Ein Vollidiot kommt selten allein! - Rick ; Bd. 4
Luft und ließ sie dann mit einem
lang gezogenen Puuuh wieder raus. »Ich weiß nicht, was
ich davon halten soll«, gab er ehrlich zu. »Nur weil du im
Sportgeschäft eine dicke Lippe riskiert hast, kann er daraus
doch nicht ableiten, dass du ein echtes Talent bist.«
»Hat mich ja auch gewundert«, murmelte ich.
Wutz kratzte sich am Hinterkopf. »Aber ausprobieren
kostet nichts …«
Ich machte Untertassenaugen. »Wenn das einer von den
Indians mitbekommt, bin ich endgültig bei denen unten
durch!«
Wutz streckte die Beine weit unter dem Tisch aus und
erwischte dabei versehentlich meine rechte Wade.
Unwillkürlich sagte ich »Aua«, obwohl es gar nicht wehgetan
hatte.
»Oh verdammt, das wollte ich nicht«, stammelte Wutz
sofort oberbesorgt. »Sorry, Kumpel.«
Ich winkte ab. »Ist schon okay.«
»Aber …«
»Mensch, Wutz!«, fiel ich ihm genervt ins Wort. »Jetzt
fang du nicht auch noch an, mich wegen meines Wadenbeinbruchs
wie ein rohes Riesenhühnerei zu behandeln.«
Er schaute mich einen Moment nachdenklich an, bevor
sich sein Gesicht in ein Grinsen verwandelte. »Nur die
Harten kommen in den Garten, stimmt’s?«
Ich nickte und lächelte ebenfalls. Alles wieder paletti.
Das liebe ich so an Wutz. Er stellt keine überflüssigen Fragen.
Reitet nicht ewig lang auf einem Thema herum. Er ist
einfach nur da, hört zu und weiß, was zu tun ist.
I.M.M.E.R.
Plötzlich beugte sich Wutz ganz weit über den Tisch zu
mir herüber und erklärte mit feierlicher Stimme: »Rick,
mein Kumpel. Das kriegen wir schon alles wieder hin.«
»Wie denn?«, fragte ich wenig überzeugt.
Wutz ergriff meine Hand. Auweia, jetzt wurde es richtig
sentimental zwischen uns beiden. »Ich spreche mal mit Johann
und dann sehen wir weiter. Okay?«
»Okay«, stimmte ich zu.
»Aber eigentlich wollte ich dir noch was ganz anderes
sagen oder besser, dich etwas fragen.«
»Was denn?«
»Was hältst du davon, wenn ich doch bei euch oben in die
Dachgeschosswohnung einziehen würde? Also Gismo und
ich. Er vermisst euch nämlich ganz schrecklich.«
Ich schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen,
so aufgeregt war ich auf einmal. »Echt?«, stieß ich begeistert
hervor.
Wutz nickte.
»Wann denn?«
»Wenn die anderen nichts dagegen haben, so schnell wie
möglich«, erklärte er.
Ich verschränkte die Arme hinter dem Kopf und grinste
so breit, dass meine Mundwinkel beinahe einrissen.
Schlechter, schlechter, oberschlechter Tag – aber das
Ende hatte es wirklich phänomenal obersupergenial in
sich!
Frostiger Katerpups! Der erste Schnee fiel in diesem
Winter schon am letzten Freitag im November. Ich stand
morgens mit Mary am Küchenfenster und starrte entsetzt
in den Garten, der von massenweise dicken Schneeflocken
zugeschüttet wurde.
»Schau mal, Rick, wie herrlich«, freute sich Mary wie die
Schneekönigin höchstpersönlich. »Unser Garten kuschelt
sich unter eine weiche weiße Decke.«
Ich konnte absolut nichts Herrliches daran finden. Ganz
im Gegenteil. Dieser blöde Schnee ließ meine Laune noch
tiefer in den Keller sinken.
Okay, eigentlich war der Winter ja total meine Jahreszeit
– schon allein wegen des Eishockeys. Aber diesmal
hatte ich einfach keinen Bock auf Schnee, Frost und was
sonst so dazugehörte. Schneeballschlacht, Schlittenfahren,
sich gegenseitig einseifen. Oder noch viel schlimmer:
Weihnachtslieder, Kerzenschein, Vanillekipferl – eben das
volle sentimentale Programm.
Mir war nicht nach Friede-Freude-Stollenkuchen zumute,
weil meine Gedanken ununterbrochen um Johann
und die Young Indians kreisten. Wutz hatte zwar, wie
versprochen, mit meinem Trainer geredet, aber das hatte
nichts daran geändert, dass ich die nächsten Spiele nicht
aufs Eis durfte. Es sah verdammt danach aus, als ob Johann
mich die ganze lange Saison über die Reservebank
warm halten lassen würde.
Deshalb war ich mies drauf. Und zwar so richtig. So
oberfinstermies, dass ich die verräterische Visitenkarte
von diesem Massig noch immer nicht zerrissen, verbrannt
und verbuddelt hatte.
»Rick, nun freu dich mal!« Mary knuffte mich leicht in
die Seite. »Sonst warst du immer der Erste, der draußen im
Schnee herumgetobt ist.«
»Mir doch egal«, knurrte ich und setzte mich an den Frühstückstisch.
Mary folgte mir. »Oder machst du dir Sorgen wegen
Linda?«
Sorgen? Ich? Wegen Linda? HÄH?
Ich starrte sie mit Fragezeichenaugen an.
»Na ja«, meinte Mary. »Weil sie so fertig ist, seit die
Handwerker ihr gestern mitgeteilt haben,
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