? « Sie versuchte ihm das Buch zu entreißen.
    » Sentimentales Zeug! « Er hielt den Band in die Höhe, unerreichbar für sie.
    Sie kniff die Augen zusammen. » Na und, ich mag es. Geben Sie es her! «
    Er verdrehte die Augen. » Sie schwärmen für Byron, natürlich – alle dummen kleinen Mädchen schwärmen für Byron. «
    Sie verschränkte die Arme und spitzte die Lippen, während ihre Augen Funken sprühten. » Was muss ich tun, um mein Buch zurückzubekommen? «
    Jack zog an dem dunklen Zopf, der über ihrer Schulter hing. Wenn er nicht mit ihrer Schwester verlobt wäre, hätte er vielleicht einen Kuss verlangt. Bloß so zum Spaß und um sie in Verlegenheit zu bringen. » Mal sehen. Wie wäre es damit: Sie pflücken mir einen Apfel vom höchsten Baum im Garten … «
    Sie zog eine Augenbraue hoch. » Die Äpfel sind noch nicht reif, Mylord. Aber da grüne Äpfel Bauchschmerzen verursachen, werde ich mit Freuden so viele pflücken, wie Sie wünschen. «
    » Rachsüchtiges Frauenzimmer « , beschimpfte er sie zum Spaß. » Vielleicht … könnte ich Sie dazu bringen, dem Kläffer, der das Torhaus bewacht, einen Knochen zu stehlen? «
    Sie klimperte mit ihren langen Wimpern. » Gewiss, Mylord. Patches ist ein guter Freund von mir und wird seinen Knochen gerne mit Ihnen teilen. Ich freue mich schon darauf zuzusehen, wie Sie an dem dreckigen Ding herumnagen. «
    Sein Gelächter entlockte ihr ein Lächeln, und für einen kurzen Augenblick bekam er eine Vorahnung davon, dass sie in nicht allzu langer Zeit eine Schönheit sein würde, die Amaryllis bestimmt in den Schatten stellte.
    Gütiger Gott!
    Genug getändelt. Er legte das Buch zurück in ihre Hände, ohne es loszulassen. » Bitte, sagen Sie mir, dass Sie dieses Gedicht wegen seines ironischen Untertons lesen wollten. «
    » Schauen Sie auf Seite neunundzwanzig nach. «
    Neugierig schlug er das Buch auf und entdeckte auf der genannten Seite eine knappe Bemerkung in winziger Bleistiftschrift. » Bemerkt denn sonst niemand, dass Lord Byron zum Überlaufen voll ist von …? « , las Jack laut vor und grinste. » Anständige junge Damen benutzen dieses Wort nicht. «
    Laurel nahm ihm das Buch aus den Händen und presste es an ihren noch flachen Oberkörper. » Habe ich gesagt, dass das von mir stammt? « , sagte sie und schlenderte davon, während sein anerkennendes Gelächter durch den Raum hallte. Sie schenkte ihm ein letztes strahlendes Lächeln, bevor sie um die Ecke bog.
    Jacks Miene wurde ernst. » Verdammt. « Er rieb sich mit einer Hand das Gesicht. » Wenn die

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