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Ein verruchter Lord

Ein verruchter Lord

Titel: Ein verruchter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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blinzelte ihn an. Er räusperte sich und fuhr fort: » Ich denke mir, dass es nur einen Ort gibt, an dem eine junge Dame so staubig werden kann, nämlich den Dachboden. « Er hielt inne und wartete.
    Melody steckte statt einer Antwort bloß den Daumen in den Mund. Aha, sie hatte also tatsächlich dort oben auf dem Dachboden gespielt. Was ihn gelinde ausgedrückt ziemlich überraschte, wenn er an die schreckliche Begebenheit vor einigen Monaten zurückdachte. Damals hatte Lady Blankenships erster Ehemann Melody in seine Gewalt gebracht, um sie als Druckmittel zu verwenden. Als er daran dachte, wie dieser Verrückte das Kind über den Rand des Daches gehalten hatte, kochten bei ihm erneut die Emotionen über. Es war das erste und einzige Mal gewesen, dass er eine Pistole abfeuerte. Und er bedauerte es bis heute nicht, dass der Schuft, übrigens ebenfalls bei Brown’s eingeschrieben, daraufhin fünf Stockwerke tief in den Tod gestürzt war. Einige Menschen taugten einfach nicht dazu, wertvolle Mitglieder der Gesellschaft zu sein. Und erst recht nicht von Brown’s.
    » Der Dachboden ist vielleicht nicht der bestmögliche Spielplatz « , wandte er sich jetzt direkter an Melody. » Was gibt es denn dort oben Interessantes? «
    Ploppend zog sie den Finger aus dem Mund. » Die Königin im Turm. «
    Aha. Offensichtlich beschäftigte sie nach wie vor die alte Geschichte, denn oben im Trockenraum hatte dieser Verrückte seine vor ihm geflohene Ehefrau tagelang eingesperrt. Melody wusste das.
    Wilberforce, der ein Buch über Kinder und deren Entwicklung gelesen hatte, nachdem nicht mehr bloß ältliche Lords zu seinen Schutzbefohlenen zählten, hielt Fantasie bei Kindern für eine prinzipiell begrüßenswerte Eigenschaft. Und deshalb wollte er auf der Geschichte nicht länger herumreiten. Zumal der Dachboden als solcher nicht gefährlich war. Der Lastenaufzug jedoch stand auf einem anderen Blatt.
    » Nun denn « , sagte er. » Um auf den Dachboden zu gelangen, sollte man sich keinesfalls jenes Gefährts bedienen, dem Mylady soeben entstiegen ist. Es handelt sich nämlich um eine für Personen höchst suspekte und gefährliche Form der Transportmöglichkeit. «
    Melody schaute ihn bloß an.
    » Habe ich mich klar ausgedrückt? «
    Sie schwenkte Gordy Anne verträumt hin und her. » Nein. «
    Wilberforce versuchte es direkter. » Der Lastenaufzug ist verboten. Verstanden? «
    Melodys Miene hellte sich auf. » Keine Fahrten mehr damit? «
    Wilberforce nickte zufrieden. » Exakt. « Dann zog er den Schlüsselbund aus der Innentasche seiner Jacke und löste mit einer knappen Handbewegung einen Schlüssel vom Ring und präsentierte ihn ihr mit einer Verbeugung. » Damit lässt sich jede gewünschte Tür öffnen. «
    Melody drückte Gordy Anne unter ihr Kinn und schaute ehrfurchtsvoll auf die ausgestreckte Hand. » Ein Zauberschlüssel? «
    » In der Tat. « Da die Kleine sich wahrscheinlich ohnehin zu jedem Zimmer im Brown’s allein mit ihrem Lächeln Zutritt verschaffte, empfand Wilberforce keine Skrupel, ihr einen Universalschlüssel auszuhändigen. Jedenfalls erschien ihm das weniger riskant als Fahrten im Lastenaufzug. » Mylady sollte ihn mit Bedacht nutzen und vor allem nie mehr mit dem Aufzug fahren. «
    » Einverstanden. « Melody nahm den Schlüssel entgegen, der viel zu groß für ihre kleinen Hände war, und schenkte Wilberforce ein strahlendes Lächeln, das sein Herz wie immer butterweich werden ließ. Dann schlang sie schnell die Arme um seine Beine, drückte sich kurz dagegen und hüpfte mit ihrer Lumpenpuppe den Flur hinunter. Dieses kleine Ding konnte ihn tatsächlich um den Finger wickeln.
    Wilberforce riss sich zusammen, um seiner Erscheinung wieder das Aussehen des würdevollen, gestrengen Majordomus zu verleihen, bevor er seinen Kontrollgang fortsetzte. Nun ja, dachte er, ohne die kleine Miss wäre das Leben im Brown’s wahrscheinlich furchtbar langweilig. Wünschenswert langweilig, fügte er im Stillen hinzu.
    Evan war gerade im sogenannten Raucherzimmer damit beschäftigt, seine Zinnsoldaten zur Schlacht aufzustellen, als Melody hereinstürmte. » Hm « , grunzte er nur, als sie ihm von einer schönen Königin im Turm erzählte, die sich beim Koch beschweren werde, weil es keinen Zitronenkuchen gab. Gordy Anne finde die Königin ebenfalls sehr nett, fügte sie noch hinzu.
    Weil Evan keinerlei Interesse bekundete, benutzte sie ihre Lumpenpuppe als Wurfgeschoss. Als Gordy Anne zwischen den Zinnsoldaten landete,

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